Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.kurze rückschreitende Bewegung der tychonischen Hypothese abgerechnet) ununterbrochen zum Ziele, zur Entdeckung des wahren Weltbaues zu führen. Die reiche Fülle genauer Beobachtungen, welche der eifernde Gegner selbst, Tycho de Brahe, lieferte, begründete die Entdeckung der ewigen Gesetze planetarischer Bewegung, die Kepler's Namen einen unsterblichen Ruhm bereiteten und, von Newton gedeutet, theoretisch als nothwendig erwiesen, in das Lichtreich des Gedankens, eines denkenden Erkennens der Natur, übertragen wurden. Man hat35 mit Scharfsinn, aber vielleicht mit zu schwacher Bezeichnung des freien, selbstständig die Gravitations-Theorie schaffenden Geistes gesagt: "Kepler schrieb ein Gesetzbuch, Newton den Geist der Gesetze". Die sinnbildlichen dichterischen Mythen pythagorischer und platonischer Weltgemälde, wandelbar36 wie die Phantasie, die sie erzeugt, fanden theilweise noch ihren Reflex in Kepler; sie erwärmten und erheiterten sein oft getrübtes Gemüth, aber sie lenkten nicht ab von der ernsten Bahn, die er verfolgte und an deren Ziel37 er gelangte zwölf Jahre vor seinem Tode in der denkwürdigen Nacht des 15 Mai 1618. Copernicus hatte durch die tägliche Rotation der Erde um ihre Achse eine genügende Erklärung der scheinbaren Umwälzung des Fixsternhimmels und durch die jährliche Bewegung um die Sonne eine eben so vollkommene Auflösung der auffallendsten Bewegungen der Planeten (Stationen und Rückgänge) gegeben und so den wahren Grund der sogenannten zweiten Ungleichheit der Planeten gefunden. Die erste Ungleichheit, die ungleichförmige Bewegung der Planeten in ihren Bahnen, ließ er unerklärt. Getreu dem uralten pythagorischen kurze rückschreitende Bewegung der tychonischen Hypothese abgerechnet) ununterbrochen zum Ziele, zur Entdeckung des wahren Weltbaues zu führen. Die reiche Fülle genauer Beobachtungen, welche der eifernde Gegner selbst, Tycho de Brahe, lieferte, begründete die Entdeckung der ewigen Gesetze planetarischer Bewegung, die Kepler's Namen einen unsterblichen Ruhm bereiteten und, von Newton gedeutet, theoretisch als nothwendig erwiesen, in das Lichtreich des Gedankens, eines denkenden Erkennens der Natur, übertragen wurden. Man hat35 mit Scharfsinn, aber vielleicht mit zu schwacher Bezeichnung des freien, selbstständig die Gravitations-Theorie schaffenden Geistes gesagt: „Kepler schrieb ein Gesetzbuch, Newton den Geist der Gesetze". Die sinnbildlichen dichterischen Mythen pythagorischer und platonischer Weltgemälde, wandelbar36 wie die Phantasie, die sie erzeugt, fanden theilweise noch ihren Reflex in Kepler; sie erwärmten und erheiterten sein oft getrübtes Gemüth, aber sie lenkten nicht ab von der ernsten Bahn, die er verfolgte und an deren Ziel37 er gelangte zwölf Jahre vor seinem Tode in der denkwürdigen Nacht des 15 Mai 1618. Copernicus hatte durch die tägliche Rotation der Erde um ihre Achse eine genügende Erklärung der scheinbaren Umwälzung des Fixsternhimmels und durch die jährliche Bewegung um die Sonne eine eben so vollkommene Auflösung der auffallendsten Bewegungen der Planeten (Stationen und Rückgänge) gegeben und so den wahren Grund der sogenannten zweiten Ungleichheit der Planeten gefunden. Die erste Ungleichheit, die ungleichförmige Bewegung der Planeten in ihren Bahnen, ließ er unerklärt. 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Copernicus hatte durch die tägliche Rotation der Erde um ihre Achse eine genügende Erklärung der scheinbaren Umwälzung des Fixsternhimmels und durch die jährliche Bewegung um die Sonne eine eben so vollkommene Auflösung der auffallendsten Bewegungen der Planeten (Stationen und Rückgänge) gegeben und so den wahren Grund der sogenannten <hi rendition="#g">zweiten Ungleichheit</hi> der Planeten gefunden. Die <hi rendition="#g">erste Ungleichheit,</hi> die ungleichförmige Bewegung der Planeten in ihren Bahnen, ließ er unerklärt. Getreu dem uralten pythagorischen </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [351/0356]
kurze rückschreitende Bewegung der tychonischen Hypothese abgerechnet) ununterbrochen zum Ziele, zur Entdeckung des wahren Weltbaues zu führen. Die reiche Fülle genauer Beobachtungen, welche der eifernde Gegner selbst, Tycho de Brahe, lieferte, begründete die Entdeckung der ewigen Gesetze planetarischer Bewegung, die Kepler's Namen einen unsterblichen Ruhm bereiteten und, von Newton gedeutet, theoretisch als nothwendig erwiesen, in das Lichtreich des Gedankens, eines denkenden Erkennens der Natur, übertragen wurden. Man hat
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mit Scharfsinn, aber vielleicht mit zu schwacher Bezeichnung des freien, selbstständig die Gravitations-Theorie schaffenden Geistes gesagt: „Kepler schrieb ein Gesetzbuch, Newton den Geist der Gesetze".
Die sinnbildlichen dichterischen Mythen pythagorischer und platonischer Weltgemälde, wandelbar
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wie die Phantasie, die sie erzeugt, fanden theilweise noch ihren Reflex in Kepler; sie erwärmten und erheiterten sein oft getrübtes Gemüth, aber sie lenkten nicht ab von der ernsten Bahn, die er verfolgte und an deren Ziel
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er gelangte zwölf Jahre vor seinem Tode in der denkwürdigen Nacht des 15 Mai 1618. Copernicus hatte durch die tägliche Rotation der Erde um ihre Achse eine genügende Erklärung der scheinbaren Umwälzung des Fixsternhimmels und durch die jährliche Bewegung um die Sonne eine eben so vollkommene Auflösung der auffallendsten Bewegungen der Planeten (Stationen und Rückgänge) gegeben und so den wahren Grund der sogenannten zweiten Ungleichheit der Planeten gefunden. Die erste Ungleichheit, die ungleichförmige Bewegung der Planeten in ihren Bahnen, ließ er unerklärt. Getreu dem uralten pythagorischen
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Zitationshilfe: | Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/356>, abgerufen am 22.07.2024. |