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Humboldt, Alexander von: Ueber Grubenwetter und die Verbreitung des Kohlenstoffs in geognostischer Hinsicht. In: Chemische Annalen für die Freunde der Naturlehre, Arzneygelahrtheit, Haushaltungskunst und Manufakturen, Bd. 2 (1795), S. 99-119.

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wollte. Die bösen, schweren, unmischbaren Wetter
hielten sie so zurück, daß nur wenige Kubikzolle ent-
wichen; und welche Wohlthat waren uns nicht schon
diese! Stellte sich die Beängstigung wieder ein, so
pochten wir an die Blende, ließen uns frische Gefäße
mit Lebensluft hereinreichen, jedesmal aber genau hin-
ter uns verschließen. Alle Bouteillen leerten sich aber
so wenig, daß wir nach 35 Minuten zwar ohne große
Mühe Licht vor Ort führen konnten, ein Spahn in
den Bouteillen, (als sie schon am Füllort standen,)
sich aber noch mit Glanz entzündete. Den eigentli-
chen Gegenstand dieses Versuchs, der mich, trotz der
damit verbundenen Gefahr, noch lange beschäftigen
soll, berühre ich hier nur im Vorübergehn. Jch mag
nicht Resultate bekannt machen, die noch nicht genau
nach Maaß und Zahlverhältnissen eruirt sind. Jch
glaube aber auf einem Wege zu seyn, auf dem man
sich auf eine wohlfeile Weise 1) Wetter, wo sie
für die Lunge nicht fehlen, fürs Licht*) 2) wo

sie
*) Man glaube ja nicht, die Temperatur der Gruben-
luft richte sich nach der der äußern Atmosphäre,
und werde die verschiedene Wärmeleiterkraft der
unterirdischen Gasarten modificirt. Meine vier
Jahr lang fortgesetzten Thermometer-Beobachtun-
gen zeigen gerade das Gegentheil. Man sieht Wär-
me und Kälte in der Grube entstehen, ohne daß
die obere Luft sich ändert, oder vor Monathen,
(denn das Fortpflanzen der Temperatur geht sonst
langsam,) sich geändert hat. Die Ursachen dieser
Veränderungen liegen meist in den Grubenwettern
selbst, in denen sich Thau und Nebel bilden, in
denen die Elektricität eine große Rolle spielt, in
de-

wollte. Die boͤſen, ſchweren, unmiſchbaren Wetter
hielten ſie ſo zuruͤck, daß nur wenige Kubikzolle ent-
wichen; und welche Wohlthat waren uns nicht ſchon
dieſe! Stellte ſich die Beaͤngſtigung wieder ein, ſo
pochten wir an die Blende, ließen uns friſche Gefaͤße
mit Lebensluft hereinreichen, jedesmal aber genau hin-
ter uns verſchließen. Alle Bouteillen leerten ſich aber
ſo wenig, daß wir nach 35 Minuten zwar ohne große
Muͤhe Licht vor Ort fuͤhren konnten, ein Spahn in
den Bouteillen, (als ſie ſchon am Fuͤllort ſtanden,)
ſich aber noch mit Glanz entzuͤndete. Den eigentli-
chen Gegenſtand dieſes Verſuchs, der mich, trotz der
damit verbundenen Gefahr, noch lange beſchaͤftigen
ſoll, beruͤhre ich hier nur im Voruͤbergehn. Jch mag
nicht Reſultate bekannt machen, die noch nicht genau
nach Maaß und Zahlverhaͤltniſſen eruirt ſind. Jch
glaube aber auf einem Wege zu ſeyn, auf dem man
ſich auf eine wohlfeile Weiſe 1) Wetter, wo ſie
fuͤr die Lunge nicht fehlen, fuͤrs Licht*) 2) wo

ſie
*) Man glaube ja nicht, die Temperatur der Gruben-
luft richte ſich nach der der aͤußern Atmoſphaͤre,
und werde die verſchiedene Waͤrmeleiterkraft der
unterirdiſchen Gasarten modificirt. Meine vier
Jahr lang fortgeſetzten Thermometer-Beobachtun-
gen zeigen gerade das Gegentheil. Man ſieht Waͤr-
me und Kaͤlte in der Grube entſtehen, ohne daß
die obere Luft ſich aͤndert, oder vor Monathen,
(denn das Fortpflanzen der Temperatur geht ſonſt
langſam,) ſich geaͤndert hat. Die Urſachen dieſer
Veraͤnderungen liegen meiſt in den Grubenwettern
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[108/0010] wollte. Die boͤſen, ſchweren, unmiſchbaren Wetter hielten ſie ſo zuruͤck, daß nur wenige Kubikzolle ent- wichen; und welche Wohlthat waren uns nicht ſchon dieſe! Stellte ſich die Beaͤngſtigung wieder ein, ſo pochten wir an die Blende, ließen uns friſche Gefaͤße mit Lebensluft hereinreichen, jedesmal aber genau hin- ter uns verſchließen. Alle Bouteillen leerten ſich aber ſo wenig, daß wir nach 35 Minuten zwar ohne große Muͤhe Licht vor Ort fuͤhren konnten, ein Spahn in den Bouteillen, (als ſie ſchon am Fuͤllort ſtanden,) ſich aber noch mit Glanz entzuͤndete. Den eigentli- chen Gegenſtand dieſes Verſuchs, der mich, trotz der damit verbundenen Gefahr, noch lange beſchaͤftigen ſoll, beruͤhre ich hier nur im Voruͤbergehn. Jch mag nicht Reſultate bekannt machen, die noch nicht genau nach Maaß und Zahlverhaͤltniſſen eruirt ſind. Jch glaube aber auf einem Wege zu ſeyn, auf dem man ſich auf eine wohlfeile Weiſe 1) Wetter, wo ſie fuͤr die Lunge nicht fehlen, fuͤrs Licht *) 2) wo ſie *) Man glaube ja nicht, die Temperatur der Gruben- luft richte ſich nach der der aͤußern Atmoſphaͤre, und werde die verſchiedene Waͤrmeleiterkraft der unterirdiſchen Gasarten modificirt. Meine vier Jahr lang fortgeſetzten Thermometer-Beobachtun- gen zeigen gerade das Gegentheil. Man ſieht Waͤr- me und Kaͤlte in der Grube entſtehen, ohne daß die obere Luft ſich aͤndert, oder vor Monathen, (denn das Fortpflanzen der Temperatur geht ſonſt langſam,) ſich geaͤndert hat. Die Urſachen dieſer Veraͤnderungen liegen meiſt in den Grubenwettern ſelbſt, in denen ſich Thau und Nebel bilden, in denen die Elektricitaͤt eine große Rolle ſpielt, in de-

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber Grubenwetter und die Verbreitung des Kohlenstoffs in geognostischer Hinsicht. In: Chemische Annalen für die Freunde der Naturlehre, Arzneygelahrtheit, Haushaltungskunst und Manufakturen, Bd. 2 (1795), S. 99-119, hier S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_grubenwetter_1795/10>, abgerufen am 21.11.2024.