Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Ueber einige Gegenstände der Chemie und der Naturgeschichte des südlichen Amerikas. In: Chemische Annalen für die Freunde der Naturlehre, Arzneygelahrtheit, Haushaltungskunst und Manufakturen, Bd. 2 (1800), S. 351-355.

Bild:
<< vorherige Seite

45,57° machen, daß dies Fallen und Streichen
keinesweges von der Direktion oder Gestalt des Ge-
birges abhängt; daß die Thäler keinen Einfluß
darauf haben, sondern daß jenes sich auf eine viel
größere und allgemeinere Ursache, und zwar auf
die Anziehungskraft beziehe, die bey dem Festwer-
den des Erdkörpers wirksam war. Da ich den
größten Theil von Europa zu Fuß und mit dem
Sextanten und der Magnetnadel durchwandert ha-
be, so habe ich eine beträchtliche Menge Beobach-
tungen über diesen Gegenstand gesammelt. Zu
meinem großen Erstaunen habe ich in den Cordille-
ren des Paria, in Neu-Andalusien, Neu-Bar-
cellona und Venezuela beobachtet, daß in der neuen
Welt, nahe beym Aequator, die Schichten diesel-
ben Gesetze, denselben Parallelismus befolgen.

Nach Coulomb's merkwürdigen Versuchen
über die Luft, die mit einer Art von Verplatzung
aus den Baumstämmen geht, wenn man in sie
bohrt, versuchte ich dasselbe mit der Clusea rosea
in deren vasis cochlear. (nach Malpighi) eine
unermeßliche Menge Luft circulirt. Diese Luft ent-
hält an Sauerstoff. Jhre Blätter, im Son-
nenscheine unter Wasser, geben nicht einen Millime-
ter-Würfel an Luft. Diese umlaufende Luft dient
sicherlich (wie im thierischen Körper) die faserigten
Theile durch Einsaugung des Sauerstoffs gerinnen
zu machen; aus jener Milch bildet sich ein elasti-
scher Schleim. Obgleich die Reinigkeit der hiesigen

Luft

45,57° machen, daß dies Fallen und Streichen
keinesweges von der Direktion oder Geſtalt des Ge-
birges abhaͤngt; daß die Thaͤler keinen Einfluß
darauf haben, ſondern daß jenes ſich auf eine viel
groͤßere und allgemeinere Urſache, und zwar auf
die Anziehungskraft beziehe, die bey dem Feſtwer-
den des Erdkoͤrpers wirkſam war. Da ich den
groͤßten Theil von Europa zu Fuß und mit dem
Sextanten und der Magnetnadel durchwandert ha-
be, ſo habe ich eine betraͤchtliche Menge Beobach-
tungen uͤber dieſen Gegenſtand geſammelt. Zu
meinem großen Erſtaunen habe ich in den Cordille-
ren des Paria, in Neu-Andaluſien, Neu-Bar-
cellona und Venezuela beobachtet, daß in der neuen
Welt, nahe beym Aequator, die Schichten dieſel-
ben Geſetze, denſelben Parallelismus befolgen.

Nach Coulomb's merkwuͤrdigen Verſuchen
uͤber die Luft, die mit einer Art von Verplatzung
aus den Baumſtaͤmmen geht, wenn man in ſie
bohrt, verſuchte ich daſſelbe mit der Cluſea roſea
in deren vaſis cochlear. (nach Malpighi) eine
unermeßliche Menge Luft circulirt. Dieſe Luft ent-
haͤlt an Sauerſtoff. Jhre Blaͤtter, im Son-
nenſcheine unter Waſſer, geben nicht einen Millime-
ter-Wuͤrfel an Luft. Dieſe umlaufende Luft dient
ſicherlich (wie im thieriſchen Koͤrper) die faſerigten
Theile durch Einſaugung des Sauerſtoffs gerinnen
zu machen; aus jener Milch bildet ſich ein elaſti-
ſcher Schleim. Obgleich die Reinigkeit der hieſigen

