Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

bezeichnet. Sie werden darin bestimmt Groß-Irland (Irland it mikla) genannt, und es wird behauptet, sie seien von den Iren bevölkert worden. Nach Zeugnissen, die bis 1064 hinaufreichen, wurde, ehe noch Leif Winland entdeckte, wahrscheinlich schon um das Jahr 982, Ari Marsson, aus dem mächtigen isländischen Geschlechte Ulf's des Schielers, auf einer Fahrt von Island gegen Süden durch Sturm an die Küste des Weißmännerlandes verschlagen, in demselben als Christ getauft und, da man ihm nicht erlaubte sich zu entfernen, dort von Männern aus den Orkney-Inseln und Island erkannt.31

Die Meinung einiger nordischen Alterthumsforscher ist nun, daß, da in den ältesten isländischen Documenten die ersten Bewohner der Insel "über das Meer gekommene Westmänner" genannt werden (Ankömmlinge, die sich in Papyli an der Südostküste und auf dem nahe gelegenen kleinen Papar-Eilande niedergelassen), Island zuerst nicht unmittelbar von Europa, sondern von Virginien und Carolina her, d. i. aus Groß-Irland (dem amerikanischen Weißmännerlande), von nach Amerika früh verpflanzten Iren bevölkert worden sei. Die wichtige Schrift des irländischen Mönches Dicuil, de Mensura Orbis Terrae, welche um das Jahr 825 verfaßt wurde, also 38 Jahr früher als die Normänner durch Naddod Kenntniß von Island erhielten, bestätigt aber nicht diese Meinung.

Im Norden von Europa haben christliche Anachoreten, im Inneren Asiens fromme Buddhistenmönche unzugängliche Gegenden zu erforschen und der Civilisation zu eröffnen gewußt. Das emsige Bestreben religiöse Dogmen zu verbreiten hat bald kriegerischen Unternehmungen, bald friedlichen

bezeichnet. Sie werden darin bestimmt Groß-Irland (Irland it mikla) genannt, und es wird behauptet, sie seien von den Iren bevölkert worden. Nach Zeugnissen, die bis 1064 hinaufreichen, wurde, ehe noch Leif Winland entdeckte, wahrscheinlich schon um das Jahr 982, Ari Marsson, aus dem mächtigen isländischen Geschlechte Ulf's des Schielers, auf einer Fahrt von Island gegen Süden durch Sturm an die Küste des Weißmännerlandes verschlagen, in demselben als Christ getauft und, da man ihm nicht erlaubte sich zu entfernen, dort von Männern aus den Orkney-Inseln und Island erkannt.31

Die Meinung einiger nordischen Alterthumsforscher ist nun, daß, da in den ältesten isländischen Documenten die ersten Bewohner der Insel „über das Meer gekommene Westmänner" genannt werden (Ankömmlinge, die sich in Papyli an der Südostküste und auf dem nahe gelegenen kleinen Papar-Eilande niedergelassen), Island zuerst nicht unmittelbar von Europa, sondern von Virginien und Carolina her, d. i. aus Groß-Irland (dem amerikanischen Weißmännerlande), von nach Amerika früh verpflanzten Iren bevölkert worden sei. Die wichtige Schrift des irländischen Mönches Dicuil, de Mensura Orbis Terrae, welche um das Jahr 825 verfaßt wurde, also 38 Jahr früher als die Normänner durch Naddod Kenntniß von Island erhielten, bestätigt aber nicht diese Meinung.

