Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.geworfen; sie treiben mit der Strömung fort und der Eigen- Die Paketboote (Correos), die von Coruna nach der 1 Langsdorf (Wetterauisches Journal, Teil I, Seite 254) hat
diese sehr merkwürdige physiologische Erscheinung zuerst bekannt ge- macht. Ich beschreibe sie hier, doch lieber lateinisch. -- Coriae- corum gens, in ora Asiae septentrioni opposita, potum sibi excogitavit ex succo inebriante Agarici muscarii, qui succus (aeque ut asparagorum), vel per humanum corpus transfusus, temulentiam nihilominus facit. Quare gens misera et inops, quo rarius mentis sit suae, propriam urinam bibit identidem; continuoque mingens rursusque hauriens eundem succum (dicas, ne ulla in parte mundi desit ebrietas) pauculis agaricis pro- ducere in diem quintum temulentiam potest. geworfen; ſie treiben mit der Strömung fort und der Eigen- Die Paketboote (Correos), die von Coruna nach der 1 Langsdorf (Wetterauiſches Journal, Teil I, Seite 254) hat
dieſe ſehr merkwürdige phyſiologiſche Erſcheinung zuerſt bekannt ge- macht. Ich beſchreibe ſie hier, doch lieber lateiniſch. — Coriae- corum gens, in ora Asiae septentrioni opposita, potum sibi excogitavit ex succo inebriante Agarici muscarii, qui succus (aeque ut asparagorum), vel per humanum corpus transfusus, temulentiam nihilominus facit. Quare gens misera et inops, quo rarius mentis sit suae, propriam urinam bibit identidem; continuoque mingens rursusque hauriens eundem succum (dicas, ne ulla in parte mundi desit ebrietas) pauculis agaricis pro- ducere in diem quintum temulentiam potest. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0279" n="271"/> geworfen; ſie treiben mit der Strömung fort und der Eigen-<lb/> tümer mit ſeinen älteſten Söhnen ſchwimmt bald hier- bald<lb/> dorthin, um die Stücke, die in den Krümmungen des Fluſſes<lb/> ſtecken bleiben, wieder flott zu machen. In den meiſten<lb/> amerikaniſchen Flüſſen, in denen Krokodile vorkommen, ver-<lb/> böte ſich ein ſolches Verfahren von ſelbſt. Die Stadt Bar-<lb/> celona hat nicht, wie Cumana, eine indianiſche Vorſtadt, und<lb/> ſieht man hie und da einen Indianer, ſo ſind ſie aus den<lb/> benachbarten Miſſionen, oder aus den über die Ebene zer-<lb/> ſtreuten Hütten. Beide ſind nicht von karibiſchem Stamm,<lb/> ſondern ein Miſchvolk von Cumanagoten, Palenques und<lb/> Piritu, von kleinem Wuchs, unterſetzt, arbeitsſcheu und dem<lb/> Trunk ergeben. Der gegorene Maniok iſt hier das belieb-<lb/> teſte Getränk; der Palmwein, den man am Orinoko hat, iſt<lb/> an den Küſten ſo gut wie unbekannt. Es iſt merkwürdig,<lb/> wie in den verſchiedenen Erdſtrichen der Menſch, um den Hang<lb/> zur Trunkenheit zu befriedigen, nicht nur alle Familien<lb/> monokotyledoniſcher und dikotyledoniſcher Gewächſe herbeizieht,<lb/> ſondern ſogar den giftigen Fliegenſchwamm (<hi rendition="#aq">Amanita mus-<lb/> caria</hi>), von dem die Korjäken denſelben Saft zu wiederholten<lb/> Malen fünf Tage hintereinander trinken, worauf ſie aus ekel-<lb/> hafter Sparſamkeit gekommen ſind. <note place="foot" n="1">Langsdorf (Wetterauiſches Journal, Teil <hi rendition="#aq">I</hi>, Seite 254) hat<lb/> dieſe ſehr merkwürdige phyſiologiſche Erſcheinung zuerſt bekannt ge-<lb/> macht. Ich beſchreibe ſie hier, doch lieber lateiniſch. — <hi rendition="#aq">Coriae-<lb/> corum gens, in ora Asiae septentrioni opposita, potum sibi<lb/> excogitavit ex succo inebriante Agarici muscarii, qui succus<lb/> (aeque ut asparagorum), vel per humanum corpus transfusus,<lb/> temulentiam nihilominus facit. Quare gens misera et inops,<lb/> quo rarius mentis sit suae, propriam urinam bibit identidem;<lb/> continuoque mingens rursusque hauriens eundem succum (dicas,<lb/> ne ulla in parte mundi desit ebrietas) pauculis agaricis pro-<lb/> ducere in diem quintum temulentiam potest.