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Humboldt, Alexander von: [Ich über mich selbst. Mein Weg zum Naturwissenschaftler und Forschungsreisenden 1769–1790.] In: Ders.: Tagebücher der Amerikanischen Reise, VII a u. b, Bl. 134v–136v. S[anta] Fe [de Bogotá], 1801 [mit späteren Ergänzungen].

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Flora zu bestimen. Ich legte nun ein förmliches Herba-
rium
an um und da man mir nun zuerst gestattete alleine
auszugehen, faßte ich den Entschluß unempfohlen Willdenow
selbst aufzusuchen. Von welchen Folgen war dieser Besuch für
mein übriges Leben. Schriebe ich ohne diesen diese Zeilen
im Königreich Neu Grenada? Ich fand in Willdenow einen
jungen Menschen, der damals unendlich mit meinem Wesen
harmonirte. Seine NaturIch gewann ihn [unleserliches Material]enthusiastisch lieb. Er bestimmte mir
Pflanzen, ich bestürmte ihn mit Besuchen. Ich lernte neue aus-
ländische Pflanzen bei ihm kennen. Er schenkte mir einen Halm
Oryza sativa, den Thunberg aus Japan mitgebracht. Ich sah zum
ersten Mal in meinem Leben die Palmen des botanischen Gartens,
ein unendlicher Hang nach dem Anschauen fremder Produkte
erwachte in mir. In 3 Wochen ward ich ein enthusiastischer
Botanist. Willdenow trug sich damals mit der Idee eine Reise
außerhalb Europa zu machen. Ihn zu begleiten war [unleserliches Material - 1 Wort fehlt]der
Wunsch der mich Tages und Nachtes beschäftigte. Ich durchlief
alle Floren beider Indien, kaufte alle Rinden der Apothe-
ken zusammen, verweilte mit unendlichem Wohlgefallen bei
dem Reishalm in meinem Herbarium und gewöhnte mich
unbändige Wünsche nach weitren und unbekannten Dingen zu
hegen. In Göttingen lebte ich allein für Naturgeschichte und Spra-
chen, zu welchen lezteren mich meine Freundschaft mit Wolltmann und Ei-
telkeit mehr als wahrer Hang hinzog. Ich fand dort Link und
Persoon mit denen ich eine litterarische Gesellschaft stiftete. Persoon
war vom Cap. Ich begrif schon nicht wie man Europa dem
Cap vorziehen könnte. Ich boherbarisirte 1789 am Harz, bereiste
mit Stephan van Geuns den größten Theil des westlichen Deutsch-
land
s. Mein Hang zum Reisen, und Beschauen nahm zu und
meine schwärmerische Achtung für Stieglizens Genie und seine Verachtung
meiner naturhistorischen Beschäftigungen waren allein im Stande mich
mit mir selbst in Widerspruch zu sezen. Ich träumte mich bis-
weilen nach beiden Indien, aber die Möglichkeit einer solchen
Reise wurde mir noch nicht klar.

Mein Bruder Wilhelm hatte durch sein Genie die Auf-
merksamkeit Jakobis und Georg Forsters erregt. Beide nahmen mich
deshalb freundlichst in Düsseldorf und [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]Mainz auf und da Forstern die
Hofnung in England Geld zu gewinnen, nach London trieb (er
wollte seine Species plantarum herausgeben) so bot er mir
an, ihn zu begleiten. Ich war damals krank März 1790 in Göttingen,
und mit der Herausgabe meines ersten litterarischen Produkts, den Basalten am
Rhein
beschäftigt. Dennoch mit welcher Freude nahm ich theil an dieser

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rium
an um und da man mir nun zuerst gestattete alleine
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mein übriges Leben. Schriebe ich ohne diesen diese Zeilen
im Königreich Neu Grenada? Ich fand in Willdenow einen
jungen Menschen, der damals unendlich mit meinem Wesen
harmonirte. Seine NaturIch gewann ihn [unleserliches Material]enthusiastisch lieb. Er bestimmte mir
Pflanzen, ich bestürmte ihn mit Besuchen. Ich lernte neue aus-
ländische Pflanzen bei ihm kennen. Er schenkte mir einen Halm
Oryza sativa, den Thunberg aus Japan mitgebracht. Ich sah zum
ersten Mal in meinem Leben die Palmen des botanischen Gartens,
ein unendlicher Hang nach dem Anschauen fremder Produkte
erwachte in mir. In 3 Wochen ward ich ein enthusiastischer
Botanist. Willdenow trug sich damals mit der Idee eine Reise
außerhalb Europa zu machen. Ihn zu begleiten war [unleserliches Material – 1 Wort fehlt]der
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alle Floren beider Indien, kaufte alle Rinden der Apothe-
ken zusammen, verweilte mit unendlichem Wohlgefallen bei
dem Reishalm in meinem Herbarium und gewöhnte mich
unbändige Wünsche nach weitren und unbekannten Dingen zu
hegen. In Göttingen lebte ich allein für Naturgeschichte und Spra-
chen, zu welchen lezteren mich meine Freundschaft mit Wolltmann und Ei-
telkeit mehr als wahrer Hang hinzog. Ich fand dort Link und
Persoon mit denen ich eine litterarische Gesellschaft stiftete. Persoon
war vom Cap. Ich begrif schon nicht wie man Europa dem
Cap vorziehen könnte. Ich boherbarisirte 1789 am Harz, bereiste
mit Stephan van Geuns den größten Theil des westlichen Deutsch-
land
s. Mein Hang zum Reisen, und Beschauen nahm zu und
meine schwärmerische Achtung für Stieglizens Genie und seine Verachtung
meiner naturhistorischen Beschäftigungen waren allein im Stande mich
mit mir selbst in Widerspruch zu sezen. Ich träumte mich bis-
weilen nach beiden Indien, aber die Möglichkeit einer solchen
Reise wurde mir noch nicht klar.

Mein Bruder Wilhelm hatte durch sein Genie die Auf-
merksamkeit Jakobis und Georg Forsters erregt. Beide nahmen mich
deshalb freundlichst in Düsseldorf und [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]Mainz auf und da Forstern die
Hofnung in England Geld zu gewinnen, nach London trieb (er
wollte seine Species plantarum herausgeben) so bot er mir
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[135r/0002] 135 218 Flora zu bestim̅en. Ich legte nun ein förmliches Herba- rium an um u da man mir nun zuerst gestattete alleine auszugehen, faßte ich den Entschluß unempfohlen Willdenow selbst aufzusuchen. Von welchen Folgen war dieser Besuch für mein übriges Leben. Schriebe ich ohne diesen diese Zeilen im Königreich Neu Grenada? Ich fand in Willdenow einen jungen Menschen, der damals unendlich mit meinem Wesen harmonirte. Seine Natur Er bestimmte mir Pflanzen, ich bestürmte ihn mit Besuchen. Ich lernte neue aus- ländische Pflanzen bei ihm kennen. Er schenkte mir einen Halm Oryza sativa, den Thunberg aus Japan mitgebracht. Ich sah zum ersten Mal in meinem Leben die Palmen des botan. Garten, ein unendlicher Hang nach dem Anschauen fremder Produkte erwachte in mir. In 3 Wochen ward ich ein enthusiastischer Botanist. Willdenow trug sich damals mit der Idee eine Reise außerhalb Europa zu machen. Ihn zu begleiten war der Wunsch der mich Tages u Nachtes beschäftigte. Ich durchlief alle Floren beider Indien, kaufte alle Rinden der Apothe- ken zusammen, verweilte mit unendlichem Wohlgefallen bei dem Reishalm in meinem Herbarium u gewöhnte mich unbändige Wünsche nach weitren u unbekannten Dingen zu hegen. In Göttingen lebte ich allein für Naturgeschichte u Spra- chen, zu welchen lezteren mich meine Freundschaft mit Wolltmann und Ei- telkeit mehr als wahrer Hang hinzog. Ich fand dort Link u Persoon mit denen ich ein litterarische Gesellschaft stiftete. Persoon war vom Cap. Ich begrif schon nicht wie man Europa dem Cap vorziehen könnte. Ich herbarisirte 1789 am Harz, bereiste mit Stephan van Geuns den größten Theil des westlichen Deutsch- lands. Mein Hang zum Reisen, u Beschauen nahm zu u meine schwärmerische Achtung für Stieglizens Genie u seine Verachtung meiner naturhistor. Beschäftigungen waren allein im Stande mich mit mir selbst in Widerspruch zu sezen. Ich träumte mich bis- weilen nach beiden Indien, aber die Möglichkeit einer solchen Reise wurde mir noch nicht klar. Mein Bruder Wilhelm hatte durch sein Genie die Auf- merksamkeit Jakobis u Georg Forsters erregt. Beide nahmen mich deshalb freundlichst in Düsseldorf u Mainz auf u da Forstern die Hofnung in England Geld zu gewinnen, nach London trieb (er wollte seine Species plantarum herausgeben) so bot er mir an, ihn zu begleiten. Ich war damals krank März 1790 in Göttingen, u mit der Herausgabe meines ersten litterarischen Produkts, den Basalten am Rhein beschäftigt. Dennoch mit welcher Freude nahm ich theil an dieser

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  • Kurt-R. Biermann (Hrsg.): Alexander von Humboldt: Aus meinem Leben. Autobiographische Bekenntnisse. Leipzig u.a., 1989, S. 31–41.
  • Ottmar Ette (Hrsg.): Alexander von Humboldt: Das Buch der Begegnungen. Menschen – Kulturen – Geschichten aus den Amerikanischen Reisetagebüchern. München, 2018, S. 3–9.



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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: [Ich über mich selbst. Mein Weg zum Naturwissenschaftler und Forschungsreisenden 1769–1790.] In: Ders.: Tagebücher der Amerikanischen Reise, VII a u. b, Bl. 134v–136v. S[anta] Fe [de Bogotá], 1801 [mit späteren Ergänzungen], S. 135r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_ich_1804/2>, abgerufen am 24.11.2024.