Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

Verkehr auch die Waaren der östlichen Küste der indischen Halbinsel, ja selbst das Gold der fernen Chryse (Borneo?) zusammenflossen. Die Ehre dies neue System der indischen Schifffahrt zuerst in Anwendung gebracht zu haben wird einem übrigens unbekannten Seemanne Hippalus zugeschrieben, dessen Zeitalter21 zweifelhaft ist.

In die Geschichte der Weltanschauung gehört die Aufzählung aller Mittel, durch welche die Völker sich genähert, große Theile des Erdkreises zugänglicher geworden, die Erkenntniß-Sphären der Menschheit erweitert worden sind. Unter diesen Mitteln ist eines der großartigsten gewesen die materielle Eröffnung einer Wasserstraße vom rothen zum mittelländischen Meere vermittelst des Nils. Wo zwei kaum zusammenhangende Continental-Massen die tiefsten maritimen Einschnitte darbieten, hatte, wenn auch nicht der große Sesostris (Ramses-Miamen), welchem Aristoteles und Strabo es zuschreiben, doch Necho (Neku) die Ausgrabung eines Canals begonnen, aber, durch priesterliche Orakelsprüche geschreckt, wiederum aufgegeben. Herodot sah und beschrieb einen vollendeten, der etwas oberhalb Bubastus in den Nil einmündete, ein Werk des Achämeniden Darius Hystaspis. Wieder in Verfall gerathen, ward endlich dieser Canal von Ptolemäus Philadelphus so vollkommen hergestellt, daß er, wenn auch nicht, trotz seiner künstlichen Schleuseneinrichtung, zu jeder Jahreszeit schiffbar, doch bis zu der Römer Herrschaft, bis Marc-Aurel, vielleicht bis Septimius Severus, also über vier und ein halbes Jahrhundert, den äthiopischen, arabischen und indischen Handel belebte. Zu denselben Zwecken des Völkerverkehrs durch das rothe Meer wurde der Hafenbau in Myos Hormos und Berenice sorgsam

Verkehr auch die Waaren der östlichen Küste der indischen Halbinsel, ja selbst das Gold der fernen Chryse (Borneo?) zusammenflossen. Die Ehre dies neue System der indischen Schifffahrt zuerst in Anwendung gebracht zu haben wird einem übrigens unbekannten Seemanne Hippalus zugeschrieben, dessen Zeitalter21 zweifelhaft ist.

In die Geschichte der Weltanschauung gehört die Aufzählung aller Mittel, durch welche die Völker sich genähert, große Theile des Erdkreises zugänglicher geworden, die Erkenntniß-Sphären der Menschheit erweitert worden sind. Unter diesen Mitteln ist eines der großartigsten gewesen die materielle Eröffnung einer Wasserstraße vom rothen zum mittelländischen Meere vermittelst des Nils. Wo zwei kaum zusammenhangende Continental-Massen die tiefsten maritimen Einschnitte darbieten, hatte, wenn auch nicht der große Sesostris (Ramses-Miamen), welchem Aristoteles und Strabo es zuschreiben, doch Necho (Neku) die Ausgrabung eines Canals begonnen, aber, durch priesterliche Orakelsprüche geschreckt, wiederum aufgegeben. Herodot sah und beschrieb einen vollendeten, der etwas oberhalb Bubastus in den Nil einmündete, ein Werk des Achämeniden Darius Hystaspis. Wieder in Verfall gerathen, ward endlich dieser Canal von Ptolemäus Philadelphus so vollkommen hergestellt, daß er, wenn auch nicht, trotz seiner künstlichen Schleuseneinrichtung, zu jeder Jahreszeit schiffbar, doch bis zu der Römer Herrschaft, bis Marc-Aurel, vielleicht bis Septimius Severus, also über vier und ein halbes Jahrhundert, den äthiopischen, arabischen und indischen Handel belebte. Zu denselben Zwecken des Völkerverkehrs durch das rothe Meer wurde der Hafenbau in Myos Hormos und Berenice sorgsam

