Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

Entfernung (370-382 Meilen) von dem Littoral des Eismeeres und dem des indischen Oceans liege. Der Abstand des Pe-schan vom caspischen Meere ist auch noch volle 340 Meilen; von den großen Seen Issikul und Balkasch ist er 43 und 52 Meilen7. Merkwürdig scheint dabei, daß sich von den vier großen parallelen Gebirgsketten, dem Altai, dem Thian-schan, dem Kuen-lün und dem Himalaya, welche den asiatischen Continent von Osten nach Westen durchstreichen, nicht die einem Ocean nähere Gebirgskette (der Himalaya), sondern die zwei inneren (der Thian-schan und Kuen-lün), in 400 und 180 Meilen Entfernung vom Meere, feuerspeiend, wie der Aetna und Vesuv, Ammoniak erzeugend, wie die Vulkane von Guatimala, gezeigt haben. Die chinesischen Schriftsteller beschreiben auf das unverkennbarste in den Rauch- und Flammenausbrüchen des Pe-schan, die im ersten und siebenten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung die Umgegend verheerten, 10 Li lange Lavaströme. "Brennende Steinmassen", sagen sie, "flossen dünn wie geschmolzenes Fett." Die hier zusammengedrängten, bisher nicht genug beachteten Thatsachen machen es wahrscheinlich, daß Meeresnähe und das Eindringen von Meerwasser in den Heerd der Vulkane nicht unbedingt nothwendig zum Ausbrechen des unterirdischen Feuers sei; und daß das Littoral dieses Ausbrechen wohl nur deshalb befördere, weil es den Rand des tiefen Meerbeckens bildet, welches, von Wasserschichten bedeckt, einen geringeren Widerstand leistet und viele tausend Fuß tiefer liegt, als das innere und höhere Festland.

Die jetzt thätigen, durch permanente Krater gleichzeitig mit dem Inneren des Erdkörpers und mit dem Luftkreise

Entfernung (370–382 Meilen) von dem Littoral des Eismeeres und dem des indischen Oceans liege. Der Abstand des Pe-schan vom caspischen Meere ist auch noch volle 340 Meilen; von den großen Seen Issikul und Balkasch ist er 43 und 52 Meilen7. Merkwürdig scheint dabei, daß sich von den vier großen parallelen Gebirgsketten, dem Altai, dem Thian-schan, dem Kuen-lün und dem Himalaya, welche den asiatischen Continent von Osten nach Westen durchstreichen, nicht die einem Ocean nähere Gebirgskette (der Himalaya), sondern die zwei inneren (der Thian-schan und Kuen-lün), in 400 und 180 Meilen Entfernung vom Meere, feuerspeiend, wie der Aetna und Vesuv, Ammoniak erzeugend, wie die Vulkane von Guatimala, gezeigt haben. Die chinesischen Schriftsteller beschreiben auf das unverkennbarste in den Rauch- und Flammenausbrüchen des Pe-schan, die im ersten und siebenten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung die Umgegend verheerten, 10 Li lange Lavaströme. „Brennende Steinmassen“, sagen sie, „flossen dünn wie geschmolzenes Fett.“ Die hier zusammengedrängten, bisher nicht genug beachteten Thatsachen machen es wahrscheinlich, daß Meeresnähe und das Eindringen von Meerwasser in den Heerd der Vulkane nicht unbedingt nothwendig zum Ausbrechen des unterirdischen Feuers sei; und daß das Littoral dieses Ausbrechen wohl nur deshalb befördere, weil es den Rand des tiefen Meerbeckens bildet, welches, von Wasserschichten bedeckt, einen geringeren Widerstand leistet und viele tausend Fuß tiefer liegt, als das innere und höhere Festland.