</hi></note></p><lb/> <p>Die Paketboote (<hi rendition="#aq">Correos</hi>), die von Coruna nach der<lb/> Havana und nach Mexiko laufen, waren ſeit drei Monaten<lb/> ausgeblieben. Man vermutete, ſie ſeien von den engliſchen<lb/> Kreuzern aufgebracht worden. Da wir Eile hatten, nach<lb/> Cumana zu kommen, um mit der erſten Gelegenheit nach Vera-<lb/> cruz gehen zu können, ſo mieteten wir (am 26. Auguſt 1800)<lb/> ein Kanoe ohne Verdeck (Lancha). Solcher Fahrzeuge bedient<lb/> man ſich gewöhnlich in dieſen Strichen, wo oſtwärts vom<lb/> Kap Codera die See faſt nie unruhig iſt. Die Lancha war<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [271/0279]
geworfen; ſie treiben mit der Strömung fort und der Eigen-
tümer mit ſeinen älteſten Söhnen ſchwimmt bald hier- bald
dorthin, um die Stücke, die in den Krümmungen des Fluſſes
ſtecken bleiben, wieder flott zu machen. In den meiſten
amerikaniſchen Flüſſen, in denen Krokodile vorkommen, ver-
böte ſich ein ſolches Verfahren von ſelbſt. Die Stadt Bar-
celona hat nicht, wie Cumana, eine indianiſche Vorſtadt, und
ſieht man hie und da einen Indianer, ſo ſind ſie aus den
benachbarten Miſſionen, oder aus den über die Ebene zer-
ſtreuten Hütten. Beide ſind nicht von karibiſchem Stamm,
ſondern ein Miſchvolk von Cumanagoten, Palenques und
Piritu, von kleinem Wuchs, unterſetzt, arbeitsſcheu und dem
Trunk ergeben. Der gegorene Maniok iſt hier das belieb-
teſte Getränk; der Palmwein, den man am Orinoko hat, iſt
an den Küſten ſo gut wie unbekannt. Es iſt merkwürdig,
wie in den verſchiedenen Erdſtrichen der Menſch, um den Hang
zur Trunkenheit zu befriedigen, nicht nur alle Familien
monokotyledoniſcher und dikotyledoniſcher Gewächſe herbeizieht,
ſondern ſogar den giftigen Fliegenſchwamm (Amanita mus-
caria), von dem die Korjäken denſelben Saft zu wiederholten
Malen fünf Tage hintereinander trinken, worauf ſie aus ekel-
hafter Sparſamkeit gekommen ſind. 1
Die Paketboote (Correos), die von Coruna nach der
Havana und nach Mexiko laufen, waren ſeit drei Monaten
ausgeblieben. Man vermutete, ſie ſeien von den engliſchen
Kreuzern aufgebracht worden. Da wir Eile hatten, nach
Cumana zu kommen, um mit der erſten Gelegenheit nach Vera-
cruz gehen zu können, ſo mieteten wir (am 26. Auguſt 1800)
ein Kanoe ohne Verdeck (Lancha). Solcher Fahrzeuge bedient
man ſich gewöhnlich in dieſen Strichen, wo oſtwärts vom
Kap Codera die See faſt nie unruhig iſt. Die Lancha war
1 Langsdorf (Wetterauiſches Journal, Teil I, Seite 254) hat
dieſe ſehr merkwürdige phyſiologiſche Erſcheinung zuerſt bekannt ge-
macht. Ich beſchreibe ſie hier, doch lieber lateiniſch. — Coriae-
corum gens, in ora Asiae septentrioni opposita, potum sibi
excogitavit ex succo inebriante Agarici muscarii, qui succus
(aeque ut asparagorum), vel per humanum corpus transfusus,
temulentiam nihilominus facit. Quare gens misera et inops,
quo rarius mentis sit suae, propriam urinam bibit identidem;
continuoque mingens rursusque hauriens eundem succum (dicas,
ne ulla in parte mundi desit ebrietas) pauculis agaricis pro-
ducere in diem quintum temulentiam potest.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |