nämlich Thonerde, Schwefelsäure und Kali. Die alaunhaltigen Gesteine im Trachyt verschiedener Länder rühren unzweifelhaft daher, daß schwefligsaure Dämpfe die Gebirgsart durchdrun- gen haben. Sie sind, wie man sich in den Solfataren bei Pozzuoli und auf dem Pik von Tenerifa überzeugen kann, Produkte einer schwachen, lange andauernden vulkanischen Thätigkeit. Das Wasser, das diese alaunhaltigen Gebirgs- arten vulkanischer Herkunft durchdringt, setzt indessen kleine Massen natürlichen Alauns ab; zur Gewinnung desselben müssen die Gesteine geröstet werden. Ich kenne nirgends Alaunniederschläge, ähnlich denen, wie ich sie aus Cumana mitgebracht; denn die haarförmigen und faserigen Massen, die man in Gängen in Braunkohlenschichten findet (an den Ufern der Eger, zwischen Saaz und Komotau in Böhmen) oder sich in Hohlräumen (Freienwalde in Brandenburg, Segario in Sardinien) durch Auswitterung bilden, sind unreine Salze, oft ohne Kali, vermengt mit schwefelsaurem Ammoniak und schwefelsaurer Bittererde. Eine langsame Zersetzung der Schwefelkiese, die vielleicht als ebensoviele kleine galvanische Säulen wirken, macht die Gewässer, welche die Braunkohle und die Alaunerde durchziehen, alaunhaltig. Aehnliche chemische Vorgänge können nun aber in Ur- und Uebergangsschiefern so gut wie in tertiären Bildungen stattfinden. Alle Schiefer, und dieser Umstand ist sehr wichtig, enthalten gegen fünf Prozent Kali, Schwefeleisen, Eisenperoxyd, Kohle u. s. w. So viele ungleichartige Stoffe, in gegenseitiger Berührung und von Wasser befeuchtet, müssen notwendig Neigung haben, sich nach Form und Zusammensetzung zu verändern. Die ausge- witterten Salze, welche in der Schlucht Robalo die Alaun- schiefer in Menge bedecken, zeigen, wie sehr diese chemischen Vorgänge durch die hohe Temperatur dieses Klimas gefördert werden; aber -- ich wiederhole es -- in einem Gestein ohne Spalten, ohne dem Streichen und Fallen seiner Schichten parallel laufende Hohlräume ist ein natürlicher, seine Lager- stätte völlig ausfüllender, halb durchsichtiger Alaun mit musche- ligem Bruch als gleichen Alters mit der einschließenden Ge- birgsart zu betrachten.
Nachdem wir lange in dieser Einöde unter den völlig kahlen Felsen umhergeirrt, ruhten unsere Blicke mit Lust auf den Malpighia- und Krotonbüschen, die wir auf dem Wege zur Küste hinab trafen. Diese baumartigen Kroton waren sogar zwei neue, durch ihren Habitus sehr interessante, der
nämlich Thonerde, Schwefelſäure und Kali. Die alaunhaltigen Geſteine im Trachyt verſchiedener Länder rühren unzweifelhaft daher, daß ſchwefligſaure Dämpfe die Gebirgsart durchdrun- gen haben. Sie ſind, wie man ſich in den Solfataren bei Pozzuoli und auf dem Pik von Tenerifa überzeugen kann, Produkte einer ſchwachen, lange andauernden vulkaniſchen Thätigkeit. Das Waſſer, das dieſe alaunhaltigen Gebirgs- arten vulkaniſcher Herkunft durchdringt, ſetzt indeſſen kleine Maſſen natürlichen Alauns ab; zur Gewinnung desſelben müſſen die Geſteine geröſtet werden. Ich kenne nirgends Alaunniederſchläge, ähnlich denen, wie ich ſie aus Cumana mitgebracht; denn die haarförmigen und faſerigen Maſſen, die man in Gängen in Braunkohlenſchichten findet (an den Ufern der Eger, zwiſchen Saaz und Komotau in Böhmen) oder ſich in Hohlräumen (Freienwalde in Brandenburg, Segario in Sardinien) durch Auswitterung bilden, ſind unreine Salze, oft ohne Kali, vermengt mit ſchwefelſaurem Ammoniak und ſchwefelſaurer Bittererde. Eine langſame Zerſetzung der Schwefelkieſe, die vielleicht als ebenſoviele kleine galvaniſche Säulen wirken, macht die Gewäſſer, welche die Braunkohle und die Alaunerde durchziehen, alaunhaltig. Aehnliche chemiſche Vorgänge können nun aber in Ur- und Uebergangsſchiefern ſo gut wie in tertiären Bildungen ſtattfinden. Alle Schiefer, und dieſer Umſtand iſt ſehr wichtig, enthalten gegen fünf Prozent Kali, Schwefeleiſen, Eiſenperoxyd, Kohle u. ſ. w. So viele ungleichartige Stoffe, in gegenſeitiger Berührung und von Waſſer befeuchtet, müſſen notwendig Neigung haben, ſich nach Form und Zuſammenſetzung zu verändern. Die ausge- witterten Salze, welche in der Schlucht Robalo die Alaun- ſchiefer in Menge bedecken, zeigen, wie ſehr dieſe chemiſchen Vorgänge durch die hohe Temperatur dieſes Klimas gefördert werden; aber — ich wiederhole es — in einem Geſtein ohne Spalten, ohne dem Streichen und Fallen ſeiner Schichten parallel laufende Hohlräume iſt ein natürlicher, ſeine Lager- ſtätte völlig ausfüllender, halb durchſichtiger Alaun mit muſche- ligem Bruch als gleichen Alters mit der einſchließenden Ge- birgsart zu betrachten.
