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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.

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gemälde auf Doppelwegen, einmal zu dem mineralogischen Theile der Geognosie (Lehre vom Gewebe und von der Folge der Erdschichten), dann zu der Gestaltung der über dem Meeresspiegel gehobenen Continente und Inselgruppen (Lehre von der geographischen Form und den Umrissen der Erdtheile) leitet. Die erweiterte Einsicht in eine solche Verkettung von Erscheinungen ist eine Folge der philosophischen Richtung, welche die ernsten Studien der Geognosie so allgemein genommen haben. Größere Ausbildung der Wissenschaften leitet, wie die politische Ausbildung des Menschengeschlechts, zur Einigung dessen, was lange getrennt blieb.

Wenn wir die Gebirgsarten nicht nach Unterschieden der Gestaltung und Reihung in geschichtete und ungeschichtete, schiefrige und massige, normale und abnorme eintheilen, sondern den Erscheinungen der Bildung und Umwandlung nachspüren, welche noch jetzt unter unseren Augen vorgehen, so finden wir einen vierfachen Entstehungs-Proceß der Gebirgsarten: 1) Eruptions-Gestein aus dem Innern der Erde, vulkanisch geschmolzen, oder in weichem, mehr oder minder zähem Zustande plutonisch ausgebrochen; 2) Sediment-Gestein, aus einer Flüssigkeit, in der die kleinsten Theile aufgelöst waren oder schwebten, an der Oberfläche der Erdrinde niedergeschlagen und abgesetzt (der größere Theil der Flöz- und Tertiärgruppe); 3) umgewandeltes (metamorphosirtes) Gestein, verändert in seinem inneren Gewebe und seiner Schichtenlage entweder durch Contact und Nähe eines plutonischen oder vulkanischen (endogenen11) Ausbruchs-Gesteins, oder, was wohl häufiger der Fall ist, verändert

gemälde auf Doppelwegen, einmal zu dem mineralogischen Theile der Geognosie (Lehre vom Gewebe und von der Folge der Erdschichten), dann zu der Gestaltung der über dem Meeresspiegel gehobenen Continente und Inselgruppen (Lehre von der geographischen Form und den Umrissen der Erdtheile) leitet. Die erweiterte Einsicht in eine solche Verkettung von Erscheinungen ist eine Folge der philosophischen Richtung, welche die ernsten Studien der Geognosie so allgemein genommen haben. Größere Ausbildung der Wissenschaften leitet, wie die politische Ausbildung des Menschengeschlechts, zur Einigung dessen, was lange getrennt blieb.

Wenn wir die Gebirgsarten nicht nach Unterschieden der Gestaltung und Reihung in geschichtete und ungeschichtete, schiefrige und massige, normale und abnorme eintheilen, sondern den Erscheinungen der Bildung und Umwandlung nachspüren, welche noch jetzt unter unseren Augen vorgehen, so finden wir einen vierfachen Entstehungs-Proceß der Gebirgsarten: 1) Eruptions-Gestein aus dem Innern der Erde, vulkanisch geschmolzen, oder in weichem, mehr oder minder zähem Zustande plutonisch ausgebrochen; 2) Sediment-Gestein, aus einer Flüssigkeit, in der die kleinsten Theile aufgelöst waren oder schwebten, an der Oberfläche der Erdrinde niedergeschlagen und abgesetzt (der größere Theil der Flöz- und Tertiärgruppe); 3) umgewandeltes (metamorphosirtes) Gestein, verändert in seinem inneren Gewebe und seiner Schichtenlage entweder durch Contact und Nähe eines plutonischen oder vulkanischen (endogenen11) Ausbruchs-Gesteins, oder, was wohl häufiger der Fall ist, verändert

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[258/0277] gemälde auf Doppelwegen, einmal zu dem mineralogischen Theile der Geognosie (Lehre vom Gewebe und von der Folge der Erdschichten), dann zu der Gestaltung der über dem Meeresspiegel gehobenen Continente und Inselgruppen (Lehre von der geographischen Form und den Umrissen der Erdtheile) leitet. Die erweiterte Einsicht in eine solche Verkettung von Erscheinungen ist eine Folge der philosophischen Richtung, welche die ernsten Studien der Geognosie so allgemein genommen haben. Größere Ausbildung der Wissenschaften leitet, wie die politische Ausbildung des Menschengeschlechts, zur Einigung dessen, was lange getrennt blieb. Wenn wir die Gebirgsarten nicht nach Unterschieden der Gestaltung und Reihung in geschichtete und ungeschichtete, schiefrige und massige, normale und abnorme eintheilen, sondern den Erscheinungen der Bildung und Umwandlung nachspüren, welche noch jetzt unter unseren Augen vorgehen, so finden wir einen vierfachen Entstehungs-Proceß der Gebirgsarten: 1) Eruptions-Gestein aus dem Innern der Erde, vulkanisch geschmolzen, oder in weichem, mehr oder minder zähem Zustande plutonisch ausgebrochen; 2) Sediment-Gestein, aus einer Flüssigkeit, in der die kleinsten Theile aufgelöst waren oder schwebten, an der Oberfläche der Erdrinde niedergeschlagen und abgesetzt (der größere Theil der Flöz- und Tertiärgruppe); 3) umgewandeltes (metamorphosirtes) Gestein, verändert in seinem inneren Gewebe und seiner Schichtenlage entweder durch Contact und Nähe eines plutonischen oder vulkanischen (endogenen ¹¹ ) Ausbruchs-Gesteins, oder, was wohl häufiger der Fall ist, verändert

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/277>, abgerufen am 27.07.2024.