Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.ob durch die Richtung des Welthandels unter den Lagiden das System des Stellenwerthes von der indischen westlichen Halbinsel aus nach Alexandrien verpflanzt und in der Erneuerung der Träumereien der Pythagoreer für eine Erfindung des ersten Stifters des Bundes ausgegeben worden ist. An die bloße Möglichkeit uralter, uns völlig unbekannter Verbindungen vor der 60ten Olympiade ist wohl nicht zu erinnern. Warum sollten in dem Gefühl ähnlicher Bedürfnisse dieselben Ideenverbindungen sich nicht bei hochbegabten Völkern verschiedenen Stammes abgesondert dargeboten haben? Wie nun die Algebra der Araber durch das, was dies morgenländische Volk von Griechen und Indern aufgenommen und selbst geschaffen, trotz einer großen Dürftigkeit in der symbolischen Bezeichnung, wohlthätig auf die glänzende Periode der italiänischen Mathematiker des Mittelalters gewirkt hat, so bleibt auch den Arabern das Verdienst, von Bagdad bis Cordova durch ihre Schriften und ihren ausgebreiteten Handelsverkehr den Gebrauch des indischen Zahlensystems beschleunigt zu haben. Beide Wirkungen, die gleichzeitige Verbreitung der Wissenschaft und der numerischen Zeichen mit Stellenwerth, haben verschiedenartig, aber mächtig, die Fortschritte des mathematischen Theils des Naturwissens befördert, den Zugang zu entlegenen Regionen in der Astronomie, in der Optik, in der physischen Erdkunde, in der Wärmelehre, in der Theorie des Magnetismus erleichtert, welche ohne jene Hülfsmittel uneröffnet geblieben wären. Man hat mehrmals in der Völkergeschichte die Frage aufgeworfen, welche Folge die Weltbegebenheiten würden ob durch die Richtung des Welthandels unter den Lagiden das System des Stellenwerthes von der indischen westlichen Halbinsel aus nach Alexandrien verpflanzt und in der Erneuerung der Träumereien der Pythagoreer für eine Erfindung des ersten Stifters des Bundes ausgegeben worden ist. An die bloße Möglichkeit uralter, uns völlig unbekannter Verbindungen vor der 60ten Olympiade ist wohl nicht zu erinnern. Warum sollten in dem Gefühl ähnlicher Bedürfnisse dieselben Ideenverbindungen sich nicht bei hochbegabten Völkern verschiedenen Stammes abgesondert dargeboten haben? Wie nun die Algebra der Araber durch das, was dies morgenländische Volk von Griechen und Indern aufgenommen und selbst geschaffen, trotz einer großen Dürftigkeit in der symbolischen Bezeichnung, wohlthätig auf die glänzende Periode der italiänischen Mathematiker des Mittelalters gewirkt hat, so bleibt auch den Arabern das Verdienst, von Bagdad bis Cordova durch ihre Schriften und ihren ausgebreiteten Handelsverkehr den Gebrauch des indischen Zahlensystems beschleunigt zu haben. Beide Wirkungen, die gleichzeitige Verbreitung der Wissenschaft und der numerischen Zeichen mit Stellenwerth, haben verschiedenartig, aber mächtig, die Fortschritte des mathematischen Theils des Naturwissens befördert, den Zugang zu entlegenen Regionen in der Astronomie, in der Optik, in der physischen Erdkunde, in der Wärmelehre, in der Theorie des Magnetismus erleichtert, welche ohne jene Hülfsmittel uneröffnet geblieben wären. Man hat mehrmals in der Völkergeschichte die Frage aufgeworfen, welche Folge die Weltbegebenheiten würden <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0269" n="264"/> ob durch die Richtung des Welthandels unter den Lagiden das System des Stellenwerthes von der indischen westlichen Halbinsel aus nach Alexandrien verpflanzt und in der Erneuerung der Träumereien der Pythagoreer für eine Erfindung des ersten Stifters des Bundes ausgegeben worden ist. An die bloße Möglichkeit uralter, uns völlig unbekannter Verbindungen vor der 60ten Olympiade ist wohl nicht zu erinnern. Warum sollten in dem Gefühl ähnlicher Bedürfnisse dieselben Ideenverbindungen sich nicht bei hochbegabten Völkern verschiedenen Stammes abgesondert dargeboten haben?</p> <p>Wie nun die Algebra der Araber durch das, was dies morgenländische Volk von Griechen und Indern aufgenommen und selbst geschaffen, trotz einer großen Dürftigkeit in der symbolischen Bezeichnung, wohlthätig auf die glänzende Periode der italiänischen Mathematiker des Mittelalters gewirkt hat, so bleibt auch den Arabern das Verdienst, von Bagdad bis Cordova durch ihre Schriften und ihren ausgebreiteten Handelsverkehr den Gebrauch des indischen Zahlensystems beschleunigt zu haben. Beide Wirkungen, die gleichzeitige Verbreitung der Wissenschaft und der numerischen Zeichen mit Stellenwerth, haben verschiedenartig, aber mächtig, die Fortschritte des mathematischen Theils des Naturwissens befördert, den Zugang zu entlegenen Regionen in der Astronomie, in der Optik, in der physischen Erdkunde, in der Wärmelehre, in der Theorie des Magnetismus erleichtert, welche ohne jene Hülfsmittel uneröffnet geblieben wären.</p> <p>Man hat mehrmals in der Völkergeschichte die Frage aufgeworfen, welche Folge die Weltbegebenheiten würden </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [264/0269]
ob durch die Richtung des Welthandels unter den Lagiden das System des Stellenwerthes von der indischen westlichen Halbinsel aus nach Alexandrien verpflanzt und in der Erneuerung der Träumereien der Pythagoreer für eine Erfindung des ersten Stifters des Bundes ausgegeben worden ist. An die bloße Möglichkeit uralter, uns völlig unbekannter Verbindungen vor der 60ten Olympiade ist wohl nicht zu erinnern. Warum sollten in dem Gefühl ähnlicher Bedürfnisse dieselben Ideenverbindungen sich nicht bei hochbegabten Völkern verschiedenen Stammes abgesondert dargeboten haben?
Wie nun die Algebra der Araber durch das, was dies morgenländische Volk von Griechen und Indern aufgenommen und selbst geschaffen, trotz einer großen Dürftigkeit in der symbolischen Bezeichnung, wohlthätig auf die glänzende Periode der italiänischen Mathematiker des Mittelalters gewirkt hat, so bleibt auch den Arabern das Verdienst, von Bagdad bis Cordova durch ihre Schriften und ihren ausgebreiteten Handelsverkehr den Gebrauch des indischen Zahlensystems beschleunigt zu haben. Beide Wirkungen, die gleichzeitige Verbreitung der Wissenschaft und der numerischen Zeichen mit Stellenwerth, haben verschiedenartig, aber mächtig, die Fortschritte des mathematischen Theils des Naturwissens befördert, den Zugang zu entlegenen Regionen in der Astronomie, in der Optik, in der physischen Erdkunde, in der Wärmelehre, in der Theorie des Magnetismus erleichtert, welche ohne jene Hülfsmittel uneröffnet geblieben wären.
Man hat mehrmals in der Völkergeschichte die Frage aufgeworfen, welche Folge die Weltbegebenheiten würden
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/269 |
Zitationshilfe: | Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/269>, abgerufen am 16.07.2024. |