Im Norden von Europa haben christliche Anachoreten, im Inneren Asiens fromme Buddhistenmönche unzugängliche Gegenden zu erforschen und der Civilisation zu eröffnen gewußt. Das emsige Bestreben religiöse Dogmen zu verbreiten hat bald kriegerischen Unternehmungen, bald friedlichen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0278" n="273"/>
bezeichnet. Sie werden darin bestimmt <hi rendition="#g">Groß-Irland</hi> (Irland it mikla) genannt, und es wird behauptet, sie seien von den Iren bevölkert worden. Nach Zeugnissen, die bis 1064 hinaufreichen, wurde, ehe noch Leif Winland entdeckte, wahrscheinlich schon um das Jahr 982, Ari Marsson, aus dem mächtigen isländischen Geschlechte Ulf's des Schielers, auf einer Fahrt von Island gegen Süden durch Sturm an die Küste des Weißmännerlandes verschlagen, in demselben als Christ getauft und, da man ihm nicht erlaubte sich zu entfernen, dort von Männern aus den Orkney-Inseln und Island erkannt.<note xml:id="ftn370" next="#ftn370-text" place="end" n="31"/>          </p>
              <p>Die Meinung einiger nordischen Alterthumsforscher ist nun, daß, da in den ältesten isländischen Documenten die ersten Bewohner der Insel &#x201E;über das Meer gekommene <hi rendition="#g">Westmänner"</hi> genannt werden (Ankömmlinge, die sich in Papyli an der Südostküste und auf dem nahe gelegenen kleinen Papar-Eilande niedergelassen), Island zuerst nicht unmittelbar von Europa, sondern von Virginien und Carolina her, d. i. aus Groß-Irland (dem amerikanischen Weißmännerlande), von nach Amerika früh verpflanzten Iren bevölkert worden sei. Die wichtige Schrift des irländischen Mönches Dicuil, <hi rendition="#g">de Mensura Orbis Terrae,</hi> welche um das Jahr 825 verfaßt wurde, also 38 Jahr früher als die Normänner durch Naddod Kenntniß von Island erhielten, bestätigt aber nicht diese Meinung.</p>
              <p>Im Norden von Europa haben christliche Anachoreten, im Inneren Asiens fromme Buddhistenmönche unzugängliche Gegenden zu erforschen und der Civilisation zu eröffnen gewußt. Das emsige Bestreben religiöse Dogmen zu verbreiten hat bald kriegerischen Unternehmungen, bald friedlichen
</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[273/0278] bezeichnet. Sie werden darin bestimmt Groß-Irland (Irland it mikla) genannt, und es wird behauptet, sie seien von den Iren bevölkert worden. Nach Zeugnissen, die bis 1064 hinaufreichen, wurde, ehe noch Leif Winland entdeckte, wahrscheinlich schon um das Jahr 982, Ari Marsson, aus dem mächtigen isländischen Geschlechte Ulf's des Schielers, auf einer Fahrt von Island gegen Süden durch Sturm an die Küste des Weißmännerlandes verschlagen, in demselben als Christ getauft und, da man ihm nicht erlaubte sich zu entfernen, dort von Männern aus den Orkney-Inseln und Island erkannt. ³¹ Die Meinung einiger nordischen Alterthumsforscher ist nun, daß, da in den ältesten isländischen Documenten die ersten Bewohner der Insel „über das Meer gekommene Westmänner" genannt werden (Ankömmlinge, die sich in Papyli an der Südostküste und auf dem nahe gelegenen kleinen Papar-Eilande niedergelassen), Island zuerst nicht unmittelbar von Europa, sondern von Virginien und Carolina her, d. i. aus Groß-Irland (dem amerikanischen Weißmännerlande), von nach Amerika früh verpflanzten Iren bevölkert worden sei. Die wichtige Schrift des irländischen Mönches Dicuil, de Mensura Orbis Terrae, welche um das Jahr 825 verfaßt wurde, also 38 Jahr früher als die Normänner durch Naddod Kenntniß von Island erhielten, bestätigt aber nicht diese Meinung. Im Norden von Europa haben christliche Anachoreten, im Inneren Asiens fromme Buddhistenmönche unzugängliche Gegenden zu erforschen und der Civilisation zu eröffnen gewußt. Das emsige Bestreben religiöse Dogmen zu verbreiten hat bald kriegerischen Unternehmungen, bald friedlichen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/278
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/278>, abgerufen am 26.11.2024.