Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.Pflanzenwelt zugewandt. Eine edle und zugleich etwas größere Composition ist das Frühlings-Idyllium des Meleager von Gadara in Cölesyrien.14 Schon des alten Rufes der Gegend wegen muß ich der Schilderung des Waldthales von Tempe erwähnen, welche Aelian15 wahrscheinlich nach dem Vorbilde des Dicäarchus entworfen hat. Es ist das Ausführlichste, was uns von Naturbeschreibungen aus den griechischen Prosaikern erhalten ist, topographisch freilich, aber doch auch malerisch zugleich; denn das schattige Thal wird belebt durch den pythischen Aufzug (theoria), "welcher vom heiligen Lorbeer die sühnenden Zweige bricht". In der späten byzantinischen Zeit, seit dem Ende des vierten Jahrhunderts, sehen wir landschaftliche Schilderungen schon häufiger in die Romane der griechischen Prosaiker eingewebt. Durch diese Schilderungen zeichnet sich der Schäferroman des Longus16 aus, in welchem aber doch zarte Lebensbilder den Ausdruck der Naturgefühle weit übertreffen. Es war nicht der Zweck dieser Blätter mehr zu liefern, als was durch specielle Erinnerung an einzelne Kunstformen die allgemeinen Betrachtungen über die dichterische Auffassung der Außenwelt zu erläutern vermag. Ich würde schon den Blüthenkreis des hellenischen Alterthums verlassen, wenn in einem Werke, dem ich gewagt den Namen Kosmos vorzusetzen, mit Stillschweigen die Naturschilderung übergangen werden dürfte, mit der das Pseudo-Aristotelische Buch vom Kosmos (oder von der Weltordnung) anhebt. Es zeigt uns dieselbe "den Erdball mit üppigem Pflanzenwuchse geschmückt, reich bewässert und (als das Preiswürdigste) von denkenden Wesen bewohnt".17 Die rhetorische Färbung eines Pflanzenwelt zugewandt. Eine edle und zugleich etwas größere Composition ist das Frühlings-Idyllium des Meleager von Gadara in Cölesyrien.14 Schon des alten Rufes der Gegend wegen muß ich der Schilderung des Waldthales von Tempe erwähnen, welche Aelian15 wahrscheinlich nach dem Vorbilde des Dicäarchus entworfen hat. Es ist das Ausführlichste, was uns von Naturbeschreibungen aus den griechischen Prosaikern erhalten ist, topographisch freilich, aber doch auch malerisch zugleich; denn das schattige Thal wird belebt durch den pythischen Aufzug (theoria), „welcher vom heiligen Lorbeer die sühnenden Zweige bricht". In der späten byzantinischen Zeit, seit dem Ende des vierten Jahrhunderts, sehen wir landschaftliche Schilderungen schon häufiger in die Romane der griechischen Prosaiker eingewebt. Durch diese Schilderungen zeichnet sich der Schäferroman des Longus16 aus, in welchem aber doch zarte Lebensbilder den Ausdruck der Naturgefühle weit übertreffen. Es war nicht der Zweck dieser Blätter mehr zu liefern, als was durch specielle Erinnerung an einzelne Kunstformen die allgemeinen Betrachtungen über die dichterische Auffassung der Außenwelt zu erläutern vermag. Ich würde schon den Blüthenkreis des hellenischen Alterthums verlassen, wenn in einem Werke, dem ich gewagt den Namen Kosmos vorzusetzen, mit Stillschweigen die Naturschilderung übergangen werden dürfte, mit der das Pseudo-Aristotelische Buch vom Kosmos (oder von der Weltordnung) anhebt. Es zeigt uns dieselbe „den Erdball mit üppigem Pflanzenwuchse geschmückt, reich bewässert und (als das Preiswürdigste) von denkenden Wesen bewohnt".17 Die rhetorische Färbung eines <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0019" n="14"/> Pflanzenwelt zugewandt. Eine edle und zugleich etwas größere Composition ist das Frühlings-Idyllium des Meleager von Gadara in Cölesyrien.