Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.mehrfachen Luft-, Wolken- und Lichthüllen, welche den (schwarzen) erdhaften Kern der Sonne umgeben, finden sich schon in den Schriften des Cardinals Nicolaus von Cusa aus der Mitte des 15ten Jahrhunderts.53 Um den Cyclus der bewundernswürdigen Entdeckungen zu schließen, welcher kaum zwei Jahre umfaßt und in welchem des großen, unsterblichen Florentiners Name vorleuchtet, muß ich noch der Lichtgestalten der Venus erwähnen. Schon im Februar 1610 sah Galilei den Planeten sichelförmig, und verbarg (11 Dec. 1610), nach einer Sitte, deren wir bereits oben erwähnt, die wichtige Entdeckung in ein Anagramm, dessen Kepler in der Vorrede zu seiner Dioptrik gedenkt. Auch von der wechselnden Lichtgestalt des Mars glaubt er etwas trotz der schwachen Vergrößerung seiner Fernröhre zu erkennen, wie er in einem Briefe an Benedetto Castelli (30 Dec. 1610) sagt. Die Entdeckung der mondartigen Sichelgestalt der Venus war der Triumph des copernicanischen Systems. Dem Urheber dieses Systems konnte gewiß die Nothwendigkeit der Existenz der Phasen nicht entgehen; er discutirt umständlich in dem 10ten Capitel des ersten Buchs die Zweifel, welche in Hinsicht der Lichtgestalten die neueren Anhänger platonischer Meinungen gegen den ptolemäischen Weltbau erheben. Bei der Entwickelung seines eigenen Systems spricht er sich aber nicht besonders über die Phasen der Venus aus, wie Thomas Smith es in seiner Optik behauptet. Die Erweiterungen des kosmischen Wissens, deren Schilderung leider! nicht ganz von dem unheimlichen Hader über Prioritätsrecht der Entdeckungen zu trennen ist, fanden, wie alles, was die physische Astronomie berührt, mehrfachen Luft-, Wolken- und Lichthüllen, welche den (schwarzen) erdhaften Kern der Sonne umgeben, finden sich schon in den Schriften des Cardinals Nicolaus von Cusa aus der Mitte des 15ten Jahrhunderts.53 Um den Cyclus der bewundernswürdigen Entdeckungen zu schließen, welcher kaum zwei Jahre umfaßt und in welchem des großen, unsterblichen Florentiners Name vorleuchtet, muß ich noch der Lichtgestalten der Venus erwähnen. Schon im Februar 1610 sah Galilei den Planeten sichelförmig, und verbarg (11 Dec. 1610), nach einer Sitte, deren wir bereits oben erwähnt, die wichtige Entdeckung in ein Anagramm, dessen Kepler in der Vorrede zu seiner Dioptrik gedenkt. Auch von der wechselnden Lichtgestalt des Mars glaubt er etwas trotz der schwachen Vergrößerung seiner Fernröhre zu erkennen, wie er in einem Briefe an Benedetto Castelli (30 Dec. 1610) sagt. Die Entdeckung der mondartigen Sichelgestalt der Venus war der Triumph des copernicanischen Systems. Dem Urheber dieses Systems konnte gewiß die Nothwendigkeit der Existenz der Phasen nicht entgehen; er discutirt umständlich in dem 10ten Capitel des ersten Buchs die Zweifel, welche in Hinsicht der Lichtgestalten die neueren Anhänger platonischer Meinungen gegen den ptolemäischen Weltbau erheben. Bei der Entwickelung seines eigenen Systems spricht er sich aber nicht besonders über die Phasen der Venus aus, wie Thomas Smith es in seiner Optik behauptet. 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Bei der Entwickelung seines eigenen Systems spricht er sich aber nicht besonders über die Phasen der Venus aus, wie Thomas Smith es in seiner Optik behauptet.</p> <p>Die Erweiterungen des kosmischen Wissens, deren Schilderung leider! nicht ganz von dem unheimlichen Hader über Prioritätsrecht der Entdeckungen zu trennen ist, fanden, wie alles, was die <hi rendition="#g">physische Astronomie</hi> berührt, </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [362/0367]
mehrfachen Luft-, Wolken- und Lichthüllen, welche den (schwarzen) erdhaften Kern der Sonne umgeben, finden sich schon in den Schriften des Cardinals Nicolaus von Cusa aus der Mitte des 15ten Jahrhunderts.
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Um den Cyclus der bewundernswürdigen Entdeckungen zu schließen, welcher kaum zwei Jahre umfaßt und in welchem des großen, unsterblichen Florentiners Name vorleuchtet, muß ich noch der Lichtgestalten der Venus erwähnen. Schon im Februar 1610 sah Galilei den Planeten sichelförmig, und verbarg (11 Dec. 1610), nach einer Sitte, deren wir bereits oben erwähnt, die wichtige Entdeckung in ein Anagramm, dessen Kepler in der Vorrede zu seiner Dioptrik gedenkt. Auch von der wechselnden Lichtgestalt des Mars glaubt er etwas trotz der schwachen Vergrößerung seiner Fernröhre zu erkennen, wie er in einem Briefe an Benedetto Castelli (30 Dec. 1610) sagt. Die Entdeckung der mondartigen Sichelgestalt der Venus war der Triumph des copernicanischen Systems. Dem Urheber dieses Systems konnte gewiß die Nothwendigkeit der Existenz der Phasen nicht entgehen; er discutirt umständlich in dem 10ten Capitel des ersten Buchs die Zweifel, welche in Hinsicht der Lichtgestalten die neueren Anhänger platonischer Meinungen gegen den ptolemäischen Weltbau erheben. Bei der Entwickelung seines eigenen Systems spricht er sich aber nicht besonders über die Phasen der Venus aus, wie Thomas Smith es in seiner Optik behauptet.
Die Erweiterungen des kosmischen Wissens, deren Schilderung leider! nicht ganz von dem unheimlichen Hader über Prioritätsrecht der Entdeckungen zu trennen ist, fanden, wie alles, was die physische Astronomie berührt,
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Zitationshilfe: | Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/367>, abgerufen am 22.07.2024. |