Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Wilhelm von: Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen. Breslau, 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

Wanderer in dem Wege steht! Hindernisse beleben die Ener-
gie, und schärfen die Klugheit; nur diejenigen, welche die Un-
gerechtigkeiten der Menschen hervorbringen, hemmen ohne zu
nützen; ein solches aber ist jener Eigensinn nicht, der zwar
durch Gesetze für den einzelnen Fall gebeugt, aber nur durch
Freiheit gebessert werden kann. Diese hier nur kurz zusam-
mengenommenen Gründe sind, dünkt mich, stark genug, um
blos der ehernen Nothwendigkeit zu weichen, und der Staat
muss sich daher begnügen, die, schon ausser der positiven Ver-
bindung existirenden Rechte der Menschen, ihrem eignen Un-
tergange die Freiheit oder das Eigenthum des andern aufzu-
opfern, zu schützen.

Endlich entstehen eine nicht unbeträchtliche Menge von
Polizeigesetzen aus solchen Handlungen, welche innerhalb der
Gränzen des eignen aber nicht alleinigen, sondern gemein-
schaftlichen Rechts vorgenommen werden. Bei diesen sind
Freiheitsbeschränkungen natürlich bei weitem minder bedenk-
lich, da in dem gemeinschaftlichen Eigenthum jeder Miteigen-
thümer ein Recht zu widersprechen hat. Solch ein gemein-
schaftliches Eigenthum sind z. B. Wege, Flüsse, die mehrere
Besitzungen berühren, Plätze und Strassen in Städten u. s. f.


Wanderer in dem Wege steht! Hindernisse beleben die Ener-
gie, und schärfen die Klugheit; nur diejenigen, welche die Un-
gerechtigkeiten der Menschen hervorbringen, hemmen ohne zu
nützen; ein solches aber ist jener Eigensinn nicht, der zwar
durch Gesetze für den einzelnen Fall gebeugt, aber nur durch
Freiheit gebessert werden kann. Diese hier nur kurz zusam-
mengenommenen Gründe sind, dünkt mich, stark genug, um
blos der ehernen Nothwendigkeit zu weichen, und der Staat
muss sich daher begnügen, die, schon ausser der positiven Ver-
bindung existirenden Rechte der Menschen, ihrem eignen Un-
tergange die Freiheit oder das Eigenthum des andern aufzu-
opfern, zu schützen.

Endlich entstehen eine nicht unbeträchtliche Menge von
Polizeigesetzen aus solchen Handlungen, welche innerhalb der
Gränzen des eignen aber nicht alleinigen, sondern gemein-
schaftlichen Rechts vorgenommen werden. Bei diesen sind
Freiheitsbeschränkungen natürlich bei weitem minder bedenk-
lich, da in dem gemeinschaftlichen Eigenthum jeder Miteigen-
thümer ein Recht zu widersprechen hat. Solch ein gemein-
schaftliches Eigenthum sind z. B. Wege, Flüsse, die mehrere
Besitzungen berühren, Plätze und Strassen in Städten u. s. f.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0152" n="116"/>
Wanderer in dem Wege steht! Hindernisse beleben die Ener-<lb/>
gie, und schärfen die Klugheit; nur diejenigen, welche die Un-<lb/>
gerechtigkeiten der Menschen hervorbringen, hemmen ohne zu<lb/>
nützen; ein solches aber ist jener Eigensinn nicht, der zwar<lb/>
durch Gesetze für den einzelnen Fall gebeugt, aber nur durch<lb/>
Freiheit gebessert werden kann. Diese hier nur kurz zusam-<lb/>
mengenommenen Gründe sind, dünkt mich, stark genug, um<lb/>
blos der ehernen <hi rendition="#g">Nothwendigkeit</hi> zu weichen, und der Staat<lb/>
muss sich daher begnügen, die, schon ausser der positiven Ver-<lb/>
bindung existirenden Rechte der Menschen, ihrem eignen Un-<lb/>
tergange die Freiheit oder das Eigenthum des andern aufzu-<lb/>
opfern, zu schützen.</p><lb/>
        <p>Endlich entstehen eine nicht unbeträchtliche Menge von<lb/>
Polizeigesetzen aus solchen Handlungen, welche innerhalb der<lb/>
Gränzen des eignen aber nicht alleinigen, sondern gemein-<lb/>
schaftlichen Rechts vorgenommen werden. Bei diesen sind<lb/>
Freiheitsbeschränkungen natürlich bei weitem minder bedenk-<lb/>
lich, da in dem gemeinschaftlichen Eigenthum jeder Miteigen-<lb/>
thümer ein Recht zu widersprechen hat. Solch ein gemein-<lb/>
schaftliches Eigenthum sind z. B. Wege, Flüsse, die mehrere<lb/>
Besitzungen berühren, Plätze und Strassen in Städten u. s. f.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[116/0152] Wanderer in dem Wege steht! Hindernisse beleben die Ener- gie, und schärfen die Klugheit; nur diejenigen, welche die Un- gerechtigkeiten der Menschen hervorbringen, hemmen ohne zu nützen; ein solches aber ist jener Eigensinn nicht, der zwar durch Gesetze für den einzelnen Fall gebeugt, aber nur durch Freiheit gebessert werden kann. Diese hier nur kurz zusam- mengenommenen Gründe sind, dünkt mich, stark genug, um blos der ehernen Nothwendigkeit zu weichen, und der Staat muss sich daher begnügen, die, schon ausser der positiven Ver- bindung existirenden Rechte der Menschen, ihrem eignen Un- tergange die Freiheit oder das Eigenthum des andern aufzu- opfern, zu schützen. Endlich entstehen eine nicht unbeträchtliche Menge von Polizeigesetzen aus solchen Handlungen, welche innerhalb der Gränzen des eignen aber nicht alleinigen, sondern gemein- schaftlichen Rechts vorgenommen werden. Bei diesen sind Freiheitsbeschränkungen natürlich bei weitem minder bedenk- lich, da in dem gemeinschaftlichen Eigenthum jeder Miteigen- thümer ein Recht zu widersprechen hat. Solch ein gemein- schaftliches Eigenthum sind z. B. Wege, Flüsse, die mehrere Besitzungen berühren, Plätze und Strassen in Städten u. s. f.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Wilhelm von Humboldt schrieb seine 'Ideen zu eine… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_grenzen_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_grenzen_1851/152
Zitationshilfe: Humboldt, Wilhelm von: Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen. Breslau, 1851, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_grenzen_1851/152>, abgerufen am 24.11.2024.