Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

Bodens zwischen den Breitengraden von 28°1/2 bis 40°, zwischen dem Himalaya, dem nordtübetischen Kuen-lün und dem Himmelsgebirge, compensirt. Man liest gewissermaßen in den gefundenen Zahlen, wo die plutonischen Mächte des inneren Erdkörpers am stärksten in der Hebung der Continentalmassen gewirkt haben.

Nichts kann uns Sicherheit geben, daß jene plutonischen Mächte im Lauf kommender Jahrhunderte den von Elie de Beaumont bisher aufgezählten Bergsystemen verschiedenen Alters und verschiedener Richtung nicht neue hinzufügen werden. Warum sollte die Erdrinde schon die Eigenschaft sich zu falten verloren haben? Die fast zuletzt hervorgetretenen Gebirgssysteme der Alpen und der Andeskette haben im Montblanc und Monte Rosa, im Sorata, Illimani und Chimborazo Colosse gehoben, welche eben nicht auf eine Abnahme in der Intensität der unterirdischen Kräfte schließen lassen. Alle geognostische Phänomene deuten auf periodische Wechsel von Thätigkeit und Ruhe.31 Die Ruhe, die wir genießen, ist nur eine scheinbare. Das Erbeben, welches die Oberfläche unter allen Himmelsstrichen, in jeglicher Art des Gesteins erschüttert, das aufsteigende Schweden, die Entstehung neuer Ausbruch-Inseln zeugen eben nicht für ein stilles Erdenleben.

Die beiden Umhüllungen der starren Oberfläche unsres Planeten, die tropfbar-flüssige und die luftförmige, bieten, neben den Contrasten, welche aus der großen Verschiedenheit ihres Aggregat- und Elasticitätszustandes entstehen, auch, wegen der Verschiebbarkeit der Theile, durch ihre Strömungen und ihre Temperatur-Verhältnisse, mannigfaltige Analogien dar. Die Tiefe des Oceans und des

Bodens zwischen den Breitengraden von 28°½ bis 40°, zwischen dem Himalaya, dem nordtübetischen Kuen-lün und dem Himmelsgebirge, compensirt. Man liest gewissermaßen in den gefundenen Zahlen, wo die plutonischen Mächte des inneren Erdkörpers am stärksten in der Hebung der Continentalmassen gewirkt haben.

Nichts kann uns Sicherheit geben, daß jene plutonischen Mächte im Lauf kommender Jahrhunderte den von Elie de Beaumont bisher aufgezählten Bergsystemen verschiedenen Alters und verschiedener Richtung nicht neue hinzufügen werden. Warum sollte die Erdrinde schon die Eigenschaft sich zu falten verloren haben? Die fast zuletzt hervorgetretenen Gebirgssysteme der Alpen und der Andeskette haben im Montblanc und Monte Rosa, im Sorata, Illimani und Chimborazo Colosse gehoben, welche eben nicht auf eine Abnahme in der Intensität der unterirdischen Kräfte schließen lassen. Alle geognostische Phänomene deuten auf periodische Wechsel von Thätigkeit und Ruhe.31 Die Ruhe, die wir genießen, ist nur eine scheinbare. Das Erbeben, welches die Oberfläche unter allen Himmelsstrichen, in jeglicher Art des Gesteins erschüttert, das aufsteigende Schweden, die Entstehung neuer Ausbruch-Inseln zeugen eben nicht für ein stilles Erdenleben.

Die beiden Umhüllungen der starren Oberfläche unsres Planeten, die tropfbar-flüssige und die luftförmige, bieten, neben den Contrasten, welche aus der großen Verschiedenheit ihres Aggregat- und Elasticitätszustandes entstehen, auch, wegen der Verschiebbarkeit der Theile, durch ihre Strömungen und ihre Temperatur-Verhältnisse, mannigfaltige Analogien dar. Die Tiefe des Oceans und des

