Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.Die durch das Kostspielige des Abschreibens vermehrte Schwierigkeit, vor Erfindung des Bücherdrucks eine große Zahl einzelner Handschriften zu sammeln, erzeugte im Mittelalter, als der Ideenkreis sich seit dem 13ten Jahrhunderte wieder zu erweitern anfing, eine große Vorliebe für encyclopädische Werke. Diese verdienen hier eine besondere Beachtung, weil sie zu Verallgemeinerung der Ansichten führten. Es erschienen, meist auf einander gegründet, die zwanzig Bücher de rerum natura von Thomas Cantipratensis, Professor in Löwen (1230); der Naturspiegel (Speculum naturale), welchen Vincenz von Beauvais (Bellovacensis) für den heiligen Ludwig und dessen Gemahlinn Margarethe von Provence schrieb (1250); das Buch der Natur von Conrad von Meygenberg, Priester zu Regensburg (1349); und das Weltbild (Imago mundi) des Cardinals Petrus de Alliaco, Bischofs von Cambray (1410). Diese Encyclopädien waren die Vorläufer der großen Margarita philosophica des Pater Reisch, deren erste Ausgabe 1486 erschien und welche ein halbes Jahrhundert lang die Verbreitung des Wissens auf eine merkwürdige Weise befördert hat. Bei dem Weltbilde (der Weltbeschreibung) des Cardinals Alliacus (Pierre d'Ailly) müssen wir hier noch besonders verweilen. Ich habe an einem anderen Orte erwiesen, daß das Buch Imago Mundi mehr Einfluß auf die Entdeckung von Amerika als der Briefwechsel mit dem gelehrten Florentiner Toscanelli ausgeübt hat.45 Alles, was Christoph Columbus von den griechischen und römischen Schriftstellern wußte, alle Stellen des Aristoteles, des Strabo und des Seneca über die Nähe des östlichen Asiens zu den Hercules-Säulen, welche, wie Die durch das Kostspielige des Abschreibens vermehrte Schwierigkeit, vor Erfindung des Bücherdrucks eine große Zahl einzelner Handschriften zu sammeln, erzeugte im Mittelalter, als der Ideenkreis sich seit dem 13ten Jahrhunderte wieder zu erweitern anfing, eine große Vorliebe für encyclopädische Werke. Diese verdienen hier eine besondere Beachtung, weil sie zu Verallgemeinerung der Ansichten führten. Es erschienen, meist auf einander gegründet, die zwanzig Bücher de rerum natura von Thomas Cantipratensis, Professor in Löwen (1230); der Naturspiegel (Speculum naturale), welchen Vincenz von Beauvais (Bellovacensis) für den heiligen Ludwig und dessen Gemahlinn Margarethe von Provence schrieb (1250); das Buch der Natur von Conrad von Meygenberg, Priester zu Regensburg (1349); und das Weltbild (Imago mundi) des Cardinals Petrus de Alliaco, Bischofs von Cambray (1410). Diese Encyclopädien waren die Vorläufer der großen Margarita philosophica des Pater Reisch, deren erste Ausgabe 1486 erschien und welche ein halbes Jahrhundert lang die Verbreitung des Wissens auf eine merkwürdige Weise befördert hat. Bei dem Weltbilde (der Weltbeschreibung) des Cardinals Alliacus (Pierre d'Ailly) müssen wir hier noch besonders verweilen. Ich habe an einem anderen Orte erwiesen, daß das Buch Imago Mundi mehr Einfluß auf die Entdeckung von Amerika als der Briefwechsel mit dem gelehrten Florentiner Toscanelli ausgeübt hat.45 Alles, was Christoph Columbus von den griechischen und römischen Schriftstellern wußte, alle Stellen des Aristoteles, des Strabo und des Seneca über die Nähe des östlichen Asiens zu den Hercules-Säulen, welche, wie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0291" n="286"/> <p>Die durch das Kostspielige des Abschreibens vermehrte Schwierigkeit, vor Erfindung des Bücherdrucks eine große Zahl einzelner Handschriften zu sammeln, erzeugte im Mittelalter, als der Ideenkreis sich seit dem 13ten Jahrhunderte wieder zu erweitern anfing, eine große Vorliebe für encyclopädische Werke. Diese verdienen hier eine besondere Beachtung, weil sie zu Verallgemeinerung der Ansichten führten. 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Die durch das Kostspielige des Abschreibens vermehrte Schwierigkeit, vor Erfindung des Bücherdrucks eine große Zahl einzelner Handschriften zu sammeln, erzeugte im Mittelalter, als der Ideenkreis sich seit dem 13ten Jahrhunderte wieder zu erweitern anfing, eine große Vorliebe für encyclopädische Werke. Diese verdienen hier eine besondere Beachtung, weil sie zu Verallgemeinerung der Ansichten führten. Es erschienen, meist auf einander gegründet, die zwanzig Bücher de rerum natura von Thomas Cantipratensis, Professor in Löwen (1230); der Naturspiegel (Speculum naturale), welchen Vincenz von Beauvais (Bellovacensis) für den heiligen Ludwig und dessen Gemahlinn Margarethe von Provence schrieb (1250); das Buch der Natur von Conrad von Meygenberg, Priester zu Regensburg (1349); und das Weltbild (Imago mundi) des Cardinals Petrus de Alliaco, Bischofs von Cambray (1410). Diese Encyclopädien waren die Vorläufer der großen Margarita philosophica des Pater Reisch, deren erste Ausgabe 1486 erschien und welche ein halbes Jahrhundert lang die Verbreitung des Wissens auf eine merkwürdige Weise befördert hat. Bei dem Weltbilde (der Weltbeschreibung) des Cardinals Alliacus (Pierre d'Ailly) müssen wir hier noch besonders verweilen. Ich habe an einem anderen Orte erwiesen, daß das Buch Imago Mundi mehr Einfluß auf die Entdeckung von Amerika als der Briefwechsel mit dem gelehrten Florentiner Toscanelli ausgeübt hat.
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Alles, was Christoph Columbus von den griechischen und römischen Schriftstellern wußte, alle Stellen des Aristoteles, des Strabo und des Seneca über die Nähe des östlichen Asiens zu den Hercules-Säulen, welche, wie
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