Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

Bild:
<< vorherige Seite

der spanischen und der portugiesischen Regierung. Eine kleine
Abteilung Soldaten, die von Angostura oder vom Rio Negro
aufbräche, könnte den Guaharibos, Guaica und Kariben,
deren Kraft und Anzahl man in gleichem Maße übertreibt,
die Spitze bieten. Diese Expedition könnte entweder von
Esmeralda ostwärts oder auf dem Rio Carony und dem Pa-
ragua südwestwärts, oder endlich auf dem Rio Padaviri oder
dem Rio Branco und dem Urariquera nach Nordwest gehen.
Da der Orinoko in der Nähe seines Ursprungs wahrschein-
lich weder unter diesem Namen noch unter dem Namen Pa-
ragua 1 bekannt ist, so wäre es sicherer auf ihm über den
Gehete hinaufzugehen, nachdem man das Land zwischen
Esmeralda und dem Raudal der Guaharibos, das ich oben
genau beschrieben, hinter sich gelassen. Auf diese Weise ver-
wechselte man nicht den Hauptstamm des Flusses mit einem
oberen Nebenfluß, und wo das Bett mit Felsen verstopft
wäre, ginge man bald am einen, bald am anderen Ufer am
Orinoko hinauf. Wollte man aber, statt sich nach Ost zu
wenden, die Quellen westwärts auf dem Rio Carony, dem
Essequibo oder dem Rio Branco suchen, so müßte man den
Zweck der Expedition erst dann als erreicht ansehen, wenn
man auf dem Fluß, den man für den Orinoko angesehen,
bis zum Einfluß des Gehete und zur Mission Esmeralda
herabgekommen wäre. Das portugiesische Fort San Joaquim,
am linken Ufer des Rio Branco beim Einfluß des Tacutu,
wäre ein weiterer günstig gelegener Ausgangspunkt; ich em-
pfehle ihn, weil ich nicht weiß, ob die Mission Santa Rosa,
die vom Statthalter Don Manuel Centurion, als die Ciudad
Guirior angelegt wurde, weiter nach West am Ufer des
Urariapara gegründet worden, nicht bereits wieder einge-
gangen ist. Verfolgte man den Lauf des Paragua westwärts
vom Destacamento oder Militärposten Guirior, der in den
Missionen der katalonischen Kapuziner liegt, oder ginge man
vom portugiesischen Fort San Joaquim im Thale des Rio
Uruariquera gegen West, so käme man am sichersten zu den
Quellen des Orinoko. Die Längenbeobachtungen, die ich in
Esmeralda angestellt, können das Suchen erleichtern, wie ich
in einer an das spanische Ministerium unter König Karl IV.
gerichteten Denkschrift auseinandergesetzt habe.


1 Dies ist der indische Name des oberen Orinoko.

der ſpaniſchen und der portugieſiſchen Regierung. Eine kleine
Abteilung Soldaten, die von Angoſtura oder vom Rio Negro
aufbräche, könnte den Guaharibos, Guaica und Kariben,
deren Kraft und Anzahl man in gleichem Maße übertreibt,
die Spitze bieten. Dieſe Expedition könnte entweder von
Esmeralda oſtwärts oder auf dem Rio Carony und dem Pa-
ragua ſüdweſtwärts, oder endlich auf dem Rio Padaviri oder
dem Rio Branco und dem Urariquera nach Nordweſt gehen.
Da der Orinoko in der Nähe ſeines Urſprungs wahrſchein-
lich weder unter dieſem Namen noch unter dem Namen Pa-
ragua 1 bekannt iſt, ſo wäre es ſicherer auf ihm über den
Gehete hinaufzugehen, nachdem man das Land zwiſchen
Esmeralda und dem Raudal der Guaharibos, das ich oben
genau beſchrieben, hinter ſich gelaſſen. Auf dieſe Weiſe ver-
wechſelte man nicht den Hauptſtamm des Fluſſes mit einem
oberen Nebenfluß, und wo das Bett mit Felſen verſtopft
wäre, ginge man bald am einen, bald am anderen Ufer am
Orinoko hinauf. Wollte man aber, ſtatt ſich nach Oſt zu
wenden, die Quellen weſtwärts auf dem Rio Carony, dem
Eſſequibo oder dem Rio Branco ſuchen, ſo müßte man den
Zweck der Expedition erſt dann als erreicht anſehen, wenn
man auf dem Fluß, den man für den Orinoko angeſehen,
bis zum Einfluß des Gehete und zur Miſſion Esmeralda
herabgekommen wäre. Das portugieſiſche Fort San Joaquim,
am linken Ufer des Rio Branco beim Einfluß des Tacutu,
wäre ein weiterer günſtig gelegener Ausgangspunkt; ich em-
pfehle ihn, weil ich nicht weiß, ob die Miſſion Santa Roſa,
die vom Statthalter Don Manuel Centurion, als die Ciudad
Guirior angelegt wurde, weiter nach Weſt am Ufer des
Urariapara gegründet worden, nicht bereits wieder einge-
gangen iſt. Verfolgte man den Lauf des Paragua weſtwärts
vom Deſtacamento oder Militärpoſten Guirior, der in den
Miſſionen der kataloniſchen Kapuziner liegt, oder ginge man
vom portugieſiſchen Fort San Joaquim im Thale des Rio
Uruariquera gegen Weſt, ſo käme man am ſicherſten zu den
Quellen des Orinoko. Die Längenbeobachtungen, die ich in
Esmeralda angeſtellt, können das Suchen erleichtern, wie ich
in einer an das ſpaniſche Miniſterium unter König Karl IV.
gerichteten Denkſchrift auseinandergeſetzt habe.


