Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Auszug aus einem Briefe des Hrn. v. Humboldt an Hrn. Fourcroy. In: Magazin für den neuesten Zustand der Naturkunde mit Rücksicht auf die dazu gehörigen Hülfswissenschaften. Bd. 4 (1802) S. 188-195.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Pendarenharz ist eine getrocknete Milch
des Baums Pendare und stellt einen weißen
natürlichen Firniß vor. Man überzieht mit die-
ser Milch wenn sie noch frisch ist, die Gefäße der
Tatuna's. Sie trocknet schnell und ist ein sehr
schöner Firniß; unglücklicherweise aber wird sie
gelblich wenn man sie in großer Masse trock-
net.

Die Erde der Otomaguen ist 3 Monate lang fast
die einzige Nahrung dieser durch ihre bemahlten
Körper scheußlichen Nation. Diese Leute essen die
erwähnte Erde so lange als der Oronoco sehr hoch
ist und man viele Schildkröten daselbst findet. Es
ist eine Art von fettiger Erde und es giebt Leute
die 1 bis 11/2 Pfund des Tages davon verzehren.
Einige Mönche haben behauptet daß sie das Fett
aus den Crocodillschwänzen damit vermischten;
aber dieß ist falsch. Wir haben bey den Otoma-
guen Vorräthe von ganz reiner Erde gefunden,
die sie aßen, und sie geben ihr keine andere Zu-
bereitung als daß sie selbige ein wenig rösten und
anfeuchten. Mir scheint es sehr wunderbar wie
man rubust seyn und täglich 11/2 Pf. Erde essen
kann, da es doch bekant ist was für traurige Wir-
kungen die Erde bey Kindern hat. Indessen ha-
ben mich meine eignen Erfahrungen über die Er-
de und ihre Eigenschaft, im feuchten Zustande

die
Voigts Mag. IV. B. 2. St. O

Das Pendarenharz iſt eine getrocknete Milch
des Baums Pendare und ſtellt einen weißen
natuͤrlichen Firniß vor. Man uͤberzieht mit die-
ſer Milch wenn ſie noch friſch iſt, die Gefaͤße der
Tatuna's. Sie trocknet ſchnell und iſt ein ſehr
ſchoͤner Firniß; ungluͤcklicherweiſe aber wird ſie
gelblich wenn man ſie in großer Maſſe trock-
net.

Die Erde der Otomaguen iſt 3 Monate lang faſt
die einzige Nahrung dieſer durch ihre bemahlten
Koͤrper ſcheußlichen Nation. Dieſe Leute eſſen die
erwaͤhnte Erde ſo lange als der Oronoco ſehr hoch
iſt und man viele Schildkroͤten daſelbſt findet. Es
iſt eine Art von fettiger Erde und es giebt Leute
die 1 bis 1½ Pfund des Tages davon verzehren.
Einige Moͤnche haben behauptet daß ſie das Fett
aus den Crocodillſchwaͤnzen damit vermiſchten;
aber dieß iſt falſch. Wir haben bey den Otoma-
guen Vorraͤthe von ganz reiner Erde gefunden,
die ſie aßen, und ſie geben ihr keine andere Zu-
bereitung als daß ſie ſelbige ein wenig roͤſten und
anfeuchten. Mir ſcheint es ſehr wunderbar wie
man rubuſt ſeyn und taͤglich 1½ Pf. Erde eſſen
kann, da es doch bekant iſt was fuͤr traurige Wir-
kungen die Erde bey Kindern hat. Indeſſen ha-
ben mich meine eignen Erfahrungen uͤber die Er-
de und ihre Eigenſchaft, im feuchten Zuſtande

