Humboldt, Alexander von: Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. [Tübingen], [1806].Erica vulgaris und tetralix sind gesellschaftlich le- Dagegen ist bloß dem neuen Continent ei- Wie diese grüne Oasen in den pflanzenlee- Erica vulgaris und tetralix sind gesellschaftlich le- Dagegen ist bloß dem neuen Continent ei- Wie diese grüne Oasen in den pflanzenlee- <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0021" n="22"/><hi rendition="#i">Erica vulgaris</hi> und <hi rendition="#i">tetralix</hi> sind gesellschaftlich le-<lb/> bende Gewächse, gegen deren fortschreitenden<lb/> Zug die akkerbauenden Völker seit Jahrhunderten<lb/> mit wenigem Glükke ankämpfen. Sonderbar, daß<lb/> der Hauptrepräsentant dieser Form blos einer<lb/> Seite unsers Planeten eigen ist. Von den 137<lb/> jezt bekannten Arten von <hi rendition="#i">Erica</hi> findet sich auch<lb/> nicht eine einzige im <placeName>neuen Continent</placeName> von <placeName>Pen-<lb/> silvanien</placeName> und <placeName>Labrador</placeName> bis gegen <placeName>Nootka</placeName> und<lb/><placeName>Alaschka</placeName> hin.</p><lb/> <p>Dagegen ist bloß dem <placeName>neuen Continent</placeName> ei-<lb/> genthümlich die <hi rendition="#g">Cactusform</hi>, bald kugelförmig,<lb/> bald gegliedert, bald in hohen, vielekkigen Säulen,<lb/> wie Orgelpfeifen, aufrechtstehend. Diese Gruppe<lb/> bildet den höchsten Contrast mit der Gestalt der<lb/> Liliengewächse und der Bananen. Sie gehört<lb/> zu den Pflanzen, welche <hi rendition="#i"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118604945">Bernardin de St. Pierre</persName></hi><lb/> sehr glücklich die vegetabilischen Quellen der<lb/> Wüste nennt. In den wasserleeren Ebenen von<lb/><placeName>Südamerika</placeName> suchen die von Durst geängsteten<lb/> Thiere den <hi rendition="#i">Melonen-Cactus</hi>, eine kugelförmige,<lb/> halb im dürren Sande verborgene Pflanze, deren<lb/> saftreiches Innere unter furchtbaren Stacheln ver-<lb/> steckt ist. Die seidenartigen Cactus-Stämme er-<lb/> reichen bis 30 Fuß Höhe und candelaberartig ge-<lb/> theilt, haben sie eine auffallende Ähnlichkeit der<lb/> Physiognomie mit einigen afrikanischen Euphor-<lb/> bien.</p><lb/> <p>Wie diese grüne Oasen in den pflanzenlee-<lb/> ren Wüsten bilden, so beleben die <hi rendition="#g">Orchideen</hi><lb/> den vom Licht verkohlten Stamm der Tropen-<lb/></p> </body> </text> </TEI> [22/0021]
Erica vulgaris und tetralix sind gesellschaftlich le-
bende Gewächse, gegen deren fortschreitenden
Zug die akkerbauenden Völker seit Jahrhunderten
mit wenigem Glükke ankämpfen. Sonderbar, daß
der Hauptrepräsentant dieser Form blos einer
Seite unsers Planeten eigen ist. Von den 137
jezt bekannten Arten von Erica findet sich auch
nicht eine einzige im neuen Continent von Pen-
silvanien und Labrador bis gegen Nootka und
Alaschka hin.
Dagegen ist bloß dem neuen Continent ei-
genthümlich die Cactusform, bald kugelförmig,
bald gegliedert, bald in hohen, vielekkigen Säulen,
wie Orgelpfeifen, aufrechtstehend. Diese Gruppe
bildet den höchsten Contrast mit der Gestalt der
Liliengewächse und der Bananen. Sie gehört
zu den Pflanzen, welche Bernardin de St. Pierre
sehr glücklich die vegetabilischen Quellen der
Wüste nennt. In den wasserleeren Ebenen von
Südamerika suchen die von Durst geängsteten
Thiere den Melonen-Cactus, eine kugelförmige,
halb im dürren Sande verborgene Pflanze, deren
saftreiches Innere unter furchtbaren Stacheln ver-
steckt ist. Die seidenartigen Cactus-Stämme er-
reichen bis 30 Fuß Höhe und candelaberartig ge-
theilt, haben sie eine auffallende Ähnlichkeit der
Physiognomie mit einigen afrikanischen Euphor-
bien.
Wie diese grüne Oasen in den pflanzenlee-
ren Wüsten bilden, so beleben die Orchideen
den vom Licht verkohlten Stamm der Tropen-
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