Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

zur beschleunigten Belebung des Weltverkehrs, zur Ergründung kosmischer Verhältnisse. Diesen Standpunkt auffassend, erinnern wir hier von neuem daran, wie schon in der Mitte des 13ten Jahrhunderts in der Marine der Catalanen und der Insel Majorca "nautische Instrumente üblich waren, um die Zeit durch Sternhöhen zu finden", und wie das von Raymundus Lullus in seiner Arte de Navegar beschriebene Astrolabium fast zweihundert Jahre älter ist als das des Martin Behaim. Die Wichtigkeit der astronomischen Methoden wurde in Portugal so lebhaft anerkannt, daß gegen das Jahr 1484 Behaim zum Präsidenten einer "Junta de Mathematicos" ernannt wurde, welche Tafeln der Declination der Sonne berechnen und, wie Barros sagt11, die Piloten lehren sollte die maneira de navegar per altura do Sol. Von dieser Schifffahrt "nach den Meridian-Höhen der Sonne" wurde damals schon scharf die Schifffahrt por la altura del Este- Oeste12, d. h. durch Längenbestimmungen, unterschieden.

Das Bedürfniß die Lage der päbstlichen Demarcationslinie, und so in dem neu entdeckten Brasilien und den südindischen Inseln die Grenze zwischen dem rechtmäßigen Besitze der portugiesischen und spanischen Krone aufzufinden vermehrte, wie wir schon oben bemerkt, den Drang nach praktischen Längenmethoden. Man fühlte, wie selten die alte unvollkommene hipparchische Methode der Mondfinsternisse anzuwenden sei, und der Gebrauch der Monddistanzen wurde schon 1514 von dem Nürnberger Astronomen Johann Werner, und bald nachher von Orontius Finäus und Gemma Frisius anempfohlen. Leider mußte aber diese Methode lange unanwendbar bleiben, bis, nach den vielen

zur beschleunigten Belebung des Weltverkehrs, zur Ergründung kosmischer Verhältnisse. Diesen Standpunkt auffassend, erinnern wir hier von neuem daran, wie schon in der Mitte des 13ten Jahrhunderts in der Marine der Catalanen und der Insel Majorca „nautische Instrumente üblich waren, um die Zeit durch Sternhöhen zu finden", und wie das von Raymundus Lullus in seiner Arte de Navegar beschriebene Astrolabium fast zweihundert Jahre älter ist als das des Martin Behaim. Die Wichtigkeit der astronomischen Methoden wurde in Portugal so lebhaft anerkannt, daß gegen das Jahr 1484 Behaim zum Präsidenten einer „Junta de Mathematicos" ernannt wurde, welche Tafeln der Declination der Sonne berechnen und, wie Barros sagt11, die Piloten lehren sollte die maneira de navegar per altura do Sol. Von dieser Schifffahrt „nach den Meridian-Höhen der Sonne" wurde damals schon scharf die Schifffahrt por la altura del Este- Oeste12, d. h. durch Längenbestimmungen, unterschieden.