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0339" n="320"/>
Bodens zwischen den Breitengraden von 28°½ bis 40°, zwischen dem Himalaya, dem nordtübetischen Kuen-lün und dem Himmelsgebirge, compensirt. Man liest gewissermaßen in den gefundenen Zahlen, wo die plutonischen Mächte des inneren Erdkörpers am stärksten in der Hebung der Continentalmassen gewirkt haben.</p>
          <p>Nichts kann uns Sicherheit geben, daß jene plutonischen Mächte im Lauf kommender Jahrhunderte den von Elie de Beaumont bisher aufgezählten Bergsystemen verschiedenen Alters und verschiedener Richtung nicht neue hinzufügen werden. Warum sollte die Erdrinde schon die Eigenschaft sich zu <hi rendition="#g">falten</hi> verloren haben? Die fast zuletzt hervorgetretenen Gebirgssysteme der Alpen und der Andeskette haben im Montblanc und Monte Rosa, im Sorata, Illimani und Chimborazo Colosse gehoben, welche eben nicht auf eine Abnahme in der Intensität der unterirdischen Kräfte schließen lassen. Alle geognostische Phänomene deuten auf periodische Wechsel von Thätigkeit und Ruhe.<note place="end" n="31" xml:id="ftn361" next="#ftn361-text"/> Die Ruhe, die wir genießen, ist nur eine scheinbare. Das Erbeben, welches die Oberfläche unter allen Himmelsstrichen, in jeglicher Art des Gesteins erschüttert, das aufsteigende Schweden, die Entstehung neuer Ausbruch-Inseln zeugen eben nicht für ein stilles Erdenleben.</p>
          <p>Die beiden Umhüllungen der starren Oberfläche unsres Planeten, die <hi rendition="#g">tropfbar-flüssige</hi> und die <hi rendition="#g">luftförmige,</hi> bieten, neben den Contrasten, welche aus der großen Verschiedenheit ihres Aggregat- und Elasticitätszustandes entstehen, auch, wegen der Verschiebbarkeit der Theile, durch ihre Strömungen und ihre Temperatur-Verhältnisse, mannigfaltige Analogien dar. Die Tiefe des Oceans und des
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[320/0339] Bodens zwischen den Breitengraden von 28°½ bis 40°, zwischen dem Himalaya, dem nordtübetischen Kuen-lün und dem Himmelsgebirge, compensirt. Man liest gewissermaßen in den gefundenen Zahlen, wo die plutonischen Mächte des inneren Erdkörpers am stärksten in der Hebung der Continentalmassen gewirkt haben. Nichts kann uns Sicherheit geben, daß jene plutonischen Mächte im Lauf kommender Jahrhunderte den von Elie de Beaumont bisher aufgezählten Bergsystemen verschiedenen Alters und verschiedener Richtung nicht neue hinzufügen werden. Warum sollte die Erdrinde schon die Eigenschaft sich zu falten verloren haben? Die fast zuletzt hervorgetretenen Gebirgssysteme der Alpen und der Andeskette haben im Montblanc und Monte Rosa, im Sorata, Illimani und Chimborazo Colosse gehoben, welche eben nicht auf eine Abnahme in der Intensität der unterirdischen Kräfte schließen lassen. Alle geognostische Phänomene deuten auf periodische Wechsel von Thätigkeit und Ruhe. ³¹ Die Ruhe, die wir genießen, ist nur eine scheinbare. Das Erbeben, welches die Oberfläche unter allen Himmelsstrichen, in jeglicher Art des Gesteins erschüttert, das aufsteigende Schweden, die Entstehung neuer Ausbruch-Inseln zeugen eben nicht für ein stilles Erdenleben. Die beiden Umhüllungen der starren Oberfläche unsres Planeten, die tropfbar-flüssige und die luftförmige, bieten, neben den Contrasten, welche aus der großen Verschiedenheit ihres Aggregat- und Elasticitätszustandes entstehen, auch, wegen der Verschiebbarkeit der Theile, durch ihre Strömungen und ihre Temperatur-Verhältnisse, mannigfaltige Analogien dar. Die Tiefe des Oceans und des

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/339
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/339>, abgerufen am 22.11.2024.