die
Voigts Mag. IV. B. 2. St. O
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0007" n="193"/>
        <p>Das Pendarenharz i&#x017F;t eine getrocknete Milch<lb/>
des Baums <hi rendition="#g">Pendare</hi> und &#x017F;tellt einen weißen<lb/>
natu&#x0364;rlichen Firniß vor. Man u&#x0364;berzieht mit die-<lb/>
&#x017F;er Milch wenn &#x017F;ie noch fri&#x017F;ch i&#x017F;t, die Gefa&#x0364;ße der<lb/>
Tatuna's. Sie trocknet &#x017F;chnell und i&#x017F;t ein &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;ner Firniß; unglu&#x0364;cklicherwei&#x017F;e aber wird &#x017F;ie<lb/>
gelblich wenn man &#x017F;ie in großer Ma&#x017F;&#x017F;e trock-<lb/>
net.</p><lb/>
        <p>Die Erde der Otomaguen i&#x017F;t 3 Monate lang fa&#x017F;t<lb/>
die einzige Nahrung die&#x017F;er durch ihre bemahlten<lb/>
Ko&#x0364;rper &#x017F;cheußlichen Nation. Die&#x017F;e Leute e&#x017F;&#x017F;en die<lb/>
erwa&#x0364;hnte Erde &#x017F;o lange als der Oronoco &#x017F;ehr hoch<lb/>
i&#x017F;t und man viele Schildkro&#x0364;ten da&#x017F;elb&#x017F;t findet. Es<lb/>
i&#x017F;t eine Art von fettiger Erde und es giebt Leute<lb/>
die 1 bis 1½ Pfund des Tages davon verzehren.<lb/>
Einige Mo&#x0364;nche haben behauptet daß &#x017F;ie das Fett<lb/>
aus den Crocodill&#x017F;chwa&#x0364;nzen damit vermi&#x017F;chten;<lb/>
aber dieß i&#x017F;t fal&#x017F;ch. Wir haben bey den Otoma-<lb/>
guen Vorra&#x0364;the von ganz reiner Erde gefunden,<lb/>
die &#x017F;ie aßen, und &#x017F;ie geben ihr keine andere Zu-<lb/>
bereitung als daß &#x017F;ie &#x017F;elbige ein wenig ro&#x0364;&#x017F;ten und<lb/>
anfeuchten. Mir &#x017F;cheint es &#x017F;ehr wunderbar wie<lb/>
man rubu&#x017F;t &#x017F;eyn und ta&#x0364;glich 1½ Pf. Erde e&#x017F;&#x017F;en<lb/>
kann, da es doch bekant i&#x017F;t was fu&#x0364;r traurige Wir-<lb/>
kungen die Erde bey Kindern hat. Inde&#x017F;&#x017F;en ha-<lb/>
ben mich meine eignen Erfahrungen u&#x0364;ber die Er-<lb/>
de und ihre Eigen&#x017F;chaft, im feuchten Zu&#x017F;tande<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Voigts Mag. IV. B. 2. St. O</fw> <fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[193/0007] Das Pendarenharz iſt eine getrocknete Milch des Baums Pendare und ſtellt einen weißen natuͤrlichen Firniß vor. Man uͤberzieht mit die- ſer Milch wenn ſie noch friſch iſt, die Gefaͤße der Tatuna's. Sie trocknet ſchnell und iſt ein ſehr ſchoͤner Firniß; ungluͤcklicherweiſe aber wird ſie gelblich wenn man ſie in großer Maſſe trock- net. Die Erde der Otomaguen iſt 3 Monate lang faſt die einzige Nahrung dieſer durch ihre bemahlten Koͤrper ſcheußlichen Nation. Dieſe Leute eſſen die erwaͤhnte Erde ſo lange als der Oronoco ſehr hoch iſt und man viele Schildkroͤten daſelbſt findet. Es iſt eine Art von fettiger Erde und es giebt Leute die 1 bis 1½ Pfund des Tages davon verzehren. Einige Moͤnche haben behauptet daß ſie das Fett aus den Crocodillſchwaͤnzen damit vermiſchten; aber dieß iſt falſch. Wir haben bey den Otoma- guen Vorraͤthe von ganz reiner Erde gefunden, die ſie aßen, und ſie geben ihr keine andere Zu- bereitung als daß ſie ſelbige ein wenig roͤſten und anfeuchten. Mir ſcheint es ſehr wunderbar wie man rubuſt ſeyn und taͤglich 1½ Pf. Erde eſſen kann, da es doch bekant iſt was fuͤr traurige Wir- kungen die Erde bey Kindern hat. Indeſſen ha- ben mich meine eignen Erfahrungen uͤber die Er- de und ihre Eigenſchaft, im feuchten Zuſtande die Voigts Mag. IV. B. 2. St. O

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (2021 ff.) der Universität Bern.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_fourcroy_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_fourcroy_1802/7
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Auszug aus einem Briefe des Hrn. v. Humboldt an Hrn. Fourcroy. In: Magazin für den neuesten Zustand der Naturkunde mit Rücksicht auf die dazu gehörigen Hülfswissenschaften. Bd. 4 (1802) S. 188-195, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_fourcroy_1802/7>, abgerufen am 28.11.2024.