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Humboldt, Alexander von: Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. [Tübingen], [1806].

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bestimmte Physiognomie erkennt; wie beschrei-
bende Botanik und Zoologie, im engern Sinne des
Worts, fast nichts als Zergliederung der Thier- und
Pflanzenformen ist: so giebt es auch eine gewisse
Naturphysiognomie, welche jedem Himmelsstrich
ausschließlich zukommt.

Was der Maler mit den Ausdrükken schwei-
zer Natur, italienischer Himmel, bezeichnet, grün-
det sich auf das dunkle Gefühl dieses lokalen Na-
turcharakters. Himmelsbläue, Beleuchtung, Duft,
der auf der Ferne ruht, Gestalt der Thiere, Saft-
fülle der Kräuter, Glanz des Laubes, Umriß der
Berge -- alle diese Elemente bestimmen den To-
taleindruck einer Gegend. Zwar bilden unter
allen Zonen dieselben Gebirgsarten Felsgruppen
von einerlei Physiognomie. Die Grünsteinklip-
pen in Süd-Amerika und Mexiko gleichen denen
des deutschen Fichtelgebirges, wie unter den
Thieren die Form des Alco oder der ursprüng-
lichen Hunderace des neuen Continents, mit der
der europäischen Race genau übereinstimmt.
Denn die unorganische Rinde der Erde ist gleich-
sam unabhängig von klimatischen Einflüssen; sei
es, daß der Unterschied der Klimate neuer als das
Gestein ist; sei es, daß die erhärtende, Wärme-
entbindende Erdmasse sich selbst ihre Temperatur
gab, statt sie von außen zu empfangen. Alle
Formationen sind daher allen Weltgegenden ei-
gen, und in allen gleichgestaltet. Ueberall bildet
der Basalt Zwillings-Berge und abgestumpfte Ke-
gel; überall erscheint der Trapporphyr in grotes-

bestimmte Physiognomie erkennt; wie beschrei-
bende Botanik und Zoologie, im engern Sinne des
Worts, fast nichts als Zergliederung der Thier- und
Pflanzenformen ist: so giebt es auch eine gewisse
Naturphysiognomie, welche jedem Himmelsstrich
ausschließlich zukommt.

Was der Maler mit den Ausdrükken schwei-
zer Natur, italienischer Himmel, bezeichnet, grün-
det sich auf das dunkle Gefühl dieses lokalen Na-
turcharakters. Himmelsbläue, Beleuchtung, Duft,
der auf der Ferne ruht, Gestalt der Thiere, Saft-
fülle der Kräuter, Glanz des Laubes, Umriß der
Berge — alle diese Elemente bestimmen den To-
taleindruck einer Gegend. Zwar bilden unter
allen Zonen dieselben Gebirgsarten Felsgruppen
von einerlei Physiognomie. Die Grünsteinklip-
pen in Süd-Amerika und Mexiko gleichen denen
des deutschen Fichtelgebirges, wie unter den
Thieren die Form des Alco oder der ursprüng-
lichen Hunderace des neuen Continents, mit der
der europäischen Race genau übereinstimmt.
Denn die unorganische Rinde der Erde ist gleich-
sam unabhängig von klimatischen Einflüssen; sei
es, daß der Unterschied der Klimate neuer als das
Gestein ist; sei es, daß die erhärtende, Wärme-
entbindende Erdmasse sich selbst ihre Temperatur
gab, statt sie von außen zu empfangen. Alle
Formationen sind daher allen Weltgegenden ei-
gen, und in allen gleichgestaltet. Ueberall bildet
der Basalt Zwillings-Berge und abgestumpfte Ke-
gel; überall erscheint der Trapporphyr in grotes-

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[12/0011] bestimmte Physiognomie erkennt; wie beschrei- bende Botanik und Zoologie, im engern Sinne des Worts, fast nichts als Zergliederung der Thier- und Pflanzenformen ist: so giebt es auch eine gewisse Naturphysiognomie, welche jedem Himmelsstrich ausschließlich zukommt. Was der Maler mit den Ausdrükken schwei- zer Natur, italienischer Himmel, bezeichnet, grün- det sich auf das dunkle Gefühl dieses lokalen Na- turcharakters. Himmelsbläue, Beleuchtung, Duft, der auf der Ferne ruht, Gestalt der Thiere, Saft- fülle der Kräuter, Glanz des Laubes, Umriß der Berge — alle diese Elemente bestimmen den To- taleindruck einer Gegend. Zwar bilden unter allen Zonen dieselben Gebirgsarten Felsgruppen von einerlei Physiognomie. Die Grünsteinklip- pen in Süd-Amerika und Mexiko gleichen denen des deutschen Fichtelgebirges, wie unter den Thieren die Form des Alco oder der ursprüng- lichen Hunderace des neuen Continents, mit der der europäischen Race genau übereinstimmt. Denn die unorganische Rinde der Erde ist gleich- sam unabhängig von klimatischen Einflüssen; sei es, daß der Unterschied der Klimate neuer als das Gestein ist; sei es, daß die erhärtende, Wärme- entbindende Erdmasse sich selbst ihre Temperatur gab, statt sie von außen zu empfangen. Alle Formationen sind daher allen Weltgegenden ei- gen, und in allen gleichgestaltet. Ueberall bildet der Basalt Zwillings-Berge und abgestumpfte Ke- gel; überall erscheint der Trapporphyr in grotes-

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. [Tübingen], [1806], S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_ideen_1806/11>, abgerufen am 04.12.2024.