<note xml:id="ftn13" next="#ftn13-text" place="end" n="14"/> </p> <p>Schon des alten Rufes der Gegend wegen muß ich der Schilderung des Waldthales von Tempe erwähnen, welche Aelian<note xml:id="ftn14" next="#ftn14-text" place="end" n="15"/> wahrscheinlich nach dem Vorbilde des Dicäarchus entworfen hat. Es ist das Ausführlichste, was uns von Naturbeschreibungen aus den griechischen Prosaikern erhalten ist, topographisch freilich, aber doch auch malerisch zugleich; denn das schattige Thal wird belebt durch den pythischen Aufzug (theoria), „welcher vom heiligen Lorbeer die sühnenden Zweige bricht". In der späten byzantinischen Zeit, seit dem Ende des vierten Jahrhunderts, sehen wir landschaftliche Schilderungen schon häufiger in die Romane der griechischen Prosaiker eingewebt. Durch diese Schilderungen zeichnet sich der Schäferroman des Longus<note xml:id="ftn15" next="#ftn15-text" place="end" n="16"/> aus, in welchem aber doch zarte <hi rendition="#g">Lebensbilder</hi> den Ausdruck der <hi rendition="#g">Naturgefühle</hi> weit übertreffen.</p> <p>Es war nicht der Zweck dieser Blätter mehr zu liefern, als was durch specielle Erinnerung an einzelne Kunstformen die allgemeinen Betrachtungen über die dichterische Auffassung der Außenwelt zu erläutern vermag. Ich würde schon den Blüthenkreis des hellenischen Alterthums verlassen, wenn in einem Werke, dem ich gewagt den Namen <hi rendition="#g">Kosmos</hi> vorzusetzen, mit Stillschweigen die Naturschilderung übergangen werden dürfte, mit der das Pseudo-Aristotelische Buch vom Kosmos (oder von der <hi rendition="#g">Weltordnung)</hi> anhebt. Es zeigt uns dieselbe „den Erdball mit üppigem Pflanzenwuchse geschmückt, reich bewässert und (als das Preiswürdigste) von denkenden Wesen bewohnt".<note xml:id="ftn16" next="#ftn16-text" place="end" n="17"/> Die rhetorische Färbung eines </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [14/0019]
Pflanzenwelt zugewandt. Eine edle und zugleich etwas größere Composition ist das Frühlings-Idyllium des Meleager von Gadara in Cölesyrien.
¹⁴
Schon des alten Rufes der Gegend wegen muß ich der Schilderung des Waldthales von Tempe erwähnen, welche Aelian
¹⁵
wahrscheinlich nach dem Vorbilde des Dicäarchus entworfen hat. Es ist das Ausführlichste, was uns von Naturbeschreibungen aus den griechischen Prosaikern erhalten ist, topographisch freilich, aber doch auch malerisch zugleich; denn das schattige Thal wird belebt durch den pythischen Aufzug (theoria), „welcher vom heiligen Lorbeer die sühnenden Zweige bricht". In der späten byzantinischen Zeit, seit dem Ende des vierten Jahrhunderts, sehen wir landschaftliche Schilderungen schon häufiger in die Romane der griechischen Prosaiker eingewebt. Durch diese Schilderungen zeichnet sich der Schäferroman des Longus
¹⁶
aus, in welchem aber doch zarte Lebensbilder den Ausdruck der Naturgefühle weit übertreffen.
Es war nicht der Zweck dieser Blätter mehr zu liefern, als was durch specielle Erinnerung an einzelne Kunstformen die allgemeinen Betrachtungen über die dichterische Auffassung der Außenwelt zu erläutern vermag. Ich würde schon den Blüthenkreis des hellenischen Alterthums verlassen, wenn in einem Werke, dem ich gewagt den Namen Kosmos vorzusetzen, mit Stillschweigen die Naturschilderung übergangen werden dürfte, mit der das Pseudo-Aristotelische Buch vom Kosmos (oder von der Weltordnung) anhebt. Es zeigt uns dieselbe „den Erdball mit üppigem Pflanzenwuchse geschmückt, reich bewässert und (als das Preiswürdigste) von denkenden Wesen bewohnt".
¹⁷
Die rhetorische Färbung eines
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen
(2013-04-18T11:04:31Z)
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |