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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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graph Kaiser Karls V., im Jahr 1529 entworfen und die
Sprengel im Jahre 1795 mit einem gelehrten Kommentar
herausgegeben hat. Weder Columbus (1498) noch Alonso
de Guda, bei dem Amerigo Vespucci war (1499), hatten die
eigentliche Mündung des Orinoko gesehen. Sie hatten die-
selbe mit der nördlichen Oeffnung des Meerbusens von Paria
verwechselt, dem man, wie denn Uebertreibungen derart bei
den Seefahrern jener Zeit so häufig vorkommen, eine unge-
heure Masse süßen Wassers zuschrieb. Vicente Pannez Pincon,
nachdem er die Mündung des Rio Marannon entdeckt, war
auch der erste, der die Mündung des Orinoko sah (1500).
Er nannte diesen Strom Rio dulce, welcher Name sich
seit Ribero lange auf den Karten erhalten hat und zu-
weilen irrtümlich dem Maroni und dem Essequibo beigelegt
wurde.

Der große See Parime erscheint auf den Karten erst
nach Raleghs erster Reise. Jodocus Hondius war der Mann,
der mit dem Jahre 1599 den Vorstellungen der Geographen
eine bestimmte Richtung gab und das Innere von Spanisch-
Guyana als ein völlig bekanntes Land darstellte. Der Isth-
mus zwischen dem Rio Branco und dem Rio Rupunuwini
(einem Nebenfluß des Essequibo) wird von ihm in den 900 km
langen, 180 km breiten See Rupuniwini, Carime oder
Dorado, zwischen dem 1° 45' südlicher und dem 2° nörd-
licher Breite verwandelt. Dieses Binnenmeer, größer als
das Kaspische Meer, wird bald mitten in ein gebirgiges Land,
ohne Verbindung mit irgend einem anderen Fluß, hineinge-
zeichnet, bald läßt man den Rio Oyapok (Waiapago, Joapoc,
Viapoco) und den Rio de Cayana daraus entspringen. Der
erstere Fluß wurde im achten Artikel des Utrechter Vertrages
mit dem Rio de Vincente Pincon (Rio Calsoene oder Maya-
cari?) verwechselt und blieb bis zum letzten Wiener Kongreß
der Gegenstand endloser Streitigkeiten zwischen den franzö-
sischen und den portugiesischen Diplomaten. Der letztere ist
eine chimärische Verlängerung des Tonnegrande oder aber des
Oyac (Wia?). Das Binnenmeer (Laguna Parime) wurde
anfangs so gestellt, daß sein westliches Ende in den Meridian
des Zusammenflusses des Apure und des Orinoko fiel; allmäh-
lich aber schob man es nach Ost vor, so daß das westliche
Ende südlich von den Mündungen des Orinoko zu liegen kam.
Dieser Wechsel zog auch Abänderungen in der respektiven Lage
des Sees Parime und des Sees Cassipa, sowie in der Richtung

graph Kaiſer Karls V., im Jahr 1529 entworfen und die
Sprengel im Jahre 1795 mit einem gelehrten Kommentar
herausgegeben hat. Weder Columbus (1498) noch Alonſo
de Guda, bei dem Amerigo Veſpucci war (1499), hatten die
eigentliche Mündung des Orinoko geſehen. Sie hatten die-
ſelbe mit der nördlichen Oeffnung des Meerbuſens von Paria
verwechſelt, dem man, wie denn Uebertreibungen derart bei
den Seefahrern jener Zeit ſo häufig vorkommen, eine unge-
heure Maſſe ſüßen Waſſers zuſchrieb. Vicente Pañez Pinçon,
nachdem er die Mündung des Rio Marañon entdeckt, war
auch der erſte, der die Mündung des Orinoko ſah (1500).
Er nannte dieſen Strom Rio dulce, welcher Name ſich
ſeit Ribero lange auf den Karten erhalten hat und zu-
weilen irrtümlich dem Maroni und dem Eſſequibo beigelegt
wurde.

Der große See Parime erſcheint auf den Karten erſt
nach Raleghs erſter Reiſe. Jodocus Hondius war der Mann,
der mit dem Jahre 1599 den Vorſtellungen der Geographen
eine beſtimmte Richtung gab und das Innere von Spaniſch-
Guyana als ein völlig bekanntes Land darſtellte. Der Iſth-
mus zwiſchen dem Rio Branco und dem Rio Rupunuwini
(einem Nebenfluß des Eſſequibo) wird von ihm in den 900 km
langen, 180 km breiten See Rupuniwini, Carime oder
Dorado, zwiſchen dem 1° 45′ ſüdlicher und dem 2° nörd-
licher Breite verwandelt. Dieſes Binnenmeer, größer als
das Kaſpiſche Meer, wird bald mitten in ein gebirgiges Land,
ohne Verbindung mit irgend einem anderen Fluß, hineinge-
zeichnet, bald läßt man den Rio Oyapok (Waiapago, Joapoc,
Viapoco) und den Rio de Cayana daraus entſpringen. Der
erſtere Fluß wurde im achten Artikel des Utrechter Vertrages
mit dem Rio de Vincente Pinçon (Rio Calſoene oder Maya-
cari?) verwechſelt und blieb bis zum letzten Wiener Kongreß
der Gegenſtand endloſer Streitigkeiten zwiſchen den franzö-
ſiſchen und den portugieſiſchen Diplomaten. Der letztere iſt
eine chimäriſche Verlängerung des Tonnegrande oder aber des
Oyac (Wia?). Das Binnenmeer (Laguna Parime) wurde
anfangs ſo geſtellt, daß ſein weſtliches Ende in den Meridian
des Zuſammenfluſſes des Apure und des Orinoko fiel; allmäh-
lich aber ſchob man es nach Oſt vor, ſo daß das weſtliche
Ende ſüdlich von den Mündungen des Orinoko zu liegen kam.
Dieſer Wechſel zog auch Abänderungen in der reſpektiven Lage
des Sees Parime und des Sees Caſſipa, ſowie in der Richtung

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[215/0223] graph Kaiſer Karls V., im Jahr 1529 entworfen und die Sprengel im Jahre 1795 mit einem gelehrten Kommentar herausgegeben hat. Weder Columbus (1498) noch Alonſo de Guda, bei dem Amerigo Veſpucci war (1499), hatten die eigentliche Mündung des Orinoko geſehen. Sie hatten die- ſelbe mit der nördlichen Oeffnung des Meerbuſens von Paria verwechſelt, dem man, wie denn Uebertreibungen derart bei den Seefahrern jener Zeit ſo häufig vorkommen, eine unge- heure Maſſe ſüßen Waſſers zuſchrieb. Vicente Pañez Pinçon, nachdem er die Mündung des Rio Marañon entdeckt, war auch der erſte, der die Mündung des Orinoko ſah (1500). Er nannte dieſen Strom Rio dulce, welcher Name ſich ſeit Ribero lange auf den Karten erhalten hat und zu- weilen irrtümlich dem Maroni und dem Eſſequibo beigelegt wurde. Der große See Parime erſcheint auf den Karten erſt nach Raleghs erſter Reiſe. Jodocus Hondius war der Mann, der mit dem Jahre 1599 den Vorſtellungen der Geographen eine beſtimmte Richtung gab und das Innere von Spaniſch- Guyana als ein völlig bekanntes Land darſtellte. Der Iſth- mus zwiſchen dem Rio Branco und dem Rio Rupunuwini (einem Nebenfluß des Eſſequibo) wird von ihm in den 900 km langen, 180 km breiten See Rupuniwini, Carime oder Dorado, zwiſchen dem 1° 45′ ſüdlicher und dem 2° nörd- licher Breite verwandelt. Dieſes Binnenmeer, größer als das Kaſpiſche Meer, wird bald mitten in ein gebirgiges Land, ohne Verbindung mit irgend einem anderen Fluß, hineinge- zeichnet, bald läßt man den Rio Oyapok (Waiapago, Joapoc, Viapoco) und den Rio de Cayana daraus entſpringen. Der erſtere Fluß wurde im achten Artikel des Utrechter Vertrages mit dem Rio de Vincente Pinçon (Rio Calſoene oder Maya- cari?) verwechſelt und blieb bis zum letzten Wiener Kongreß der Gegenſtand endloſer Streitigkeiten zwiſchen den franzö- ſiſchen und den portugieſiſchen Diplomaten. Der letztere iſt eine chimäriſche Verlängerung des Tonnegrande oder aber des Oyac (Wia?). Das Binnenmeer (Laguna Parime) wurde anfangs ſo geſtellt, daß ſein weſtliches Ende in den Meridian des Zuſammenfluſſes des Apure und des Orinoko fiel; allmäh- lich aber ſchob man es nach Oſt vor, ſo daß das weſtliche Ende ſüdlich von den Mündungen des Orinoko zu liegen kam. Dieſer Wechſel zog auch Abänderungen in der reſpektiven Lage des Sees Parime und des Sees Caſſipa, ſowie in der Richtung

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/223>, abgerufen am 24.11.2024.