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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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sondern von Osten her von den Gebirgen der Parime herab-
komme, nahm er in der zweiten Ausgabe seiner schönen Karte
von Amerika (1760) die Laguna Parime wieder auf und
ließ sie ganz willkürlich durch den Mazuruni und den Cuyuni
mit drei Flüssen (dem Orinoko, dem Rio Branco und dem
Essequibo) in Verbindung stehen. Er verlegte sie unter den
3. bis 4. Grad nördlicher Breite, wohin man bisher den
See Cassipa gesetzt hatte.

Der spanische Geograph La Cruz Olmedilla (1775) folgte
d'Anvilles Vorgang. Der alte, unter dem Aequator gelegene
See Parime war vom Orinoko ganz unabhängig; der neue,
der an der Stelle des Cassipa und wieder in der Gestalt
eines Vierecks auftrat, dessen längste Seiten von Süd nach
Nord laufen, 1 zeigt die seltsamsten hydraulischen Verbindungen.
Bei La Cruz entspringt der Orinoko unter dem Namen Pa-
rime und Puruma (Xuruma?) im gebirgigen Lande zwischen
den Quellen des Ventuari und des Caura (unter dem 5. Grad
der Breite im Meridian der Mission Esmeralda) aus einem
kleinen See, der Ipava heißt. Dieser See läge auf meiner
Reisekarte nordöstlich von den Granitbergen von Cunevo,
woraus zur Genüge hervorgeht, daß wohl ein Nebenfluß des
Rio Branco oder des Orinoko daraus entspringen könnte,
nicht aber der Orinoko selbst. Dieser Rio Parime oder Pu-
ruma nimmt nach einem Lauf von 180 km gegen Ost-Nord-
Ost und von 270 km gegen Südost den Rio Mahu auf, den
wir bereits als einen der Hauptzweige des Rio Branco kennen;
darauf läuft er in den See Parime, den man 135 km lang
und 90 km breit macht. Aus diesem See entspringen un-
mittelbar drei Flüsse, der Rio Ucamu (Ocamo), der Rio Idapa
(Siapa) und der Rio Branco. Der Orinoko oder Puruma
ist als unterirdische Durchsickerung am Westabhang der Sierra
Mei
, welche den See oder das Weiße Meer gegen Westen
begrenzt, gezeichnet. Diese zweite Quelle des Orinoko liegt
unter dem 2. Grad nördlicher Breite und 31/2° ostwärts
vom Meridian von Esmeralda. Nachdem der neue Fluß
225 km gegen West-Nord-West gelaufen, nimmt er zu-
erst den Ucamu auf, der aus dem Parime kommt, sodann
den Rio Maquiritari (Padamo), der zwischen dem See Ipava

1 Die große Achse des eigentlichen Sees Parime war von
Ost nach West gerichtet.

ſondern von Oſten her von den Gebirgen der Parime herab-
komme, nahm er in der zweiten Ausgabe ſeiner ſchönen Karte
von Amerika (1760) die Laguna Parime wieder auf und
ließ ſie ganz willkürlich durch den Mazuruni und den Cuyuni
mit drei Flüſſen (dem Orinoko, dem Rio Branco und dem
Eſſequibo) in Verbindung ſtehen. Er verlegte ſie unter den
3. bis 4. Grad nördlicher Breite, wohin man bisher den
See Caſſipa geſetzt hatte.

