Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.Dem Flavio Gioja aus Positano, unweit des schönen und durch seine weit verbreiteten Seegesetze so berühmten Amalfi, hat man lange die Erfindung des Seecompasses zugeschrieben; vielleicht war von demselben (1302) irgend eine Vervollkommnung in der Vorrichtung angegeben worden. Eine viel frühere Benutzung des Compasses in den europäischen Gewässern als im Anfang des 14ten Jahrhunderts beweist auch eine nautische Schrift des Raymundus Lullus aus Majorca, des sonderbaren geistreichen, excentrischen Mannes, dessen Doctrinen Giordano Bruno schon als Knaben begeisterten60 und der zugleich philosophischer Systematiker, Scheidekünstler, christlicher Bekehrer und Schifffahrtskundiger war. In seinem Buche Fenix de las maravillas del orbe, das im Jahr 1286 verfaßt ist, sagt Lullus, daß die Seefahrer seiner Zeit sich der "Meßinstrumente, der Seekarten und der Magnetnadel" bedienten.61 Die frühen Schifffahrten der Catalanen nach der Nordküste von Schottland und nach der Westküste des tropischen Afrika (Don Jayme Ferrer gelangte im Monat August 1346 an den Ausfluß des Rio de Ouro), die Entdeckung der Azoren (Bracir- Inseln der Weltkarte von Picigano 1367) durch die Normänner erinnern uns, daß lange vor Columbus man den freien westlichen Ocean durchschiffte. Was unter der Römerherrschaft im indischen Meere zwischen Ocelis und der malabarischen Küste bloß im Vertrauen auf die Regelmäßigkeit der Windesrichtungen62 ausgeführt wurde, geschah jetzt unter Leitung der Magnetnadel. Die Anwendung der Astronomie auf die Schifffahrtskunde war vorbereitet durch den Einfluß, welchen vom 13ten zum 15ten Jahrhundert in Italien Andalone del Nero und Dem Flavio Gioja aus Positano, unweit des schönen und durch seine weit verbreiteten Seegesetze so berühmten Amalfi, hat man lange die Erfindung des Seecompasses zugeschrieben; vielleicht war von demselben (1302) irgend eine Vervollkommnung in der Vorrichtung angegeben worden. Eine viel frühere Benutzung des Compasses in den europäischen Gewässern als im Anfang des 14ten Jahrhunderts beweist auch eine nautische Schrift des Raymundus Lullus aus Majorca, des sonderbaren geistreichen, excentrischen Mannes, dessen Doctrinen Giordano Bruno schon als Knaben begeisterten60 und der zugleich philosophischer Systematiker, Scheidekünstler, christlicher Bekehrer und Schifffahrtskundiger war. In seinem Buche Fenix de las maravillas del orbe, das im Jahr 1286 verfaßt ist, sagt Lullus, daß die Seefahrer seiner Zeit sich der „Meßinstrumente, der Seekarten und der Magnetnadel" bedienten.61 Die frühen Schifffahrten der Catalanen nach der Nordküste von Schottland und nach der Westküste des tropischen Afrika (Don Jayme Ferrer gelangte im Monat August 1346 an den Ausfluß des Rio de Ouro), die Entdeckung der Azoren (Bracir- Inseln der Weltkarte von Picigano 1367) durch die Normänner erinnern uns, daß lange vor Columbus man den freien westlichen Ocean durchschiffte. Was unter der Römerherrschaft im indischen Meere zwischen Ocelis und der malabarischen Küste bloß im Vertrauen auf die Regelmäßigkeit der Windesrichtungen62 ausgeführt wurde, geschah jetzt unter Leitung der Magnetnadel. 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Dem Flavio Gioja aus Positano, unweit des schönen und durch seine weit verbreiteten Seegesetze so berühmten Amalfi, hat man lange die Erfindung des Seecompasses zugeschrieben; vielleicht war von demselben (1302) irgend eine Vervollkommnung in der Vorrichtung angegeben worden. Eine viel frühere Benutzung des Compasses in den europäischen Gewässern als im Anfang des 14ten Jahrhunderts beweist auch eine nautische Schrift des Raymundus Lullus aus Majorca, des sonderbaren geistreichen, excentrischen Mannes, dessen Doctrinen Giordano Bruno schon als Knaben begeisterten
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und der zugleich philosophischer Systematiker, Scheidekünstler, christlicher Bekehrer und Schifffahrtskundiger war. In seinem Buche Fenix de las maravillas del orbe, das im Jahr 1286 verfaßt ist, sagt Lullus, daß die Seefahrer seiner Zeit sich der „Meßinstrumente, der Seekarten und der Magnetnadel" bedienten.
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Die frühen Schifffahrten der Catalanen nach der Nordküste von Schottland und nach der Westküste des tropischen Afrika (Don Jayme Ferrer gelangte im Monat August 1346 an den Ausfluß des Rio de Ouro), die Entdeckung der Azoren (Bracir- Inseln der Weltkarte von Picigano 1367) durch die Normänner erinnern uns, daß lange vor Columbus man den freien westlichen Ocean durchschiffte. Was unter der Römerherrschaft im indischen Meere zwischen Ocelis und der malabarischen Küste bloß im Vertrauen auf die Regelmäßigkeit der Windesrichtungen
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ausgeführt wurde, geschah jetzt unter Leitung der Magnetnadel.
Die Anwendung der Astronomie auf die Schifffahrtskunde war vorbereitet durch den Einfluß, welchen vom 13ten zum 15ten Jahrhundert in Italien Andalone del Nero und
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