Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.fesselten damals, wie oft noch jetzt, die Aufmerksamkeit mehr als die wichtigsten Ergebnisse der rechnenden Astronomie. Nachdem ich die wichtigen Entdeckungen geschildert, die in einem so kleinen Cyclus von Jahren die Kenntniß der Welträume erweitert haben, muß ich noch der Fortschritte in der physischen Astronomie gedenken, durch welche sich die zweite Hälfte des großen Jahrhunderts auszeichnet. Die Vervollkommnung der Fernröhre veranlaßte die Auffindung der Saturnstrabanten. Huygens entdeckte zuerst (25 März 1655) den sechsten durch ein von ihm selbst geschliffenes Objectiv, 45 Jahre nach der Entdeckung der Jupiterstrabanten. Nach dem Vorurtheil, welches er mit mehreren Astronomen seiner Zeit theilte, daß die Zahl der Nebenplaneten die der Hauptplaneten nicht übertreffen könne61, bemühte er sich nicht andere Saturnsmonde zu entdecken. Vier derselben, Sidera Lodovicea, d. i. den 7ten äußersten, mit großer Lichtabwechselung (1671), den 5ten (1672), den 4ten und 3ten, durch Campani'sche Objective von 100-136 Fuß Focallänge (1684), fand Dominicus Cassini; die zwei innersten, den 1ten und 2ten, mehr als ein Jahrhundert später (1788 und 1789) durch sein Riesentelescop Wilhelm Herschel. Der letztgenannte Saturnmond bietet die merkwürdige Erscheinung eines Umlaufs um den Hauptplaneten von weniger als einem Tage dar. Bald nach Huygens Entdeckung eines Saturnstrabanten beobachtete Childrey (1658-1661) das Thierkreislicht, dessen räumliche Verhältnisse aber erst Dominicus Cassini (1683) bestimmt hat. Der letztere hielt dasselbe nicht für einen Theil der Sonnen-Atmosphäre, sondern wie Schubert, Laplace und Poisson für einen abgesondert fesselten damals, wie oft noch jetzt, die Aufmerksamkeit mehr als die wichtigsten Ergebnisse der rechnenden Astronomie. Nachdem ich die wichtigen Entdeckungen geschildert, die in einem so kleinen Cyclus von Jahren die Kenntniß der Welträume erweitert haben, muß ich noch der Fortschritte in der physischen Astronomie gedenken, durch welche sich die zweite Hälfte des großen Jahrhunderts auszeichnet. Die Vervollkommnung der Fernröhre veranlaßte die Auffindung der Saturnstrabanten. Huygens entdeckte zuerst (25 März 1655) den sechsten durch ein von ihm selbst geschliffenes Objectiv, 45 Jahre nach der Entdeckung der Jupiterstrabanten. Nach dem Vorurtheil, welches er mit mehreren Astronomen seiner Zeit theilte, daß die Zahl der Nebenplaneten die der Hauptplaneten nicht übertreffen könne61, bemühte er sich nicht andere Saturnsmonde zu entdecken. Vier derselben, Sidera Lodovicea, d. i. den 7ten äußersten, mit großer Lichtabwechselung (1671), den 5ten (1672), den 4ten und 3ten, durch Campani'sche Objective von 100–136 Fuß Focallänge (1684), fand Dominicus Cassini; die zwei innersten, den 1ten und 2ten, mehr als ein Jahrhundert später (1788 und 1789) durch sein Riesentelescop Wilhelm Herschel. Der letztgenannte Saturnmond bietet die merkwürdige Erscheinung eines Umlaufs um den Hauptplaneten von weniger als einem Tage dar. Bald nach Huygens Entdeckung eines Saturnstrabanten beobachtete Childrey (1658–1661) das Thierkreislicht, dessen räumliche Verhältnisse aber erst Dominicus Cassini (1683) bestimmt hat. 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fesselten damals, wie oft noch jetzt, die Aufmerksamkeit mehr als die wichtigsten Ergebnisse der rechnenden Astronomie.
Nachdem ich die wichtigen Entdeckungen geschildert, die in einem so kleinen Cyclus von Jahren die Kenntniß der Welträume erweitert haben, muß ich noch der Fortschritte in der physischen Astronomie gedenken, durch welche sich die zweite Hälfte des großen Jahrhunderts auszeichnet. Die Vervollkommnung der Fernröhre veranlaßte die Auffindung der Saturnstrabanten. Huygens entdeckte zuerst (25 März 1655) den sechsten durch ein von ihm selbst geschliffenes Objectiv, 45 Jahre nach der Entdeckung der Jupiterstrabanten. Nach dem Vorurtheil, welches er mit mehreren Astronomen seiner Zeit theilte, daß die Zahl der Nebenplaneten die der Hauptplaneten nicht übertreffen könne
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, bemühte er sich nicht andere Saturnsmonde zu entdecken. Vier derselben, Sidera Lodovicea, d. i. den 7ten äußersten, mit großer Lichtabwechselung (1671), den 5ten (1672), den 4ten und 3ten, durch Campani'sche Objective von 100–136 Fuß Focallänge (1684), fand Dominicus Cassini; die zwei innersten, den 1ten und 2ten, mehr als ein Jahrhundert später (1788 und 1789) durch sein Riesentelescop Wilhelm Herschel. Der letztgenannte Saturnmond bietet die merkwürdige Erscheinung eines Umlaufs um den Hauptplaneten von weniger als einem Tage dar.
Bald nach Huygens Entdeckung eines Saturnstrabanten beobachtete Childrey (1658–1661) das Thierkreislicht, dessen räumliche Verhältnisse aber erst Dominicus Cassini (1683) bestimmt hat. Der letztere hielt dasselbe nicht für einen Theil der Sonnen-Atmosphäre, sondern wie Schubert, Laplace und Poisson für einen abgesondert
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Zitationshilfe: | Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/371>, abgerufen am 22.07.2024. |