Humboldt, Alexander von: Ueber die einfache Vorrichtung, durch welche sich Menschen stundenlang in irrespirablen Gasarten, ohne Nachtheil der Gesundheit, und mit brennenden Lichtern aufhalten können; oder vorläufige Anzeige einer Rettungsfläche und eines Lichterhalters. In: Chemische Annalen für die Freunde der Naturlehre, Arzneygelahrtheit, Haushaltungskunde und Manufacturen. Bd. 2 (1796) S. 99-110, 195-210.Zeichen zum Ausfahren zu spät, und wird selbst ein Je tiefer wir von dem Schmerz durchdrungen sind, zu
Zeichen zum Ausfahren zu ſpaͤt, und wird ſelbſt ein Je tiefer wir von dem Schmerz durchdrungen ſind, zu
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0005" n="102"/> Zeichen zum Ausfahren zu ſpaͤt, und wird ſelbſt ein<lb/> Opfer ſeiner Kuͤhnheit. Selbſt wenn die Wetter we-<lb/> niger toͤdlich, nur ſo matt ſind, daß man 15 ∙ 20 Mi-<lb/> nuten lang darin ohne Ohmacht zu exiſtiren hoffen<lb/> kann; ſo haͤlt doch die Unwahrſcheinlichkeit ohne Licht<lb/> bey dem Umhertappen im Finſtern, den Erſtickten zu fin-<lb/> den, und die Furcht ſich ſelbſt zu verſpaͤten, diejenigen<lb/> zuruͤck, welche mit einem nicht zu verloͤſchenden Ge-<lb/> leuchte ſich gewiß zum Nachfahren entſchloͤſſen. Statt<lb/> alſo, daß der Verungluͤckte, wenn man ihn in der<lb/> erſten Viertel oder halben Stunde herausziehen koͤnn-<lb/> te, wahrſcheinlich noch zum Leben zuruͤckgebracht werden<lb/> wuͤrde, muß man ihn, je nachdem die Wetter ſich fruͤher<lb/> oder ſpaͤter verziehen, oft 2 ∙ 3 Stunden liegen laſſen,<lb/> ohne ſich ihm zu naͤhern. Der Zuſtand des Verun-<lb/> gluͤckten iſt waͤhrend dieſer Zeit, bisweilen weit ſchreck-<lb/> licher, als unſere Phantaſie denſelben ſchildert. Im<lb/> Salzburgiſchen Alpengebirge wurde mir die Geſchichte<lb/> eines Bergmanns erzaͤhlt, der eine halbe Stunde ohn-<lb/> maͤchtig und roͤchelnd ausgeſtreckt lag, dann, als die<lb/> Wetter ſich von ſelbſt etwas verzogen, erwachte, ſich<lb/> ein paar Lachter fortſchleppte, wieder ohne Beſinnung<lb/> niederfiel, und nun erſt, nach einer vollen Stunde da<lb/> er bald zu kriechen verſuchte, bald ohne Bewegung war,<lb/> unter dem Schacht in friſchere Wetter gelangte. Der<lb/> Tod der Erſtickenden iſt alſo keinesweges immer ſo ploͤtz-<lb/> lich und ſanft, als man uns zu uͤberreden ſucht.</p><lb/> <p>Je tiefer wir von dem Schmerz durchdrungen ſind,<lb/> einen arbeitſamen Menſchen auf dieſe Weiſe hingeopfert,<lb/> einer oft kinderreichen Familie ihren Ernaͤhrer geraubt<lb/> <fw type="catch" place="bottom">zu</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [102/0005]
Zeichen zum Ausfahren zu ſpaͤt, und wird ſelbſt ein
Opfer ſeiner Kuͤhnheit. Selbſt wenn die Wetter we-
niger toͤdlich, nur ſo matt ſind, daß man 15 ∙ 20 Mi-
nuten lang darin ohne Ohmacht zu exiſtiren hoffen
kann; ſo haͤlt doch die Unwahrſcheinlichkeit ohne Licht
bey dem Umhertappen im Finſtern, den Erſtickten zu fin-
den, und die Furcht ſich ſelbſt zu verſpaͤten, diejenigen
zuruͤck, welche mit einem nicht zu verloͤſchenden Ge-
leuchte ſich gewiß zum Nachfahren entſchloͤſſen. Statt
alſo, daß der Verungluͤckte, wenn man ihn in der
erſten Viertel oder halben Stunde herausziehen koͤnn-
te, wahrſcheinlich noch zum Leben zuruͤckgebracht werden
wuͤrde, muß man ihn, je nachdem die Wetter ſich fruͤher
oder ſpaͤter verziehen, oft 2 ∙ 3 Stunden liegen laſſen,
ohne ſich ihm zu naͤhern. Der Zuſtand des Verun-
gluͤckten iſt waͤhrend dieſer Zeit, bisweilen weit ſchreck-
licher, als unſere Phantaſie denſelben ſchildert. Im
Salzburgiſchen Alpengebirge wurde mir die Geſchichte
eines Bergmanns erzaͤhlt, der eine halbe Stunde ohn-
maͤchtig und roͤchelnd ausgeſtreckt lag, dann, als die
Wetter ſich von ſelbſt etwas verzogen, erwachte, ſich
ein paar Lachter fortſchleppte, wieder ohne Beſinnung
niederfiel, und nun erſt, nach einer vollen Stunde da
er bald zu kriechen verſuchte, bald ohne Bewegung war,
unter dem Schacht in friſchere Wetter gelangte. Der
Tod der Erſtickenden iſt alſo keinesweges immer ſo ploͤtz-
lich und ſanft, als man uns zu uͤberreden ſucht.
Je tiefer wir von dem Schmerz durchdrungen ſind,
einen arbeitſamen Menſchen auf dieſe Weiſe hingeopfert,
einer oft kinderreichen Familie ihren Ernaͤhrer geraubt
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