1 Dies iſt der indiſche Name des oberen Orinoko.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0098" n="90"/>
der &#x017F;pani&#x017F;chen und der portugie&#x017F;i&#x017F;chen Regierung. Eine kleine<lb/>
Abteilung Soldaten, die von Ango&#x017F;tura oder vom Rio Negro<lb/>
aufbräche, könnte den Guaharibos, Guaica und Kariben,<lb/>
deren Kraft und Anzahl man in gleichem Maße übertreibt,<lb/>
die Spitze bieten. Die&#x017F;e Expedition könnte entweder von<lb/>
Esmeralda o&#x017F;twärts oder auf dem Rio Carony und dem Pa-<lb/>
ragua &#x017F;üdwe&#x017F;twärts, oder endlich auf dem Rio Padaviri oder<lb/>
dem Rio Branco und dem Urariquera nach Nordwe&#x017F;t gehen.<lb/>
Da der Orinoko in der Nähe &#x017F;eines Ur&#x017F;prungs wahr&#x017F;chein-<lb/>
lich weder unter die&#x017F;em Namen noch unter dem Namen Pa-<lb/>
ragua <note place="foot" n="1">Dies i&#x017F;t der indi&#x017F;che Name des oberen Orinoko.</note> bekannt i&#x017F;t, &#x017F;o wäre es &#x017F;icherer auf ihm über den<lb/>
Gehete hinaufzugehen, nachdem man das Land zwi&#x017F;chen<lb/>
Esmeralda und dem Raudal der Guaharibos, das ich oben<lb/>
genau be&#x017F;chrieben, hinter &#x017F;ich gela&#x017F;&#x017F;en. Auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e ver-<lb/>
wech&#x017F;elte man nicht den Haupt&#x017F;tamm des Flu&#x017F;&#x017F;es mit einem<lb/>
oberen Nebenfluß, und wo das Bett mit Fel&#x017F;en ver&#x017F;topft<lb/>
wäre, ginge man bald am einen, bald am anderen Ufer am<lb/>
Orinoko hinauf. Wollte man aber, &#x017F;tatt &#x017F;ich nach O&#x017F;t zu<lb/>
wenden, die Quellen we&#x017F;twärts auf dem Rio Carony, dem<lb/>
E&#x017F;&#x017F;equibo oder dem Rio Branco &#x017F;uchen, &#x017F;o müßte man den<lb/>
Zweck der Expedition er&#x017F;t dann als erreicht an&#x017F;ehen, wenn<lb/>
man auf dem Fluß, den man für den Orinoko ange&#x017F;ehen,<lb/>
bis zum Einfluß des Gehete und zur Mi&#x017F;&#x017F;ion Esmeralda<lb/>
herabgekommen wäre. Das portugie&#x017F;i&#x017F;che Fort San Joaquim,<lb/>
am linken Ufer des Rio Branco beim Einfluß des Tacutu,<lb/>
wäre ein weiterer gün&#x017F;tig gelegener Ausgangspunkt; ich em-<lb/>
pfehle ihn, weil ich nicht weiß, ob die Mi&#x017F;&#x017F;ion Santa Ro&#x017F;a,<lb/>
die vom Statthalter Don Manuel Centurion, als die <hi rendition="#g">Ciudad</hi><lb/>
Guirior angelegt wurde, weiter nach We&#x017F;t am Ufer des<lb/>
Urariapara gegründet worden, nicht bereits wieder einge-<lb/>
gangen i&#x017F;t. Verfolgte man den Lauf des Paragua we&#x017F;twärts<lb/>
vom De&#x017F;tacamento oder Militärpo&#x017F;ten Guirior, der in den<lb/>
Mi&#x017F;&#x017F;ionen der kataloni&#x017F;chen Kapuziner liegt, oder ginge man<lb/>
vom portugie&#x017F;i&#x017F;chen Fort San Joaquim im Thale des Rio<lb/>
