Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.sein würde; aber so hochgespannte Erwartungen sind nicht in Erfüllung gegangen. In dieser langen Periode der ungetheilten römischen Weltherrschaft, in fast vier Jahrhunderten, erhoben sich als Beobachter der Natur nur Dioscorides der Cilicier und Galenus von Pergamus. Der erstere, die Zahl der beschriebenen Pflanzenarten ansehnlich vermehrend, steht tief unter dem philosophisch combinirenden Theophrast: während durch Feinheit der Zergliederung und den Umfang physiologischer Entdeckungen Galenus, welcher seine Beobachtungen auf mehrere Thiergattungen ausgedehnt, "sehr nahe neben Aristoteles und meist über ihn gestellt werden kann". Dieses Urtheil hat Cuvier42 gefällt. Neben Dioscorides und Galenus glänzt nur noch ein dritter großer Name, der des Ptolemäus. Wir nennen ihn hier nicht als astronomischen Systematiker oder als Geographen, sondern als experimentirenden, die Strahlenbrechung messenden Physiker, als ersten Gründer eines wichtigen Theils der Optik. Seine ganz unbezweifelbaren Rechte sind erst spät erkannt worden.43 So wichtig auch die Fortschritte in der Sphäre des organischen Lebens und in den allgemeinen Ansichten der vergleichenden Zootomie waren, so müssen doch hier in einer Periode, welche der der Araber um ein halbes Jahrtausend vorhergeht, physische Experimente über den Gang der Lichtstrahlen unsere Aufmerksamkeit besonders fesseln. Es ist wie der erste Schritt in einer neugeöffneten Laufbahn, in dem Streben nach einer mathematischen Physik. Die ausgezeichneten Männer, welche wir so eben genannt als wissenschaftlichen Glanz über die Kaiserzeit verbreitend (der tiefsinnige, aber noch symbollose, arithmetische sein würde; aber so hochgespannte Erwartungen sind nicht in Erfüllung gegangen. In dieser langen Periode der ungetheilten römischen Weltherrschaft, in fast vier Jahrhunderten, erhoben sich als Beobachter der Natur nur Dioscorides der Cilicier und Galenus von Pergamus. Der erstere, die Zahl der beschriebenen Pflanzenarten ansehnlich vermehrend, steht tief unter dem philosophisch combinirenden Theophrast: während durch Feinheit der Zergliederung und den Umfang physiologischer Entdeckungen Galenus, welcher seine Beobachtungen auf mehrere Thiergattungen ausgedehnt, „sehr nahe neben Aristoteles und meist über ihn gestellt werden kann". Dieses Urtheil hat Cuvier42 gefällt. Neben Dioscorides und Galenus glänzt nur noch ein dritter großer Name, der des Ptolemäus. Wir nennen ihn hier nicht als astronomischen Systematiker oder als Geographen, sondern als experimentirenden, die Strahlenbrechung messenden Physiker, als ersten Gründer eines wichtigen Theils der Optik. Seine ganz unbezweifelbaren Rechte sind erst spät erkannt worden.43 So wichtig auch die Fortschritte in der Sphäre des organischen Lebens und in den allgemeinen Ansichten der vergleichenden Zootomie waren, so müssen doch hier in einer Periode, welche der der Araber um ein halbes Jahrtausend vorhergeht, physische Experimente über den Gang der Lichtstrahlen unsere Aufmerksamkeit besonders fesseln. Es ist wie der erste Schritt in einer neugeöffneten Laufbahn, in dem Streben nach einer mathematischen Physik. Die ausgezeichneten Männer, welche wir so eben genannt als wissenschaftlichen Glanz über die Kaiserzeit verbreitend (der tiefsinnige, aber noch symbollose, arithmetische <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0221" n="216"/> sein würde; aber so hochgespannte Erwartungen sind nicht in Erfüllung gegangen. 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sein würde; aber so hochgespannte Erwartungen sind nicht in Erfüllung gegangen. In dieser langen Periode der ungetheilten römischen Weltherrschaft, in fast vier Jahrhunderten, erhoben sich als Beobachter der Natur nur Dioscorides der Cilicier und Galenus von Pergamus. Der erstere, die Zahl der beschriebenen Pflanzenarten ansehnlich vermehrend, steht tief unter dem philosophisch combinirenden Theophrast: während durch Feinheit der Zergliederung und den Umfang physiologischer Entdeckungen Galenus, welcher seine Beobachtungen auf mehrere Thiergattungen ausgedehnt, „sehr nahe neben Aristoteles und meist über ihn gestellt werden kann". Dieses Urtheil hat Cuvier
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gefällt.
Neben Dioscorides und Galenus glänzt nur noch ein dritter großer Name, der des Ptolemäus. Wir nennen ihn hier nicht als astronomischen Systematiker oder als Geographen, sondern als experimentirenden, die Strahlenbrechung messenden Physiker, als ersten Gründer eines wichtigen Theils der Optik. Seine ganz unbezweifelbaren Rechte sind erst spät erkannt worden.
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So wichtig auch die Fortschritte in der Sphäre des organischen Lebens und in den allgemeinen Ansichten der vergleichenden Zootomie waren, so müssen doch hier in einer Periode, welche der der Araber um ein halbes Jahrtausend vorhergeht, physische Experimente über den Gang der Lichtstrahlen unsere Aufmerksamkeit besonders fesseln. Es ist wie der erste Schritt in einer neugeöffneten Laufbahn, in dem Streben nach einer mathematischen Physik.
Die ausgezeichneten Männer, welche wir so eben genannt als wissenschaftlichen Glanz über die Kaiserzeit verbreitend (der tiefsinnige, aber noch symbollose, arithmetische
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