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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.

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Jahrtausende. In diesem Sinne wären Naturbeschreibung und Naturgeschichte nicht gänzlich von einander zu trennen. Der Geognost kann die Gegenwart nicht ohne die Vergangenheit fassen. Beide durchdringen und verschmelzen sich in dem Naturbilde des Erdkörpers, wie, im weiten Gebiete der Sprachen, der Etymologe in dem dermaligen Zustande grammatischer Formen ihr Werden und progressives Gestalten, ja die ganze sprachbildende Vergangenheit in der Gegenwart abgespiegelt findet. In der materiellen Welt aber ist diese Abspiegelung des Gewesenen um so klarer, als wir analoge Producte unter unseren Augen sich bilden sehen. Unter den Gebirgsarten, um ein Beispiel der Geognosie zu entlehnen, beleben Trachyt-Kegel, Basalt, Bimsstein-Schichten und schlackige Mandelsteine auf eigenthümliche Weise die Landschaft. Sie wirken auf unsere Einbildungskraft wie Erzählungen aus der Vorwelt. Ihre Form ist ihre Geschichte.

Das Sein wird in seinem Umfang und inneren Sein vollständig erst als ein Gewordenes erkannt. Von dieser ursprünglichen Verschmelzung der Begriffe zeugt das classische Alterthum in dem Gebrauche des Worts: Historie bei Griechen und Römern. Wenn auch nicht in der Definition, die Verrius Flaccus11 giebt, so ist doch in den zoologischen Schriften des Aristoteles Historie eine Erzählung von dem Erforschten, dem sinnlich Wahrgenommenen. Die physische Weltbeschreibung des älteren Plinius führt den Titel einer Historia naturalis; in den Briefen des Neffen wird sie edler eine "Geschichte der Natur" genannt. Im classischen Alterthum trennen die frühesten Historiker noch wenig die Länderbeschreibung von der Darstellung der Begebenheiten, deren Schauplatz die beschriebenen Länder gewesen sind.

Jahrtausende. In diesem Sinne wären Naturbeschreibung und Naturgeschichte nicht gänzlich von einander zu trennen. Der Geognost kann die Gegenwart nicht ohne die Vergangenheit fassen. Beide durchdringen und verschmelzen sich in dem Naturbilde des Erdkörpers, wie, im weiten Gebiete der Sprachen, der Etymologe in dem dermaligen Zustande grammatischer Formen ihr Werden und progressives Gestalten, ja die ganze sprachbildende Vergangenheit in der Gegenwart abgespiegelt findet. In der materiellen Welt aber ist diese Abspiegelung des Gewesenen um so klarer, als wir analoge Producte unter unseren Augen sich bilden sehen. Unter den Gebirgsarten, um ein Beispiel der Geognosie zu entlehnen, beleben Trachyt-Kegel, Basalt, Bimsstein-Schichten und schlackige Mandelsteine auf eigenthümliche Weise die Landschaft. Sie wirken auf unsere Einbildungskraft wie Erzählungen aus der Vorwelt. Ihre Form ist ihre Geschichte.

Das Sein wird in seinem Umfang und inneren Sein vollständig erst als ein Gewordenes erkannt. Von dieser ursprünglichen Verschmelzung der Begriffe zeugt das classische Alterthum in dem Gebrauche des Worts: Historie bei Griechen und Römern. Wenn auch nicht in der Definition, die Verrius Flaccus11 giebt, so ist doch in den zoologischen Schriften des Aristoteles Historie eine Erzählung von dem Erforschten, dem sinnlich Wahrgenommenen. Die physische Weltbeschreibung des älteren Plinius führt den Titel einer Historia naturalis; in den Briefen des Neffen wird sie edler eine „Geschichte der Natur“ genannt. Im classischen Alterthum trennen die frühesten Historiker noch wenig die Länderbeschreibung von der Darstellung der Begebenheiten, deren Schauplatz die beschriebenen Länder gewesen sind.

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[64/0083] Jahrtausende. In diesem Sinne wären Naturbeschreibung und Naturgeschichte nicht gänzlich von einander zu trennen. Der Geognost kann die Gegenwart nicht ohne die Vergangenheit fassen. Beide durchdringen und verschmelzen sich in dem Naturbilde des Erdkörpers, wie, im weiten Gebiete der Sprachen, der Etymologe in dem dermaligen Zustande grammatischer Formen ihr Werden und progressives Gestalten, ja die ganze sprachbildende Vergangenheit in der Gegenwart abgespiegelt findet. In der materiellen Welt aber ist diese Abspiegelung des Gewesenen um so klarer, als wir analoge Producte unter unseren Augen sich bilden sehen. Unter den Gebirgsarten, um ein Beispiel der Geognosie zu entlehnen, beleben Trachyt-Kegel, Basalt, Bimsstein-Schichten und schlackige Mandelsteine auf eigenthümliche Weise die Landschaft. Sie wirken auf unsere Einbildungskraft wie Erzählungen aus der Vorwelt. Ihre Form ist ihre Geschichte. Das Sein wird in seinem Umfang und inneren Sein vollständig erst als ein Gewordenes erkannt. Von dieser ursprünglichen Verschmelzung der Begriffe zeugt das classische Alterthum in dem Gebrauche des Worts: Historie bei Griechen und Römern. Wenn auch nicht in der Definition, die Verrius Flaccus ¹¹ giebt, so ist doch in den zoologischen Schriften des Aristoteles Historie eine Erzählung von dem Erforschten, dem sinnlich Wahrgenommenen. Die physische Weltbeschreibung des älteren Plinius führt den Titel einer Historia naturalis; in den Briefen des Neffen wird sie edler eine „Geschichte der Natur“ genannt. Im classischen Alterthum trennen die frühesten Historiker noch wenig die Länderbeschreibung von der Darstellung der Begebenheiten, deren Schauplatz die beschriebenen Länder gewesen sind.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/83>, abgerufen am 22.11.2024.