Die jetzt thätigen, durch permanente Krater gleichzeitig mit dem Inneren des Erdkörpers und mit dem Luftkreise

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0274" n="255"/>
Entfernung (370&#x2013;382 Meilen) von dem Littoral des Eismeeres und dem des indischen Oceans liege. Der Abstand des Pe-schan vom caspischen Meere ist auch noch volle 340 Meilen; von den großen Seen Issikul und Balkasch ist er 43 und 52 Meilen<note place="end" n="7" xml:id="ftn237" next="#ftn237-text"/>. Merkwürdig scheint dabei, daß sich von den vier großen parallelen Gebirgsketten, dem Altai, dem Thian-schan, dem Kuen-lün und dem Himalaya, welche den asiatischen Continent von Osten nach Westen durchstreichen, nicht die einem Ocean nähere Gebirgskette (der Himalaya), sondern die zwei inneren (der Thian-schan und Kuen-lün), in 400 und 180 Meilen Entfernung vom Meere, feuerspeiend, wie der Aetna und Vesuv, Ammoniak erzeugend, wie die Vulkane von Guatimala, gezeigt haben. Die chinesischen Schriftsteller beschreiben auf das unverkennbarste in den Rauch- und Flammenausbrüchen des Pe-schan, die im ersten und siebenten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung die Umgegend verheerten, 10 Li lange <hi rendition="#g">Lavaströme.</hi> &#x201E;Brennende Steinmassen&#x201C;, sagen sie, &#x201E;flossen dünn wie geschmolzenes Fett.&#x201C; Die hier zusammengedrängten, bisher nicht genug beachteten Thatsachen machen es wahrscheinlich, daß Meeresnähe und das Eindringen von Meerwasser in den Heerd der Vulkane nicht unbedingt nothwendig zum Ausbrechen des unterirdischen Feuers sei; und daß das Littoral dieses Ausbrechen wohl nur deshalb befördere, weil es den Rand des tiefen Meerbeckens bildet, welches, von Wasserschichten bedeckt, einen geringeren Widerstand leistet und viele tausend Fuß tiefer liegt, als das innere und höhere Festland.</p>
          <p>Die jetzt thätigen, durch permanente Krater gleichzeitig mit dem Inneren des Erdkörpers und mit dem Luftkreise
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[255/0274] Entfernung (370–382 Meilen) von dem Littoral des Eismeeres und dem des indischen Oceans liege. Der Abstand des Pe-schan vom caspischen Meere ist auch noch volle 340 Meilen; von den großen Seen Issikul und Balkasch ist er 43 und 52 Meilen ⁷ . Merkwürdig scheint dabei, daß sich von den vier großen parallelen Gebirgsketten, dem Altai, dem Thian-schan, dem Kuen-lün und dem Himalaya, welche den asiatischen Continent von Osten nach Westen durchstreichen, nicht die einem Ocean nähere Gebirgskette (der Himalaya), sondern die zwei inneren (der Thian-schan und Kuen-lün), in 400 und 180 Meilen Entfernung vom Meere, feuerspeiend, wie der Aetna und Vesuv, Ammoniak erzeugend, wie die Vulkane von Guatimala, gezeigt haben. Die chinesischen Schriftsteller beschreiben auf das unverkennbarste in den Rauch- und Flammenausbrüchen des Pe-schan, die im ersten und siebenten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung die Umgegend verheerten, 10 Li lange Lavaströme. „Brennende Steinmassen“, sagen sie, „flossen dünn wie geschmolzenes Fett.“ Die hier zusammengedrängten, bisher nicht genug beachteten Thatsachen machen es wahrscheinlich, daß Meeresnähe und das Eindringen von Meerwasser in den Heerd der Vulkane nicht unbedingt nothwendig zum Ausbrechen des unterirdischen Feuers sei; und daß das Littoral dieses Ausbrechen wohl nur deshalb befördere, weil es den Rand des tiefen Meerbeckens bildet, welches, von Wasserschichten bedeckt, einen geringeren Widerstand leistet und viele tausend Fuß tiefer liegt, als das innere und höhere Festland. Die jetzt thätigen, durch permanente Krater gleichzeitig mit dem Inneren des Erdkörpers und mit dem Luftkreise

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/274
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/274>, abgerufen am 18.10.2024.