Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.bei den hochgebildeten Chinesen schon die westlichen Provinzen des Reichs55 in vier und vierzig Abtheilungen verzeichnet waren. Die Universal-Geographie des Ptolemäus hat allerdings den Vorzug uns die ganze alte Welt sowohl graphisch (in Umrissen) als numerisch (in sogenannten Ortsbestimmungen nach Längen, Polhöhen und Tagesdauer) darzustellen; aber so oft auch in derselben der Vorzug astronomischer Resultate vor den Angaben der Weglängen zu Wasser und zu Lande ausgesprochen wird, so ist doch leider in jenen unsicheren Ortsbestimmungen (über 2500 an der Zahl) nicht zu erkennen, auf welche Art von Fundamenten sie gegründet sind, welche relative Wahrscheinlichkeit nach den damaligen Itinerarien ihnen zugeschrieben werden könne. Die völlige Unkenntniß der Nordweisung der Magnetnadel, d. i. der Nichtgebrauch der Boussole, welche schon 1250 Jahre vor Ptolemäus neben einem Wegmesser in der Construction der magnetischen Wagen des chinesischen Kaisers Tschingwang angebracht war, machte bei Griechen und Römern die ausführlichsten Itinerarien wegen Mangels der Sicherheit in den Richtungen56 (in dem Winkel mit dem Meridian) höchst ungewiß. Je mehr man in der neuesten Zeit mit den indischen Sprachen und der altpersischen (dem Zend) bekannt geworden ist, desto mehr hat man erstaunen müssen, wie ein großer Theil der geographischen Nomenclatur des Ptolemäus als geschichtliches Denkmal von den Handelsverbindungen zwischen dem Occident und den fernsten Regionen von Süd- und Mittel-Asien zu betrachten ist.57 Für eine der wichtigsten Folgen solcher Handelsverbindungen darf auch die richtige Ansicht der völligen Abgeschlossenheit des bei den hochgebildeten Chinesen schon die westlichen Provinzen des Reichs55 in vier und vierzig Abtheilungen verzeichnet waren. Die Universal-Geographie des Ptolemäus hat allerdings den Vorzug uns die ganze alte Welt sowohl graphisch (in Umrissen) als numerisch (in sogenannten Ortsbestimmungen nach Längen, Polhöhen und Tagesdauer) darzustellen; aber so oft auch in derselben der Vorzug astronomischer Resultate vor den Angaben der Weglängen zu Wasser und zu Lande ausgesprochen wird, so ist doch leider in jenen unsicheren Ortsbestimmungen (über 2500 an der Zahl) nicht zu erkennen, auf welche Art von Fundamenten sie gegründet sind, welche relative Wahrscheinlichkeit nach den damaligen Itinerarien ihnen zugeschrieben werden könne. Die völlige Unkenntniß der Nordweisung der Magnetnadel, d. i. der Nichtgebrauch der Boussole, welche schon 1250 Jahre vor Ptolemäus neben einem Wegmesser in der Construction der magnetischen Wagen des chinesischen Kaisers Tschingwang angebracht war, machte bei Griechen und Römern die ausführlichsten Itinerarien wegen Mangels der Sicherheit in den Richtungen56 (in dem Winkel mit dem Meridian) höchst ungewiß. Je mehr man in der neuesten Zeit mit den indischen Sprachen und der altpersischen (dem Zend) bekannt geworden ist, desto mehr hat man erstaunen müssen, wie ein großer Theil der geographischen Nomenclatur des Ptolemäus als geschichtliches Denkmal von den Handelsverbindungen zwischen dem Occident und den fernsten Regionen von Süd- und Mittel-Asien zu betrachten ist.57 Für eine der wichtigsten Folgen solcher Handelsverbindungen darf auch die richtige Ansicht der völligen Abgeschlossenheit des <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0230" n="225"/> bei den hochgebildeten Chinesen schon die westlichen Provinzen des Reichs<note xml:id="ftn294" next="ftn294-text" place="end" n="55"/> in vier und vierzig Abtheilungen verzeichnet waren. 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bei den hochgebildeten Chinesen schon die westlichen Provinzen des Reichs
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in vier und vierzig Abtheilungen verzeichnet waren. Die Universal-Geographie des Ptolemäus hat allerdings den Vorzug uns die ganze alte Welt sowohl graphisch (in Umrissen) als numerisch (in sogenannten Ortsbestimmungen nach Längen, Polhöhen und Tagesdauer) darzustellen; aber so oft auch in derselben der Vorzug astronomischer Resultate vor den Angaben der Weglängen zu Wasser und zu Lande ausgesprochen wird, so ist doch leider in jenen unsicheren Ortsbestimmungen (über 2500 an der Zahl) nicht zu erkennen, auf welche Art von Fundamenten sie gegründet sind, welche relative Wahrscheinlichkeit nach den damaligen Itinerarien ihnen zugeschrieben werden könne. Die völlige Unkenntniß der Nordweisung der Magnetnadel, d. i. der Nichtgebrauch der Boussole, welche schon 1250 Jahre vor Ptolemäus neben einem Wegmesser in der Construction der magnetischen Wagen des chinesischen Kaisers Tschingwang angebracht war, machte bei Griechen und Römern die ausführlichsten Itinerarien wegen Mangels der Sicherheit in den Richtungen
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(in dem Winkel mit dem Meridian) höchst ungewiß.
Je mehr man in der neuesten Zeit mit den indischen Sprachen und der altpersischen (dem Zend) bekannt geworden ist, desto mehr hat man erstaunen müssen, wie ein großer Theil der geographischen Nomenclatur des Ptolemäus als geschichtliches Denkmal von den Handelsverbindungen zwischen dem Occident und den fernsten Regionen von Süd- und Mittel-Asien zu betrachten ist.
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Für eine der wichtigsten Folgen solcher Handelsverbindungen darf auch die richtige Ansicht der völligen Abgeschlossenheit des
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Zitationshilfe: | Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/230>, abgerufen am 18.07.2024. |