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0209" n="204"/>
Verkehr auch die Waaren der östlichen Küste der indischen Halbinsel, ja selbst das Gold der fernen Chryse (Borneo?) zusammenflossen. Die Ehre dies neue System der indischen Schifffahrt zuerst in Anwendung gebracht zu haben wird einem übrigens unbekannten Seemanne Hippalus zugeschrieben, dessen Zeitalter<note xml:id="ftn260" next="#ftn260-text" place="end" n="21"/> zweifelhaft ist.</p>
              <p>In die Geschichte der Weltanschauung gehört die Aufzählung aller Mittel, durch welche die Völker sich genähert, große Theile des Erdkreises zugänglicher geworden, die Erkenntniß-Sphären der Menschheit erweitert worden sind. Unter diesen Mitteln ist eines der großartigsten gewesen die materielle Eröffnung einer Wasserstraße vom rothen zum mittelländischen Meere vermittelst des Nils. Wo zwei kaum zusammenhangende Continental-Massen die tiefsten maritimen Einschnitte darbieten, hatte, wenn auch nicht der große Sesostris (Ramses-Miamen), welchem Aristoteles und Strabo es zuschreiben, doch Necho (Neku) die Ausgrabung eines Canals begonnen, aber, durch priesterliche Orakelsprüche geschreckt, wiederum aufgegeben. Herodot sah und beschrieb einen vollendeten, der etwas oberhalb Bubastus in den Nil einmündete, ein Werk des Achämeniden Darius Hystaspis. Wieder in Verfall gerathen, ward endlich dieser Canal von Ptolemäus Philadelphus so vollkommen hergestellt, daß er, wenn auch nicht, trotz seiner künstlichen Schleuseneinrichtung, zu jeder Jahreszeit schiffbar, doch bis zu der Römer Herrschaft, bis Marc-Aurel, vielleicht bis Septimius Severus, also über vier und ein halbes Jahrhundert, den äthiopischen, arabischen und indischen Handel belebte. Zu denselben Zwecken des Völkerverkehrs durch das rothe Meer wurde der Hafenbau in Myos Hormos und Berenice sorgsam
</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[204/0209] Verkehr auch die Waaren der östlichen Küste der indischen Halbinsel, ja selbst das Gold der fernen Chryse (Borneo?) zusammenflossen. Die Ehre dies neue System der indischen Schifffahrt zuerst in Anwendung gebracht zu haben wird einem übrigens unbekannten Seemanne Hippalus zugeschrieben, dessen Zeitalter ²¹ zweifelhaft ist. In die Geschichte der Weltanschauung gehört die Aufzählung aller Mittel, durch welche die Völker sich genähert, große Theile des Erdkreises zugänglicher geworden, die Erkenntniß-Sphären der Menschheit erweitert worden sind. Unter diesen Mitteln ist eines der großartigsten gewesen die materielle Eröffnung einer Wasserstraße vom rothen zum mittelländischen Meere vermittelst des Nils. Wo zwei kaum zusammenhangende Continental-Massen die tiefsten maritimen Einschnitte darbieten, hatte, wenn auch nicht der große Sesostris (Ramses-Miamen), welchem Aristoteles und Strabo es zuschreiben, doch Necho (Neku) die Ausgrabung eines Canals begonnen, aber, durch priesterliche Orakelsprüche geschreckt, wiederum aufgegeben. Herodot sah und beschrieb einen vollendeten, der etwas oberhalb Bubastus in den Nil einmündete, ein Werk des Achämeniden Darius Hystaspis. Wieder in Verfall gerathen, ward endlich dieser Canal von Ptolemäus Philadelphus so vollkommen hergestellt, daß er, wenn auch nicht, trotz seiner künstlichen Schleuseneinrichtung, zu jeder Jahreszeit schiffbar, doch bis zu der Römer Herrschaft, bis Marc-Aurel, vielleicht bis Septimius Severus, also über vier und ein halbes Jahrhundert, den äthiopischen, arabischen und indischen Handel belebte. Zu denselben Zwecken des Völkerverkehrs durch das rothe Meer wurde der Hafenbau in Myos Hormos und Berenice sorgsam

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/209
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/209>, abgerufen am 22.11.2024.