Das Bedürfniß die Lage der päbstlichen Demarcationslinie, und so in dem neu entdeckten Brasilien und den südindischen Inseln die Grenze zwischen dem rechtmäßigen Besitze der portugiesischen und spanischen Krone aufzufinden vermehrte, wie wir schon oben bemerkt, den Drang nach praktischen Längenmethoden. Man fühlte, wie selten die alte unvollkommene hipparchische Methode der Mondfinsternisse anzuwenden sei, und der Gebrauch der Monddistanzen wurde schon 1514 von dem Nürnberger Astronomen Johann Werner, und bald nachher von Orontius Finäus und Gemma Frisius anempfohlen. Leider mußte aber diese Methode lange unanwendbar bleiben, bis, nach den vielen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0339" n="334"/>
zur beschleunigten Belebung des Weltverkehrs, zur Ergründung kosmischer Verhältnisse. Diesen Standpunkt auffassend, erinnern wir hier von neuem daran, wie schon in der Mitte des 13ten Jahrhunderts in der Marine der Catalanen und der Insel Majorca &#x201E;nautische Instrumente üblich waren, um die Zeit durch Sternhöhen zu finden", und wie das von Raymundus Lullus in seiner <hi rendition="#g">Arte de Navegar</hi> beschriebene Astrolabium fast zweihundert Jahre älter ist als das des Martin Behaim. Die Wichtigkeit der astronomischen Methoden wurde in Portugal so lebhaft anerkannt, daß gegen das Jahr 1484 Behaim zum Präsidenten einer &#x201E;Junta de Mathematicos" ernannt wurde, welche Tafeln der Declination der Sonne berechnen und, wie Barros sagt<note xml:id="ftn450" next="#ftn450-text" place="end" n="11"/>, die Piloten lehren sollte die maneira de navegar per altura do Sol. Von dieser Schifffahrt &#x201E;nach den Meridian-Höhen der Sonne" wurde damals schon scharf die Schifffahrt por la altura del Este- Oeste<note xml:id="ftn451" next="#ftn451-text" place="end" n="12"/>, d. h. durch Längenbestimmungen, unterschieden.</p>
              <p>Das Bedürfniß die Lage der päbstlichen <hi rendition="#g">Demarcationslinie,</hi> und so in dem neu entdeckten Brasilien und den südindischen Inseln die Grenze zwischen dem rechtmäßigen Besitze der portugiesischen und spanischen Krone aufzufinden vermehrte, wie wir schon oben bemerkt, den Drang nach praktischen Längenmethoden. Man fühlte, wie selten die alte unvollkommene hipparchische Methode der Mondfinsternisse anzuwenden sei, und der Gebrauch der Monddistanzen wurde schon 1514 von dem Nürnberger Astronomen Johann Werner, und bald nachher von Orontius Finäus und Gemma Frisius anempfohlen. Leider mußte aber diese Methode lange unanwendbar bleiben, bis, nach den vielen
</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[334/0339] zur beschleunigten Belebung des Weltverkehrs, zur Ergründung kosmischer Verhältnisse. Diesen Standpunkt auffassend, erinnern wir hier von neuem daran, wie schon in der Mitte des 13ten Jahrhunderts in der Marine der Catalanen und der Insel Majorca „nautische Instrumente üblich waren, um die Zeit durch Sternhöhen zu finden", und wie das von Raymundus Lullus in seiner Arte de Navegar beschriebene Astrolabium fast zweihundert Jahre älter ist als das des Martin Behaim. Die Wichtigkeit der astronomischen Methoden wurde in Portugal so lebhaft anerkannt, daß gegen das Jahr 1484 Behaim zum Präsidenten einer „Junta de Mathematicos" ernannt wurde, welche Tafeln der Declination der Sonne berechnen und, wie Barros sagt ¹¹ , die Piloten lehren sollte die maneira de navegar per altura do Sol. Von dieser Schifffahrt „nach den Meridian-Höhen der Sonne" wurde damals schon scharf die Schifffahrt por la altura del Este- Oeste ¹² , d. h. durch Längenbestimmungen, unterschieden. Das Bedürfniß die Lage der päbstlichen Demarcationslinie, und so in dem neu entdeckten Brasilien und den südindischen Inseln die Grenze zwischen dem rechtmäßigen Besitze der portugiesischen und spanischen Krone aufzufinden vermehrte, wie wir schon oben bemerkt, den Drang nach praktischen Längenmethoden. Man fühlte, wie selten die alte unvollkommene hipparchische Methode der Mondfinsternisse anzuwenden sei, und der Gebrauch der Monddistanzen wurde schon 1514 von dem Nürnberger Astronomen Johann Werner, und bald nachher von Orontius Finäus und Gemma Frisius anempfohlen. Leider mußte aber diese Methode lange unanwendbar bleiben, bis, nach den vielen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/339
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/339>, abgerufen am 28.11.2024.