Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.hoffen, daß zwei Völker, welche auf einer ungeheuren Land- Am 12. Mai. Befriedigt vom Erfolge unserer Beobach- Gegen Sonnenuntergang kamen wir an der Mündung hoffen, daß zwei Völker, welche auf einer ungeheuren Land- Am 12. Mai. Befriedigt vom Erfolge unſerer Beobach- Gegen Sonnenuntergang kamen wir an der Mündung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0020" n="12"/> hoffen, daß zwei Völker, welche auf einer ungeheuren Land-<lb/> ſtrecke Südamerikas oſtwärts von den Anden die erſten Keime<lb/> der Kultur gelegt haben, den Grenzſtreit um einen 148 <hi rendition="#aq">km</hi><lb/> breiten Landſtrich und um den Beſitz eines Fluſſes, auf dem<lb/> die Schiffahrt frei ſein muß, wie auf dem Orinoko und dem<lb/> Amazonenſtrom, nicht wieder aufnehmen werden.</p><lb/> <p>Am 12. Mai. Befriedigt vom Erfolge unſerer Beobach-<lb/> tungen, brachen wir um halb zwei Uhr in der Nacht von der<lb/> Piedra Culimacari auf. Die Plage der Moskiten, der wir<lb/> jetzt wieder unterlagen, wurde ärger, je weiter wir vom Rio<lb/> Negro wegkamen. Im Thale des Caſſiquiare gibt es keine<lb/> Zancudos (<hi rendition="#aq">Culex</hi>), aber die Inſekten aus der Gattung Si-<lb/> mulium und alle anderen aus der Familie der Tibulä ſind<lb/> um ſo häufiger und giftiger. Da wir, ehe wir in die Miſſion<lb/> Esmeralda kamen, in dieſem naſſen, ungeſunden Klima noch<lb/> acht Nächte unter freiem Himmel zuzubringen hatten, ſo war<lb/> es der Steuermann wohl zufrieden, die Fahrt ſo einzurichten,<lb/> daß wir die Gaſtfreundſchaft des Miſſionärs von Mandavaca<lb/> in Anſpruch nehmen und im Dorfe Vaſiva Obdach finden<lb/> konnten. Nur mit Anſtrengung kamen wir gegen die Strö-<lb/> mung vorwärts, die 2,9 <hi rendition="#aq">m</hi>, an manchen Stellen, wo ich ſie<lb/> genau gemeſſen, 3,78 <hi rendition="#aq">m</hi> in der Sekunde, alſo gegen 15 <hi rendition="#aq">km</hi><lb/> in der Stunde betrug. Unſer Nachtlager war in gerader<lb/> Linie ſchwerlich 3 <hi rendition="#aq">qkm</hi> von der Miſſion Mandavaca ent-<lb/> fernt, unſere Ruderer waren nichts weniger als unfleißig, und<lb/> doch brauchten wir 14 Stunden zu der kurzen Strecke.</p><lb/> <p>Gegen Sonnenuntergang kamen wir an der Mündung<lb/> des Rio Pacimoni vorüber. Es iſt dies der Fluß, von dem<lb/> oben bei Gelegenheit des Handels mit Sarſaparille die Rede<lb/> war und der in ſo auffallender Weiſe (durch den Baria) mit<lb/> dem Cababuri verzweigt iſt. Der Pacimoni entſpringt in<lb/> einem bergigen Landſtriche und aus der Vereinigung dreier<lb/> kleiner Gewäſſer, die auf den Karten der Miſſionäre nicht<lb/> verzeichnet ſind. Sein Waſſer iſt ſchwarz, doch nicht ſo ſtark<lb/> als das des Sees bei Vaſiva, der auch in den Caſſiquiare<lb/> mündet. Zwiſchen dieſen beiden Zuflüſſen von Oſt her liegt<lb/> die Mündung des Rio Idapa, der weißes Waſſer hat. Ich<lb/> komme nicht darauf zurück, wie ſchwer es zu erklären iſt, daß<lb/> dicht nebeneinander verſchieden gefärbte Flüſſe vorkommen; ich<lb/> erwähne nur, daß uns an der Mündung des Pacimoni und<lb/> am Ufer des Sees Vaſiva die Reinheit und ungemeine Durch-<lb/> ſichtigkeit dieſer braunen Waſſer von neuem auffiel. Bereits<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [12/0020]
hoffen, daß zwei Völker, welche auf einer ungeheuren Land-
ſtrecke Südamerikas oſtwärts von den Anden die erſten Keime
der Kultur gelegt haben, den Grenzſtreit um einen 148 km
breiten Landſtrich und um den Beſitz eines Fluſſes, auf dem
die Schiffahrt frei ſein muß, wie auf dem Orinoko und dem
Amazonenſtrom, nicht wieder aufnehmen werden.
Am 12. Mai. Befriedigt vom Erfolge unſerer Beobach-
tungen, brachen wir um halb zwei Uhr in der Nacht von der
Piedra Culimacari auf. Die Plage der Moskiten, der wir
jetzt wieder unterlagen, wurde ärger, je weiter wir vom Rio
Negro wegkamen. Im Thale des Caſſiquiare gibt es keine
Zancudos (Culex), aber die Inſekten aus der Gattung Si-
mulium und alle anderen aus der Familie der Tibulä ſind
um ſo häufiger und giftiger. Da wir, ehe wir in die Miſſion
Esmeralda kamen, in dieſem naſſen, ungeſunden Klima noch
acht Nächte unter freiem Himmel zuzubringen hatten, ſo war
es der Steuermann wohl zufrieden, die Fahrt ſo einzurichten,
daß wir die Gaſtfreundſchaft des Miſſionärs von Mandavaca
in Anſpruch nehmen und im Dorfe Vaſiva Obdach finden
konnten. Nur mit Anſtrengung kamen wir gegen die Strö-
mung vorwärts, die 2,9 m, an manchen Stellen, wo ich ſie
genau gemeſſen, 3,78 m in der Sekunde, alſo gegen 15 km
in der Stunde betrug. Unſer Nachtlager war in gerader
Linie ſchwerlich 3 qkm von der Miſſion Mandavaca ent-
fernt, unſere Ruderer waren nichts weniger als unfleißig, und
doch brauchten wir 14 Stunden zu der kurzen Strecke.
Gegen Sonnenuntergang kamen wir an der Mündung
des Rio Pacimoni vorüber. Es iſt dies der Fluß, von dem
oben bei Gelegenheit des Handels mit Sarſaparille die Rede
war und der in ſo auffallender Weiſe (durch den Baria) mit
dem Cababuri verzweigt iſt. Der Pacimoni entſpringt in
einem bergigen Landſtriche und aus der Vereinigung dreier
kleiner Gewäſſer, die auf den Karten der Miſſionäre nicht
verzeichnet ſind. Sein Waſſer iſt ſchwarz, doch nicht ſo ſtark
als das des Sees bei Vaſiva, der auch in den Caſſiquiare
mündet. Zwiſchen dieſen beiden Zuflüſſen von Oſt her liegt
die Mündung des Rio Idapa, der weißes Waſſer hat. Ich
komme nicht darauf zurück, wie ſchwer es zu erklären iſt, daß
dicht nebeneinander verſchieden gefärbte Flüſſe vorkommen; ich
erwähne nur, daß uns an der Mündung des Pacimoni und
am Ufer des Sees Vaſiva die Reinheit und ungemeine Durch-
ſichtigkeit dieſer braunen Waſſer von neuem auffiel. Bereits
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