Nachdem wir lange in dieſer Einöde unter den völlig kahlen Felſen umhergeirrt, ruhten unſere Blicke mit Luſt auf den Malpighia- und Krotonbüſchen, die wir auf dem Wege zur Küſte hinab trafen. Dieſe baumartigen Kroton waren ſogar zwei neue, durch ihren Habitus ſehr intereſſante, der
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nämlich Thonerde, Schwefelſäure und Kali. Die alaunhaltigen
Geſteine im Trachyt verſchiedener Länder rühren unzweifelhaft
daher, daß ſchwefligſaure Dämpfe die Gebirgsart durchdrun-
gen haben. Sie ſind, wie man ſich in den Solfataren bei
Pozzuoli und auf dem Pik von Tenerifa überzeugen kann,
Produkte einer ſchwachen, lange andauernden vulkaniſchen
Thätigkeit. Das Waſſer, das dieſe alaunhaltigen Gebirgs-
arten vulkaniſcher Herkunft durchdringt, ſetzt indeſſen kleine
Maſſen natürlichen Alauns ab; zur Gewinnung desſelben
müſſen die Geſteine geröſtet werden. Ich kenne nirgends
Alaunniederſchläge, ähnlich denen, wie ich ſie aus Cumana
mitgebracht; denn die haarförmigen und faſerigen Maſſen, die
man in Gängen in Braunkohlenſchichten findet (an den Ufern
der Eger, zwiſchen Saaz und Komotau in Böhmen) oder
ſich in Hohlräumen (Freienwalde in Brandenburg, Segario
in Sardinien) durch Auswitterung bilden, ſind unreine Salze,
oft ohne Kali, vermengt mit ſchwefelſaurem Ammoniak und
ſchwefelſaurer Bittererde. Eine langſame Zerſetzung der
Schwefelkieſe, die vielleicht als ebenſoviele kleine galvaniſche
Säulen wirken, macht die Gewäſſer, welche die Braunkohle
und die Alaunerde durchziehen, alaunhaltig. Aehnliche chemiſche
Vorgänge können nun aber in Ur- und Uebergangsſchiefern
ſo gut wie in tertiären Bildungen ſtattfinden. Alle Schiefer,
und dieſer Umſtand iſt ſehr wichtig, enthalten gegen fünf
Prozent Kali, Schwefeleiſen, Eiſenperoxyd, Kohle u. ſ. w.
So viele ungleichartige Stoffe, in gegenſeitiger Berührung und
von Waſſer befeuchtet, müſſen notwendig Neigung haben, ſich
nach Form und Zuſammenſetzung zu verändern. Die ausge-
witterten Salze, welche in der Schlucht Robalo die Alaun-
ſchiefer in Menge bedecken, zeigen, wie ſehr dieſe chemiſchen
Vorgänge durch die hohe Temperatur dieſes Klimas gefördert
werden; aber — ich wiederhole es — in einem Geſtein ohne
Spalten, ohne dem Streichen und Fallen ſeiner Schichten
parallel laufende Hohlräume iſt ein natürlicher, ſeine Lager-
ſtätte völlig ausfüllender, halb durchſichtiger Alaun mit muſche-
ligem Bruch als gleichen Alters mit der einſchließenden Ge-
birgsart zu betrachten.
Nachdem wir lange in dieſer Einöde unter den völlig
kahlen Felſen umhergeirrt, ruhten unſere Blicke mit Luſt auf
den Malpighia- und Krotonbüſchen, die wir auf dem Wege
zur Küſte hinab trafen. Dieſe baumartigen Kroton waren
ſogar zwei neue, durch ihren Habitus ſehr intereſſante, der
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/291>, abgerufen am 16.02.2025.
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