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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.

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des längst Gesammelten. Nachdem, so viele Jahrhunderte hindurch, bis zum mächtigen Auftreten des Aristoteles, die Naturerscheinungen, jeder scharfen Beobachtung entzogen, in ihrer Deutung der alleinigen Herrschaft der Ideen, ja der Willkühr dumpfer Ahndungen und wandelbarer Hypothesen anheim gefallen waren, offenbarte sich jetzt eine höhere Achtung für das empirische Wissen. Man untersuchte und sichtete, was man besaß. Die Naturphilosophie, minder kühn in ihren Speculationen und phantastischen Gebilden, trat endlich der forschenden Empirie näher auf dem sicheren Wege der Induction. Ein mühevolles Streben nach Anhäufung des Stoffes hatte eine gewisse Polymathie nothwendig gemacht; und wenn auch das vielseitige Wissen in den Arbeiten ausgezeichneter Denker wohlthätige Früchte darbot, so zeigte sich dasselbe doch, bei der hingesunkenen Schöpfungskraft der Hellenen, nur zu oft von Geistlosigkeit und nüchterner Erudition begleitet. Auch haben Mangel an Pflege der Form wie an Lebendigkeit und Anmuth der Diction dazu beigetragen die alexandrinische Gelehrsamkeit strengen Urtheilen der Nachwelt auszusetzen.

Es ist diesen Blättern vorbehalten hauptsächlich das hervorzuheben, was die Epoche der Ptolemäer durch das Zusammenwirken äußerer Verhältnisse, durch Stiftung und planmäßige Ausstattung zweier großer Anstalten (des alexandrinischen Museums und zweier Büchersammlungen im Bruchium26 und in Rhakotis), durch die collegialische Annäherung so vieler Gelehrten, die ein praktischer Sinn belebte, geleistet hat. Das encyclopädische Wissen erleichterte die Vergleichung des Beobachteten, die Verallgemeinerung von Naturansichten. Das große wissenschaftliche

des längst Gesammelten. Nachdem, so viele Jahrhunderte hindurch, bis zum mächtigen Auftreten des Aristoteles, die Naturerscheinungen, jeder scharfen Beobachtung entzogen, in ihrer Deutung der alleinigen Herrschaft der Ideen, ja der Willkühr dumpfer Ahndungen und wandelbarer Hypothesen anheim gefallen waren, offenbarte sich jetzt eine höhere Achtung für das empirische Wissen. Man untersuchte und sichtete, was man besaß. Die Naturphilosophie, minder kühn in ihren Speculationen und phantastischen Gebilden, trat endlich der forschenden Empirie näher auf dem sicheren Wege der Induction. Ein mühevolles Streben nach Anhäufung des Stoffes hatte eine gewisse Polymathie nothwendig gemacht; und wenn auch das vielseitige Wissen in den Arbeiten ausgezeichneter Denker wohlthätige Früchte darbot, so zeigte sich dasselbe doch, bei der hingesunkenen Schöpfungskraft der Hellenen, nur zu oft von Geistlosigkeit und nüchterner Erudition begleitet. Auch haben Mangel an Pflege der Form wie an Lebendigkeit und Anmuth der Diction dazu beigetragen die alexandrinische Gelehrsamkeit strengen Urtheilen der Nachwelt auszusetzen.

Es ist diesen Blättern vorbehalten hauptsächlich das hervorzuheben, was die Epoche der Ptolemäer durch das Zusammenwirken äußerer Verhältnisse, durch Stiftung und planmäßige Ausstattung zweier großer Anstalten (des alexandrinischen Museums und zweier Büchersammlungen im Bruchium26 und in Rhakotis), durch die collegialische Annäherung so vieler Gelehrten, die ein praktischer Sinn belebte, geleistet hat. Das encyclopädische Wissen erleichterte die Vergleichung des Beobachteten, die Verallgemeinerung von Naturansichten. Das große wissenschaftliche

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[206/0211] des längst Gesammelten. Nachdem, so viele Jahrhunderte hindurch, bis zum mächtigen Auftreten des Aristoteles, die Naturerscheinungen, jeder scharfen Beobachtung entzogen, in ihrer Deutung der alleinigen Herrschaft der Ideen, ja der Willkühr dumpfer Ahndungen und wandelbarer Hypothesen anheim gefallen waren, offenbarte sich jetzt eine höhere Achtung für das empirische Wissen. Man untersuchte und sichtete, was man besaß. Die Naturphilosophie, minder kühn in ihren Speculationen und phantastischen Gebilden, trat endlich der forschenden Empirie näher auf dem sicheren Wege der Induction. Ein mühevolles Streben nach Anhäufung des Stoffes hatte eine gewisse Polymathie nothwendig gemacht; und wenn auch das vielseitige Wissen in den Arbeiten ausgezeichneter Denker wohlthätige Früchte darbot, so zeigte sich dasselbe doch, bei der hingesunkenen Schöpfungskraft der Hellenen, nur zu oft von Geistlosigkeit und nüchterner Erudition begleitet. Auch haben Mangel an Pflege der Form wie an Lebendigkeit und Anmuth der Diction dazu beigetragen die alexandrinische Gelehrsamkeit strengen Urtheilen der Nachwelt auszusetzen. Es ist diesen Blättern vorbehalten hauptsächlich das hervorzuheben, was die Epoche der Ptolemäer durch das Zusammenwirken äußerer Verhältnisse, durch Stiftung und planmäßige Ausstattung zweier großer Anstalten (des alexandrinischen Museums und zweier Büchersammlungen im Bruchium ²⁶ und in Rhakotis), durch die collegialische Annäherung so vieler Gelehrten, die ein praktischer Sinn belebte, geleistet hat. Das encyclopädische Wissen erleichterte die Vergleichung des Beobachteten, die Verallgemeinerung von Naturansichten. Das große wissenschaftliche

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/211>, abgerufen am 24.11.2024.