Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.zwar nicht bloß in der dünnen und trockenen Atmosphäre der Andes-Gipfel auf zwölf- oder vierzehntausend Fuß Höhe, sondern auch in den grenzenlosen Grasfluren (Llanos) von Venezuela, wie am Meeresufer, unter dem ewig heiteren Himmel von Cumana, bisweilen intensiv leuchtender als die Milchstraße im Schützen gesehn. Von einer ganz besondern Schönheit war die Erscheinung, wenn kleines duftiges Gewölk sich auf dem Zodiacallichte projicirte und sich malerisch abhob von dem erleuchteten Hintergrunde. Eine Stelle meines Tagebuches auf der Schifffahrt von Lima nach der westlichen Küste von Mexico gedenkt dieses Luftbildes. "Seit 3 oder 4 Nächten (zwischen 10° und 14° nördlicher Breite) sehe ich das Zodiacallicht in einer Pracht, wie es mir nie noch erschienen ist. In diesem Theile der Südsee ist, auch nach dem Glanze der Gestirne und Nebelflecke zu urtheilen, die Durchsichtigkeit der Atmosphäre wundervoll groß. Vom 14 bis 19 März war sehr regelmäßig 3/4 Stunden, nachdem die Sonnenscheibe sich in das Meer getaucht hatte, keine Spur vom Thierkreislichte zu sehen, obgleich es völlig finster war. Eine Stunde nach Sonnenuntergang wurde es auf einmal sichtbar, in großer Pracht zwischen Aldebaran und den Plejaden am 18 März 39° 5' Höhe erreichend. Schmale langgedehnte Wolken erscheinen zerstreuet in lieblichem Blau, tief am Horizont, wie vor einem gelben Teppich. Die oberen spielen von Zeit zu Zeit in bunten Farben. Man glaubt, es sei ein zweiter Untergang der Sonne. Gegen diese Seite des Himmelsgewölbes hin scheint uns dann die Helligkeit der Nacht zuzunehmen, fast wie im ersten Viertel des Mondes. Gegen 10 Uhr war das Zodiacallicht hier in zwar nicht bloß in der dünnen und trockenen Atmosphäre der Andes-Gipfel auf zwölf- oder vierzehntausend Fuß Höhe, sondern auch in den grenzenlosen Grasfluren (Llanos) von Venezuela, wie am Meeresufer, unter dem ewig heiteren Himmel von Cumana, bisweilen intensiv leuchtender als die Milchstraße im Schützen gesehn. Von einer ganz besondern Schönheit war die Erscheinung, wenn kleines duftiges Gewölk sich auf dem Zodiacallichte projicirte und sich malerisch abhob von dem erleuchteten Hintergrunde. Eine Stelle meines Tagebuches auf der Schifffahrt von Lima nach der westlichen Küste von Mexico gedenkt dieses Luftbildes. „Seit 3 oder 4 Nächten (zwischen 10° und 14° nördlicher Breite) sehe ich das Zodiacallicht in einer Pracht, wie es mir nie noch erschienen ist. In diesem Theile der Südsee ist, auch nach dem Glanze der Gestirne und Nebelflecke zu urtheilen, die Durchsichtigkeit der Atmosphäre wundervoll groß. Vom 14 bis 19 März war sehr regelmäßig ¾ Stunden, nachdem die Sonnenscheibe sich in das Meer getaucht hatte, keine Spur vom Thierkreislichte zu sehen, obgleich es völlig finster war. Eine Stunde nach Sonnenuntergang wurde es auf einmal sichtbar, in großer Pracht zwischen Aldebaran und den Plejaden am 18 März 39° 5′ Höhe erreichend. Schmale langgedehnte Wolken erscheinen zerstreuet in lieblichem Blau, tief am Horizont, wie vor einem gelben Teppich. Die oberen spielen von Zeit zu Zeit in bunten Farben. Man glaubt, es sei ein zweiter Untergang der Sonne. Gegen diese Seite des Himmelsgewölbes hin scheint uns dann die Helligkeit der Nacht zuzunehmen, fast wie im ersten Viertel des Mondes. 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In diesem Theile der Südsee ist, auch nach dem Glanze der Gestirne und Nebelflecke zu urtheilen, die Durchsichtigkeit der Atmosphäre wundervoll groß. Vom 14 bis 19 März war sehr regelmäßig ¾ Stunden, nachdem die Sonnenscheibe sich in das Meer getaucht hatte, keine Spur vom Thierkreislichte zu sehen, obgleich es völlig finster war. Eine Stunde nach Sonnenuntergang wurde es auf einmal sichtbar, in großer Pracht zwischen Aldebaran und den Plejaden am 18 März 39° 5′ Höhe erreichend. Schmale langgedehnte Wolken erscheinen zerstreuet in lieblichem Blau, tief am Horizont, wie vor einem gelben Teppich. Die oberen spielen von Zeit zu Zeit in bunten Farben. Man glaubt, es sei ein zweiter Untergang der Sonne. Gegen diese Seite des Himmelsgewölbes hin scheint uns dann die Helligkeit der Nacht zuzunehmen, fast wie im ersten Viertel des Mondes. Gegen 10 Uhr war das Zodiacallicht hier in </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [143/0162]
zwar nicht bloß in der dünnen und trockenen Atmosphäre der Andes-Gipfel auf zwölf- oder vierzehntausend Fuß Höhe, sondern auch in den grenzenlosen Grasfluren (Llanos) von Venezuela, wie am Meeresufer, unter dem ewig heiteren Himmel von Cumana, bisweilen intensiv leuchtender als die Milchstraße im Schützen gesehn. Von einer ganz besondern Schönheit war die Erscheinung, wenn kleines duftiges Gewölk sich auf dem Zodiacallichte projicirte und sich malerisch abhob von dem erleuchteten Hintergrunde. Eine Stelle meines Tagebuches auf der Schifffahrt von Lima nach der westlichen Küste von Mexico gedenkt dieses Luftbildes. „Seit 3 oder 4 Nächten (zwischen 10° und 14° nördlicher Breite) sehe ich das Zodiacallicht in einer Pracht, wie es mir nie noch erschienen ist. In diesem Theile der Südsee ist, auch nach dem Glanze der Gestirne und Nebelflecke zu urtheilen, die Durchsichtigkeit der Atmosphäre wundervoll groß. Vom 14 bis 19 März war sehr regelmäßig ¾ Stunden, nachdem die Sonnenscheibe sich in das Meer getaucht hatte, keine Spur vom Thierkreislichte zu sehen, obgleich es völlig finster war. Eine Stunde nach Sonnenuntergang wurde es auf einmal sichtbar, in großer Pracht zwischen Aldebaran und den Plejaden am 18 März 39° 5′ Höhe erreichend. Schmale langgedehnte Wolken erscheinen zerstreuet in lieblichem Blau, tief am Horizont, wie vor einem gelben Teppich. Die oberen spielen von Zeit zu Zeit in bunten Farben. Man glaubt, es sei ein zweiter Untergang der Sonne. Gegen diese Seite des Himmelsgewölbes hin scheint uns dann die Helligkeit der Nacht zuzunehmen, fast wie im ersten Viertel des Mondes. Gegen 10 Uhr war das Zodiacallicht hier in
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