Uruariquera gegen We&#x017F;t, &#x017F;o käme man am &#x017F;icher&#x017F;ten zu den<lb/>
Quellen des Orinoko. Die Längenbeobachtungen, die ich in<lb/>
Esmeralda ange&#x017F;tellt, können das Suchen erleichtern, wie ich<lb/>
in einer an das &#x017F;pani&#x017F;che Mini&#x017F;terium unter König Karl <hi rendition="#aq">IV.</hi><lb/>
gerichteten Denk&#x017F;chrift auseinanderge&#x017F;etzt habe.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0098] der ſpaniſchen und der portugieſiſchen Regierung. Eine kleine Abteilung Soldaten, die von Angoſtura oder vom Rio Negro aufbräche, könnte den Guaharibos, Guaica und Kariben, deren Kraft und Anzahl man in gleichem Maße übertreibt, die Spitze bieten. Dieſe Expedition könnte entweder von Esmeralda oſtwärts oder auf dem Rio Carony und dem Pa- ragua ſüdweſtwärts, oder endlich auf dem Rio Padaviri oder dem Rio Branco und dem Urariquera nach Nordweſt gehen. Da der Orinoko in der Nähe ſeines Urſprungs wahrſchein- lich weder unter dieſem Namen noch unter dem Namen Pa- ragua 1 bekannt iſt, ſo wäre es ſicherer auf ihm über den Gehete hinaufzugehen, nachdem man das Land zwiſchen Esmeralda und dem Raudal der Guaharibos, das ich oben genau beſchrieben, hinter ſich gelaſſen. Auf dieſe Weiſe ver- wechſelte man nicht den Hauptſtamm des Fluſſes mit einem oberen Nebenfluß, und wo das Bett mit Felſen verſtopft wäre, ginge man bald am einen, bald am anderen Ufer am Orinoko hinauf. Wollte man aber, ſtatt ſich nach Oſt zu wenden, die Quellen weſtwärts auf dem Rio Carony, dem Eſſequibo oder dem Rio Branco ſuchen, ſo müßte man den Zweck der Expedition erſt dann als erreicht anſehen, wenn man auf dem Fluß, den man für den Orinoko angeſehen, bis zum Einfluß des Gehete und zur Miſſion Esmeralda herabgekommen wäre. Das portugieſiſche Fort San Joaquim, am linken Ufer des Rio Branco beim Einfluß des Tacutu, wäre ein weiterer günſtig gelegener Ausgangspunkt; ich em- pfehle ihn, weil ich nicht weiß, ob die Miſſion Santa Roſa, die vom Statthalter Don Manuel Centurion, als die Ciudad Guirior angelegt wurde, weiter nach Weſt am Ufer des Urariapara gegründet worden, nicht bereits wieder einge- gangen iſt. Verfolgte man den Lauf des Paragua weſtwärts vom Deſtacamento oder Militärpoſten Guirior, der in den Miſſionen der kataloniſchen Kapuziner liegt, oder ginge man vom portugieſiſchen Fort San Joaquim im Thale des Rio Uruariquera gegen Weſt, ſo käme man am ſicherſten zu den Quellen des Orinoko. Die Längenbeobachtungen, die ich in Esmeralda angeſtellt, können das Suchen erleichtern, wie ich in einer an das ſpaniſche Miniſterium unter König Karl IV. gerichteten Denkſchrift auseinandergeſetzt habe. 1 Dies iſt der indiſche Name des oberen Orinoko.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/98
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/98>, abgerufen am 22.11.2024.