Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.unseren Tagen den Europäern bekannt geworden, sie auf die Entwickelung der modernen Analysis fördernd hätten einwirken müssen." Auf demselben Wege und durch dieselben Verhältnisse, welche den Arabern die Kenntniß der indischen Algebra zuführten, erhielten diese auch in Persien und am Euphrat die indischen Zahlzeichen im neunten Jahrhundert. Perser waren damals als Zollbediente am Indus angestellt, und der Gebrauch der indischen Zahlen hatte sich allgemein in die Zollämter der Araber im nördlichen Afrika (den Küsten von Sicilien gegenüber) verpflanzt. Dennoch machen die wichtigen und überaus gründlichen historischen Untersuchungen, zu welchen ein ausgezeichneter Mathematiker, Herr Chasles, durch seine richtige Interpretation der sogenannten pythagorischen Tafel in der Geometrie des Boethius veranlaßt worden ist18, es mehr als wahrscheinlich, daß die Christen im Abendlande selbst früher als die Araber mit den indischen Zahlen vertraut waren und daß sie unter dem Namen des Systems des Abacus den Gebrauch der neun Ziffern nach ihrem Stellenwerthe kannten. Es ist hier nicht der Ort diesen Gegenstand, welcher mich schon früher (1819 und 1829) in zwei, der Academie des Inscriptions zu Paris und der Akademie der Wissenschaften zu Berlin vorgelegten Abhandlungen beschäftigt hat19, näher zu erläutern; aber bei einem historischen Probleme, über das noch viel zu entdecken übrig ist, entsteht die Frage: ob auch der Stellenwerth, der sinnreiche Kunstgriff der Position, welcher schon im tuscischen Abacus wie im Suanpan von Inner-Asien hervortritt, zweimal abgesondert, im Orient und Occident, erfunden worden ist; oder unseren Tagen den Europäern bekannt geworden, sie auf die Entwickelung der modernen Analysis fördernd hätten einwirken müssen." Auf demselben Wege und durch dieselben Verhältnisse, welche den Arabern die Kenntniß der indischen Algebra zuführten, erhielten diese auch in Persien und am Euphrat die indischen Zahlzeichen im neunten Jahrhundert. Perser waren damals als Zollbediente am Indus angestellt, und der Gebrauch der indischen Zahlen hatte sich allgemein in die Zollämter der Araber im nördlichen Afrika (den Küsten von Sicilien gegenüber) verpflanzt. Dennoch machen die wichtigen und überaus gründlichen historischen Untersuchungen, zu welchen ein ausgezeichneter Mathematiker, Herr Chasles, durch seine richtige Interpretation der sogenannten pythagorischen Tafel in der Geometrie des Boethius veranlaßt worden ist18, es mehr als wahrscheinlich, daß die Christen im Abendlande selbst früher als die Araber mit den indischen Zahlen vertraut waren und daß sie unter dem Namen des Systems des Abacus den Gebrauch der neun Ziffern nach ihrem Stellenwerthe kannten. Es ist hier nicht der Ort diesen Gegenstand, welcher mich schon früher (1819 und 1829) in zwei, der Académie des Inscriptions zu Paris und der Akademie der Wissenschaften zu Berlin vorgelegten Abhandlungen beschäftigt hat19, näher zu erläutern; aber bei einem historischen Probleme, über das noch viel zu entdecken übrig ist, entsteht die Frage: ob auch der Stellenwerth, der sinnreiche Kunstgriff der Position, welcher schon im tuscischen Abacus wie im Suanpan von Inner-Asien hervortritt, zweimal abgesondert, im Orient und Occident, erfunden worden ist; oder <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0268" n="263"/> unseren Tagen den Europäern bekannt geworden, sie auf die Entwickelung der modernen Analysis fördernd hätten einwirken müssen."</p> <p>Auf demselben Wege und durch dieselben Verhältnisse, welche den Arabern die Kenntniß der indischen Algebra zuführten, erhielten diese auch in Persien und am Euphrat die indischen Zahlzeichen im neunten Jahrhundert. Perser waren damals als Zollbediente am Indus angestellt, und der Gebrauch der indischen Zahlen hatte sich allgemein in die Zollämter der Araber im nördlichen Afrika (den Küsten von Sicilien gegenüber) verpflanzt. Dennoch machen die wichtigen und überaus gründlichen historischen Untersuchungen, zu welchen ein ausgezeichneter Mathematiker, Herr Chasles, durch seine richtige Interpretation der sogenannten pythagorischen Tafel in der Geometrie des Boethius veranlaßt worden ist<note xml:id="ftn357" next="#ftn357-text" place="end" n="18"/>, es mehr als wahrscheinlich, daß die Christen im Abendlande selbst früher als die Araber mit den indischen Zahlen vertraut waren und daß sie unter dem Namen des <hi rendition="#g">Systems des Abacus</hi> den Gebrauch der neun Ziffern nach ihrem Stellenwerthe kannten.</p> <p>Es ist hier nicht der Ort diesen Gegenstand, welcher mich schon früher (1819 und 1829) in zwei, der Académie des Inscriptions zu Paris und der Akademie der Wissenschaften zu Berlin vorgelegten Abhandlungen beschäftigt hat<note xml:id="ftn358" next="#ftn358-text" place="end" n="19"/>, näher zu erläutern; aber bei einem historischen Probleme, über das noch viel zu entdecken übrig ist, entsteht die Frage: ob auch der <hi rendition="#g">Stellenwerth,</hi> der sinnreiche Kunstgriff der Position, welcher schon im tuscischen Abacus wie im Suanpan von Inner-Asien hervortritt, zweimal abgesondert, im Orient und Occident, erfunden worden ist; oder </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [263/0268]
unseren Tagen den Europäern bekannt geworden, sie auf die Entwickelung der modernen Analysis fördernd hätten einwirken müssen."
Auf demselben Wege und durch dieselben Verhältnisse, welche den Arabern die Kenntniß der indischen Algebra zuführten, erhielten diese auch in Persien und am Euphrat die indischen Zahlzeichen im neunten Jahrhundert. Perser waren damals als Zollbediente am Indus angestellt, und der Gebrauch der indischen Zahlen hatte sich allgemein in die Zollämter der Araber im nördlichen Afrika (den Küsten von Sicilien gegenüber) verpflanzt. Dennoch machen die wichtigen und überaus gründlichen historischen Untersuchungen, zu welchen ein ausgezeichneter Mathematiker, Herr Chasles, durch seine richtige Interpretation der sogenannten pythagorischen Tafel in der Geometrie des Boethius veranlaßt worden ist
¹⁸
, es mehr als wahrscheinlich, daß die Christen im Abendlande selbst früher als die Araber mit den indischen Zahlen vertraut waren und daß sie unter dem Namen des Systems des Abacus den Gebrauch der neun Ziffern nach ihrem Stellenwerthe kannten.
Es ist hier nicht der Ort diesen Gegenstand, welcher mich schon früher (1819 und 1829) in zwei, der Académie des Inscriptions zu Paris und der Akademie der Wissenschaften zu Berlin vorgelegten Abhandlungen beschäftigt hat
¹⁹
, näher zu erläutern; aber bei einem historischen Probleme, über das noch viel zu entdecken übrig ist, entsteht die Frage: ob auch der Stellenwerth, der sinnreiche Kunstgriff der Position, welcher schon im tuscischen Abacus wie im Suanpan von Inner-Asien hervortritt, zweimal abgesondert, im Orient und Occident, erfunden worden ist; oder
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen
(2013-04-18T11:04:31Z)
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |