Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.
(Agave americana) richtete: genau wie der Astronom den culminirenden Stern auf das Fadenkreuz setzt. In dem Gesammtleben der physischen Natur, der organischen wie der siderischen, sind an Bewegung zugleich das Sein, die Erhaltung und das Werden geknüpft. Das Aufbrechen der Milchstraße, dessen ich oben erwähnte, bedarf hier noch einer besonderen Erläuterung. Wilhelm Herschel, der sichere und bewundernswürdige Führer in diesen Welträumen, hat durch seine Stern-Aichungen gefunden, daß die telescopische Breite der Milchstraße eine sechs bis sieben Grad größere Ausdehnung hat, als unsre Sternkarten und der dem unbewaffneten Auge sichtbare Sternschimmer verkündigen79. Die zwei glänzenden Knoten, in welchen die beiden Zweige der Zone sich vereinigen, in der Gegend des Cepheus und der Cassiopea, wie um den Scorpion und Schützen, scheinen eine kräftige Anziehung auf die benachbarten Sterne auszuüben; zwischen b und g des Schwans aber, in der glanzvollsten Region, zieht sich von 330000 Sternen, die in 5° Breite gefunden werden, die eine Hälfte nach einer Seite, die andere nach der entgegengesetzten hin. Hier vermuthet Herschel den Aufbruch der Schicht80. Die Zahl der unterscheidbaren, durch keinen Nebel unterbrochenen telescopischen Sterne der Milchstraße wird auf 18 Millionen geschätzt. Um die Größe dieser Zahl, ich sage nicht zu fassen, aber mit etwas analogem zu vergleichen, erinnere ich, daß von erster bis sechster Größe am ganzen Himmel nur etwa 8000 Sterne mit bloßen Augen gesehen werden. In dem unfruchtbaren Erstaunen, was Zahl- und Raumgrößen ohne Beziehung auf die geistige Natur oder das Empfindungsvermögen des (Agave americana) richtete: genau wie der Astronom den culminirenden Stern auf das Fadenkreuz setzt. In dem Gesammtleben der physischen Natur, der organischen wie der siderischen, sind an Bewegung zugleich das Sein, die Erhaltung und das Werden geknüpft. Das Aufbrechen der Milchstraße, dessen ich oben erwähnte, bedarf hier noch einer besonderen Erläuterung. Wilhelm Herschel, der sichere und bewundernswürdige Führer in diesen Welträumen, hat durch seine Stern-Aichungen gefunden, daß die telescopische Breite der Milchstraße eine sechs bis sieben Grad größere Ausdehnung hat, als unsre Sternkarten und der dem unbewaffneten Auge sichtbare Sternschimmer verkündigen79. Die zwei glänzenden Knoten, in welchen die beiden Zweige der Zone sich vereinigen, in der Gegend des Cepheus und der Cassiopea, wie um den Scorpion und Schützen, scheinen eine kräftige Anziehung auf die benachbarten Sterne auszuüben; zwischen β und γ des Schwans aber, in der glanzvollsten Region, zieht sich von 330000 Sternen, die in 5° Breite gefunden werden, die eine Hälfte nach einer Seite, die andere nach der entgegengesetzten hin. Hier vermuthet Herschel den Aufbruch der Schicht80. Die Zahl der unterscheidbaren, durch keinen Nebel unterbrochenen telescopischen Sterne der Milchstraße wird auf 18 Millionen geschätzt. Um die Größe dieser Zahl, ich sage nicht zu fassen, aber mit etwas analogem zu vergleichen, erinnere ich, daß von erster bis sechster Größe am ganzen Himmel nur etwa 8000 Sterne mit bloßen Augen gesehen werden. In dem unfruchtbaren Erstaunen, was Zahl- und Raumgrößen ohne Beziehung auf die geistige Natur oder das Empfindungsvermögen des <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0175" n="156"/> (Agave americana) richtete: genau wie der Astronom den culminirenden Stern auf das Fadenkreuz setzt. In dem Gesammtleben der physischen Natur, der organischen wie der siderischen, sind an <hi rendition="#g">Bewegung</hi> zugleich das <hi rendition="#g">Sein,</hi> die <hi rendition="#g">Erhaltung</hi> und das <hi rendition="#g">Werden</hi> geknüpft.</p> <p>Das <hi rendition="#g">Aufbrechen</hi> der Milchstraße, dessen ich oben erwähnte, bedarf hier noch einer besonderen Erläuterung. Wilhelm Herschel, der sichere und bewundernswürdige Führer in diesen Welträumen, hat durch seine Stern-Aichungen gefunden, daß die telescopische Breite der Milchstraße eine sechs bis sieben Grad größere Ausdehnung hat, als unsre Sternkarten und der dem unbewaffneten Auge sichtbare Sternschimmer verkündigen<note place="end" n="79" xml:id="ftn109" next="#ftn109-text"/>. Die zwei glänzenden <hi rendition="#g">Knoten,</hi> in welchen die beiden Zweige der Zone sich vereinigen, in der Gegend des Cepheus und der Cassiopea, wie um den Scorpion und Schützen, scheinen eine kräftige Anziehung auf die benachbarten Sterne auszuüben; zwischen <hi rendition="#g">β</hi> und <hi rendition="#g">γ</hi> des Schwans aber, in der glanzvollsten Region, zieht sich von 330000 Sternen, die in 5° Breite gefunden werden, die eine Hälfte nach einer Seite, die andere nach der entgegengesetzten hin. Hier vermuthet Herschel den Aufbruch der Schicht<note place="end" n="80" xml:id="ftn110" next="#ftn110-text"/>. Die Zahl der unterscheidbaren, durch keinen Nebel unterbrochenen telescopischen Sterne der Milchstraße wird auf 18 Millionen geschätzt. Um die Größe dieser Zahl, ich sage nicht zu fassen, aber mit etwas analogem zu vergleichen, erinnere ich, daß von erster bis sechster Größe am ganzen Himmel nur etwa 8000 Sterne mit bloßen Augen gesehen werden. In dem unfruchtbaren Erstaunen, was Zahl- und Raumgrößen ohne Beziehung auf die geistige Natur oder das Empfindungsvermögen des </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [156/0175]
(Agave americana) richtete: genau wie der Astronom den culminirenden Stern auf das Fadenkreuz setzt. In dem Gesammtleben der physischen Natur, der organischen wie der siderischen, sind an Bewegung zugleich das Sein, die Erhaltung und das Werden geknüpft.
Das Aufbrechen der Milchstraße, dessen ich oben erwähnte, bedarf hier noch einer besonderen Erläuterung. Wilhelm Herschel, der sichere und bewundernswürdige Führer in diesen Welträumen, hat durch seine Stern-Aichungen gefunden, daß die telescopische Breite der Milchstraße eine sechs bis sieben Grad größere Ausdehnung hat, als unsre Sternkarten und der dem unbewaffneten Auge sichtbare Sternschimmer verkündigen
⁷⁹
. Die zwei glänzenden Knoten, in welchen die beiden Zweige der Zone sich vereinigen, in der Gegend des Cepheus und der Cassiopea, wie um den Scorpion und Schützen, scheinen eine kräftige Anziehung auf die benachbarten Sterne auszuüben; zwischen β und γ des Schwans aber, in der glanzvollsten Region, zieht sich von 330000 Sternen, die in 5° Breite gefunden werden, die eine Hälfte nach einer Seite, die andere nach der entgegengesetzten hin. Hier vermuthet Herschel den Aufbruch der Schicht
⁸⁰
. Die Zahl der unterscheidbaren, durch keinen Nebel unterbrochenen telescopischen Sterne der Milchstraße wird auf 18 Millionen geschätzt. Um die Größe dieser Zahl, ich sage nicht zu fassen, aber mit etwas analogem zu vergleichen, erinnere ich, daß von erster bis sechster Größe am ganzen Himmel nur etwa 8000 Sterne mit bloßen Augen gesehen werden. In dem unfruchtbaren Erstaunen, was Zahl- und Raumgrößen ohne Beziehung auf die geistige Natur oder das Empfindungsvermögen des
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/175 |
| Zitationshilfe: | Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/175>, abgerufen am 28.11.2024. |
