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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.

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Vor der dorischen und äolischen Wanderung war das böotische Orchomenos, nahe dem nördlichsten Ende des Sees Kopais, ein durch Handelsverkehr reicher Seestaat der Minyer. Die Argofahrt aber begann in Jolkos, dem Hauptsitz der thessalischen Minyer am pagasetischen Meerbusen. Zu verschiedenen Zeiten mannigfach umgestaltet, hat sich das Local der Sage, als Ziel und Endpunkt des Unternehmens59, statt des unbestimmten Fernlandes Aea, an die Mündung des Phasis (Rion) und an Kolchis, einen Sitz älterer Cultur, gebunden. Die Seefahrten der Milesier und ihre zahlreichen Pflanzstädte am Pontus verschafften eine genauere Kenntniß von der Ost- und Nordgrenze des Meeres. Sie gaben dem geographischen Theile der Mythe bestimmtere Umrisse. Eine wichtige Reihe neuer Ansichten bot sich gleichzeitig dar. Von dem nahen caspischen Meere kannte man lange nur das westliche Gestade: noch Hecatäus hält dies westliche Gestade60 für das des kreisenden östlichen Weltmeeres selbst. Erst der ehrwürdige Vater der Geschichte lehrte (was nach ihm sechs Jahrhunderte lang, bis Ptolemäus, wiederum bestritten ward), daß das caspische Meer ein von allen Seiten geschlossenes Becken sei.

Auch der Völkerkunde ward in dem nordöstlichen Winkel des schwarzen Meeres ein weites Feld eröffnet. Man erstaunte über die Vielzüngigkeit der Stämme61, und das Bedürfniß geschickter Dolmetscher (der ersten Hülfsmittel und roher Werkzeuge vergleichender Sprachkunde) wurde hier lebhaft gefühlt. Tauschhandel leitete von dem, übermäßig groß geglaubten mäotischen Busen durch die Steppe, in welcher jetzt die mittlere Kirghisen-Horde weidet, durch eine Kette scythisch-scolotischer Völkerschaften (ich

Vor der dorischen und äolischen Wanderung war das böotische Orchomenos, nahe dem nördlichsten Ende des Sees Kopais, ein durch Handelsverkehr reicher Seestaat der Minyer. Die Argofahrt aber begann in Jolkos, dem Hauptsitz der thessalischen Minyer am pagasetischen Meerbusen. Zu verschiedenen Zeiten mannigfach umgestaltet, hat sich das Local der Sage, als Ziel und Endpunkt des Unternehmens59, statt des unbestimmten Fernlandes Aea, an die Mündung des Phasis (Rion) und an Kolchis, einen Sitz älterer Cultur, gebunden. Die Seefahrten der Milesier und ihre zahlreichen Pflanzstädte am Pontus verschafften eine genauere Kenntniß von der Ost- und Nordgrenze des Meeres. Sie gaben dem geographischen Theile der Mythe bestimmtere Umrisse. Eine wichtige Reihe neuer Ansichten bot sich gleichzeitig dar. Von dem nahen caspischen Meere kannte man lange nur das westliche Gestade: noch Hecatäus hält dies westliche Gestade60 für das des kreisenden östlichen Weltmeeres selbst. Erst der ehrwürdige Vater der Geschichte lehrte (was nach ihm sechs Jahrhunderte lang, bis Ptolemäus, wiederum bestritten ward), daß das caspische Meer ein von allen Seiten geschlossenes Becken sei.

Auch der Völkerkunde ward in dem nordöstlichen Winkel des schwarzen Meeres ein weites Feld eröffnet. Man erstaunte über die Vielzüngigkeit der Stämme61, und das Bedürfniß geschickter Dolmetscher (der ersten Hülfsmittel und roher Werkzeuge vergleichender Sprachkunde) wurde hier lebhaft gefühlt. Tauschhandel leitete von dem, übermäßig groß geglaubten mäotischen Busen durch die Steppe, in welcher jetzt die mittlere Kirghisen-Horde weidet, durch eine Kette scythisch-scolotischer Völkerschaften (ich

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[175/0180] Vor der dorischen und äolischen Wanderung war das böotische Orchomenos, nahe dem nördlichsten Ende des Sees Kopais, ein durch Handelsverkehr reicher Seestaat der Minyer. Die Argofahrt aber begann in Jolkos, dem Hauptsitz der thessalischen Minyer am pagasetischen Meerbusen. Zu verschiedenen Zeiten mannigfach umgestaltet, hat sich das Local der Sage, als Ziel und Endpunkt des Unternehmens ⁵⁹ , statt des unbestimmten Fernlandes Aea, an die Mündung des Phasis (Rion) und an Kolchis, einen Sitz älterer Cultur, gebunden. Die Seefahrten der Milesier und ihre zahlreichen Pflanzstädte am Pontus verschafften eine genauere Kenntniß von der Ost- und Nordgrenze des Meeres. Sie gaben dem geographischen Theile der Mythe bestimmtere Umrisse. Eine wichtige Reihe neuer Ansichten bot sich gleichzeitig dar. Von dem nahen caspischen Meere kannte man lange nur das westliche Gestade: noch Hecatäus hält dies westliche Gestade ⁶⁰ für das des kreisenden östlichen Weltmeeres selbst. Erst der ehrwürdige Vater der Geschichte lehrte (was nach ihm sechs Jahrhunderte lang, bis Ptolemäus, wiederum bestritten ward), daß das caspische Meer ein von allen Seiten geschlossenes Becken sei. Auch der Völkerkunde ward in dem nordöstlichen Winkel des schwarzen Meeres ein weites Feld eröffnet. Man erstaunte über die Vielzüngigkeit der Stämme ⁶¹ , und das Bedürfniß geschickter Dolmetscher (der ersten Hülfsmittel und roher Werkzeuge vergleichender Sprachkunde) wurde hier lebhaft gefühlt. Tauschhandel leitete von dem, übermäßig groß geglaubten mäotischen Busen durch die Steppe, in welcher jetzt die mittlere Kirghisen-Horde weidet, durch eine Kette scythisch-scolotischer Völkerschaften (ich

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/180>, abgerufen am 27.11.2024.