Luft
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0005" n="354"/>
45,57° machen, daß dies Fallen und Streichen<lb/>
keinesweges von der Direktion oder Ge&#x017F;talt des Ge-<lb/>
birges abha&#x0364;ngt; daß die Tha&#x0364;ler keinen Einfluß<lb/>
darauf haben, &#x017F;ondern daß jenes &#x017F;ich auf eine viel<lb/>
gro&#x0364;ßere und allgemeinere Ur&#x017F;ache, und zwar auf<lb/>
die Anziehungskraft beziehe, die bey dem Fe&#x017F;twer-<lb/>
den des Erdko&#x0364;rpers wirk&#x017F;am war. Da ich den<lb/>
gro&#x0364;ßten Theil von Europa zu Fuß und mit dem<lb/>
Sextanten und der Magnetnadel durchwandert ha-<lb/>
be, &#x017F;o habe ich eine betra&#x0364;chtliche Menge Beobach-<lb/>
tungen u&#x0364;ber die&#x017F;en Gegen&#x017F;tand ge&#x017F;ammelt. Zu<lb/>
meinem großen Er&#x017F;taunen habe ich in den Cordille-<lb/>
ren des Paria, in Neu-Andalu&#x017F;ien, Neu-Bar-<lb/>
cellona und Venezuela beobachtet, daß in der neuen<lb/>
Welt, nahe beym Aequator, die Schichten die&#x017F;el-<lb/>
ben Ge&#x017F;etze, den&#x017F;elben Parallelismus befolgen.</p><lb/>
        <p>Nach <hi rendition="#g">Coulomb's</hi> merkwu&#x0364;rdigen Ver&#x017F;uchen<lb/>
u&#x0364;ber die Luft, die mit einer Art von Verplatzung<lb/>
aus den Baum&#x017F;ta&#x0364;mmen geht, wenn man in &#x017F;ie<lb/>
bohrt, ver&#x017F;uchte ich da&#x017F;&#x017F;elbe mit der <hi rendition="#aq">Clu&#x017F;ea ro&#x017F;ea</hi><lb/>
in deren <hi rendition="#aq">va&#x017F;is cochlear</hi>. (nach <hi rendition="#g">Malpighi</hi>) eine<lb/>
unermeßliche Menge Luft circulirt. Die&#x017F;e Luft ent-<lb/>
ha&#x0364;lt <formula notation="TeX">\frac{35}{100}</formula> an Sauer&#x017F;toff. Jhre Bla&#x0364;tter, im Son-<lb/>
nen&#x017F;cheine unter Wa&#x017F;&#x017F;er, geben nicht einen Millime-<lb/>
ter-Wu&#x0364;rfel an Luft. Die&#x017F;e umlaufende Luft dient<lb/>
&#x017F;icherlich (wie im thieri&#x017F;chen Ko&#x0364;rper) die fa&#x017F;erigten<lb/>
Theile durch Ein&#x017F;augung des Sauer&#x017F;toffs gerinnen<lb/>
zu machen; aus jener Milch bildet &#x017F;ich ein ela&#x017F;ti-<lb/>
&#x017F;cher Schleim. Obgleich die Reinigkeit der hie&#x017F;igen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Luft</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[354/0005] 45,57° machen, daß dies Fallen und Streichen keinesweges von der Direktion oder Geſtalt des Ge- birges abhaͤngt; daß die Thaͤler keinen Einfluß darauf haben, ſondern daß jenes ſich auf eine viel groͤßere und allgemeinere Urſache, und zwar auf die Anziehungskraft beziehe, die bey dem Feſtwer- den des Erdkoͤrpers wirkſam war. Da ich den groͤßten Theil von Europa zu Fuß und mit dem Sextanten und der Magnetnadel durchwandert ha- be, ſo habe ich eine betraͤchtliche Menge Beobach- tungen uͤber dieſen Gegenſtand geſammelt. Zu meinem großen Erſtaunen habe ich in den Cordille- ren des Paria, in Neu-Andaluſien, Neu-Bar- cellona und Venezuela beobachtet, daß in der neuen Welt, nahe beym Aequator, die Schichten dieſel- ben Geſetze, denſelben Parallelismus befolgen. Nach Coulomb's merkwuͤrdigen Verſuchen uͤber die Luft, die mit einer Art von Verplatzung aus den Baumſtaͤmmen geht, wenn man in ſie bohrt, verſuchte ich daſſelbe mit der Cluſea roſea in deren vaſis cochlear. (nach Malpighi) eine unermeßliche Menge Luft circulirt. Dieſe Luft ent- haͤlt [FORMEL] an Sauerſtoff. Jhre Blaͤtter, im Son- nenſcheine unter Waſſer, geben nicht einen Millime- ter-Wuͤrfel an Luft. Dieſe umlaufende Luft dient ſicherlich (wie im thieriſchen Koͤrper) die faſerigten Theile durch Einſaugung des Sauerſtoffs gerinnen zu machen; aus jener Milch bildet ſich ein elaſti- ſcher Schleim. Obgleich die Reinigkeit der hieſigen Luft

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (2021 ff.) der Universität Bern.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_chemie_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_chemie_1800/5
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber einige Gegenstände der Chemie und der Naturgeschichte des südlichen Amerikas. In: Chemische Annalen für die Freunde der Naturlehre, Arzneygelahrtheit, Haushaltungskunst und Manufakturen, Bd. 2 (1800), S. 351-355, hier S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_chemie_1800/5>, abgerufen am 24.11.2024.