Der ſpaniſche Geograph La Cruz Olmedilla (1775) folgte
d’Anvilles Vorgang. Der alte, unter dem Aequator gelegene
See Parime war vom Orinoko ganz unabhängig; der neue,
der an der Stelle des Caſſipa und wieder in der Geſtalt
eines Vierecks auftrat, deſſen längſte Seiten von Süd nach
Nord laufen, 1 zeigt die ſeltſamſten hydrauliſchen Verbindungen.
Bei La Cruz entſpringt der Orinoko unter dem Namen Pa-
rime und Puruma (Xuruma?) im gebirgigen Lande zwiſchen
den Quellen des Ventuari und des Caura (unter dem 5. Grad
der Breite im Meridian der Miſſion Esmeralda) aus einem
kleinen See, der Ipava heißt. Dieſer See läge auf meiner
Reiſekarte nordöſtlich von den Granitbergen von Cunevo,
woraus zur Genüge hervorgeht, daß wohl ein Nebenfluß des
Rio Branco oder des Orinoko daraus entſpringen könnte,
nicht aber der Orinoko ſelbſt. Dieſer Rio Parime oder Pu-
ruma nimmt nach einem Lauf von 180 km gegen Oſt-Nord-
Oſt und von 270 km gegen Südoſt den Rio Mahu auf, den
wir bereits als einen der Hauptzweige des Rio Branco kennen;
darauf läuft er in den See Parime, den man 135 km lang
und 90 km breit macht. Aus dieſem See entſpringen un-
mittelbar drei Flüſſe, der Rio Ucamu (Ocamo), der Rio Idapa
(Siapa) und der Rio Branco. Der Orinoko oder Puruma
iſt als unterirdiſche Durchſickerung am Weſtabhang der Sierra
Mei
, welche den See oder das Weiße Meer gegen Weſten
begrenzt, gezeichnet. Dieſe zweite Quelle des Orinoko liegt
unter dem 2. Grad nördlicher Breite und 3½° oſtwärts
vom Meridian von Esmeralda. Nachdem der neue Fluß
225 km gegen Weſt-Nord-Weſt gelaufen, nimmt er zu-
erſt den Ucamu auf, der aus dem Parime kommt, ſodann
den Rio Maquiritari (Padamo), der zwiſchen dem See Ipava

1 Die große Achſe des eigentlichen Sees Parime war von
Oſt nach Weſt gerichtet.
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[217/0225] ſondern von Oſten her von den Gebirgen der Parime herab- komme, nahm er in der zweiten Ausgabe ſeiner ſchönen Karte von Amerika (1760) die Laguna Parime wieder auf und ließ ſie ganz willkürlich durch den Mazuruni und den Cuyuni mit drei Flüſſen (dem Orinoko, dem Rio Branco und dem Eſſequibo) in Verbindung ſtehen. Er verlegte ſie unter den 3. bis 4. Grad nördlicher Breite, wohin man bisher den See Caſſipa geſetzt hatte. Der ſpaniſche Geograph La Cruz Olmedilla (1775) folgte d’Anvilles Vorgang. Der alte, unter dem Aequator gelegene See Parime war vom Orinoko ganz unabhängig; der neue, der an der Stelle des Caſſipa und wieder in der Geſtalt eines Vierecks auftrat, deſſen längſte Seiten von Süd nach Nord laufen, 1 zeigt die ſeltſamſten hydrauliſchen Verbindungen. Bei La Cruz entſpringt der Orinoko unter dem Namen Pa- rime und Puruma (Xuruma?) im gebirgigen Lande zwiſchen den Quellen des Ventuari und des Caura (unter dem 5. Grad der Breite im Meridian der Miſſion Esmeralda) aus einem kleinen See, der Ipava heißt. Dieſer See läge auf meiner Reiſekarte nordöſtlich von den Granitbergen von Cunevo, woraus zur Genüge hervorgeht, daß wohl ein Nebenfluß des Rio Branco oder des Orinoko daraus entſpringen könnte, nicht aber der Orinoko ſelbſt. Dieſer Rio Parime oder Pu- ruma nimmt nach einem Lauf von 180 km gegen Oſt-Nord- Oſt und von 270 km gegen Südoſt den Rio Mahu auf, den wir bereits als einen der Hauptzweige des Rio Branco kennen; darauf läuft er in den See Parime, den man 135 km lang und 90 km breit macht. Aus dieſem See entſpringen un- mittelbar drei Flüſſe, der Rio Ucamu (Ocamo), der Rio Idapa (Siapa) und der Rio Branco. Der Orinoko oder Puruma iſt als unterirdiſche Durchſickerung am Weſtabhang der Sierra Mei, welche den See oder das Weiße Meer gegen Weſten begrenzt, gezeichnet. Dieſe zweite Quelle des Orinoko liegt unter dem 2. Grad nördlicher Breite und 3½° oſtwärts vom Meridian von Esmeralda. Nachdem der neue Fluß 225 km gegen Weſt-Nord-Weſt gelaufen, nimmt er zu- erſt den Ucamu auf, der aus dem Parime kommt, ſodann den Rio Maquiritari (Padamo), der zwiſchen dem See Ipava 1 Die große Achſe des eigentlichen Sees Parime war von Oſt nach Weſt gerichtet.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/225>, abgerufen am 24.11.2024.