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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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flüssen des Jupura und des Rio Negro Götzenbilder von
massivem Golde gefunden hatte, so glaubte man an ein Gold-
land zwischen dem Papamene und dem Guaviare. Seine
Erzählung und die Reiseberichte Jorges de Espira (Georg
von Speier), Hernans Perez de Guezada und Felipes de
Urre (Philipp von Hutten) verraten, neben vielen Uebertrei-
bungen, genaue Lokalkenntnisse. Betrachtet man sie rein aus
geographischem Gesichtspunkte, so sieht man, daß das Bestre-
ben der ersten Konquistadoren fortwährend dahin ging, zum
Landstriche zwischen den Quellen des Rio Negro, des Uaupes
(Guape) und des Jupura oder Caqueta zu gelangen. Diesen
Landstrich haben wir oben, zum Unterschied vom Dorado
der Parime
, den Dorado der Omagua genannt. Aller-
dings hieß alles Land zwischen dem Amazonenstrom und dem
Orinoko im allgemeinen "Provincias del Dorado"; aber auf
diesem ungeheuren, mit Wäldern, Savannen und Gebirgen
bedeckten Raume strebte man, wenn man den großen See mit
goldreichen Ufern und den vergoldeten König suchte, doch
immer nur zwei Punkten zu, nordöstlich und südwestlich vom
Rio Negro, nämlich der Parime (dem Isthmus zwischen dem
Carony, Essequibo und Rio Branco) und den alten Wohn-
plätzen der Manaos an den Ufern des Jurubesh. Die Lage der
letzteren Landstriches, der in der Geschichte der "Eroberung" vom
Jahre 1535 bis zum Jahre 1560 vielberufen war, habe ich
oben angegeben; ich habe nun noch von der Bodenbildung
zwischen den spanischen Missionen am Carony und den por-
tugiesischen am Rio Branco zu sprechen. Es ist dies das
Land in der Nähe des oberen Orinoko, Esmeraldas und
von Holländisch- und Französisch-Guyana, das am Ende des
16. Jahrhunderts Raleghs Unternehmungen und übertriebene
Berichte in so hellem Glanze strahlen ließen.

Infolge des Laufes des Orinoko, indem er nacheinander
erst gegen West, dann gegen Nord und endlich gegen Ost
fließt, liegt seine Mündung fast im selben Meridian wie seine
Quellen; geht man daher von Altguyana gegen Süd, so
kommt man über das ganze Land, in das die Geographen
nacheinander ein Binnenmeer (Mar blanco) und die verschie-
denen Seen versetzen, die mit der Sage vom Dorado der
Parime
verknüpft sind. Zuerst kommt man an den Rio
Carony, zu dem zwei fast gleich starke Zweige zusammentreten,
der eigentliche Carony und der Rio Paragua. Die Missionäre
von Piritu nennen letzteren Fluß einen See (laguna). Er

flüſſen des Jupura und des Rio Negro Götzenbilder von
maſſivem Golde gefunden hatte, ſo glaubte man an ein Gold-
land zwiſchen dem Papamene und dem Guaviare. Seine
Erzählung und die Reiſeberichte Jorges de Eſpira (Georg
von Speier), Hernans Perez de Guezada und Felipes de
Urre (Philipp von Hutten) verraten, neben vielen Uebertrei-
bungen, genaue Lokalkenntniſſe. Betrachtet man ſie rein aus
geographiſchem Geſichtspunkte, ſo ſieht man, daß das Beſtre-
ben der erſten Konquiſtadoren fortwährend dahin ging, zum
Landſtriche zwiſchen den Quellen des Rio Negro, des Uaupes
(Guape) und des Jupura oder Caqueta zu gelangen. Dieſen
Landſtrich haben wir oben, zum Unterſchied vom Dorado
der Parime
, den Dorado der Omagua genannt. Aller-
dings hieß alles Land zwiſchen dem Amazonenſtrom und dem
Orinoko im allgemeinen „Provincias del Dorado“; aber auf
dieſem ungeheuren, mit Wäldern, Savannen und Gebirgen
bedeckten Raume ſtrebte man, wenn man den großen See mit
goldreichen Ufern und den vergoldeten König ſuchte, doch
immer nur zwei Punkten zu, nordöſtlich und ſüdweſtlich vom
Rio Negro, nämlich der Parime (dem Iſthmus zwiſchen dem
Carony, Eſſequibo und Rio Branco) und den alten Wohn-
plätzen der Manaos an den Ufern des Jurubeſh. Die Lage der
letzteren Landſtriches, der in der Geſchichte der „Eroberung“ vom
Jahre 1535 bis zum Jahre 1560 vielberufen war, habe ich
oben angegeben; ich habe nun noch von der Bodenbildung
zwiſchen den ſpaniſchen Miſſionen am Carony und den por-
tugieſiſchen am Rio Branco zu ſprechen. Es iſt dies das
Land in der Nähe des oberen Orinoko, Esmeraldas und
von Holländiſch- und Franzöſiſch-Guyana, das am Ende des
16. Jahrhunderts Raleghs Unternehmungen und übertriebene
Berichte in ſo hellem Glanze ſtrahlen ließen.

Infolge des Laufes des Orinoko, indem er nacheinander
erſt gegen Weſt, dann gegen Nord und endlich gegen Oſt
fließt, liegt ſeine Mündung faſt im ſelben Meridian wie ſeine
Quellen; geht man daher von Altguyana gegen Süd, ſo
kommt man über das ganze Land, in das die Geographen
nacheinander ein Binnenmeer (Mar blanco) und die verſchie-
denen Seen verſetzen, die mit der Sage vom Dorado der
Parime
verknüpft ſind. Zuerſt kommt man an den Rio
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[191/0199] flüſſen des Jupura und des Rio Negro Götzenbilder von maſſivem Golde gefunden hatte, ſo glaubte man an ein Gold- land zwiſchen dem Papamene und dem Guaviare. Seine Erzählung und die Reiſeberichte Jorges de Eſpira (Georg von Speier), Hernans Perez de Guezada und Felipes de Urre (Philipp von Hutten) verraten, neben vielen Uebertrei- bungen, genaue Lokalkenntniſſe. Betrachtet man ſie rein aus geographiſchem Geſichtspunkte, ſo ſieht man, daß das Beſtre- ben der erſten Konquiſtadoren fortwährend dahin ging, zum Landſtriche zwiſchen den Quellen des Rio Negro, des Uaupes (Guape) und des Jupura oder Caqueta zu gelangen. Dieſen Landſtrich haben wir oben, zum Unterſchied vom Dorado der Parime, den Dorado der Omagua genannt. Aller- dings hieß alles Land zwiſchen dem Amazonenſtrom und dem Orinoko im allgemeinen „Provincias del Dorado“; aber auf dieſem ungeheuren, mit Wäldern, Savannen und Gebirgen bedeckten Raume ſtrebte man, wenn man den großen See mit goldreichen Ufern und den vergoldeten König ſuchte, doch immer nur zwei Punkten zu, nordöſtlich und ſüdweſtlich vom Rio Negro, nämlich der Parime (dem Iſthmus zwiſchen dem Carony, Eſſequibo und Rio Branco) und den alten Wohn- plätzen der Manaos an den Ufern des Jurubeſh. Die Lage der letzteren Landſtriches, der in der Geſchichte der „Eroberung“ vom Jahre 1535 bis zum Jahre 1560 vielberufen war, habe ich oben angegeben; ich habe nun noch von der Bodenbildung zwiſchen den ſpaniſchen Miſſionen am Carony und den por- tugieſiſchen am Rio Branco zu ſprechen. Es iſt dies das Land in der Nähe des oberen Orinoko, Esmeraldas und von Holländiſch- und Franzöſiſch-Guyana, das am Ende des 16. Jahrhunderts Raleghs Unternehmungen und übertriebene Berichte in ſo hellem Glanze ſtrahlen ließen. Infolge des Laufes des Orinoko, indem er nacheinander erſt gegen Weſt, dann gegen Nord und endlich gegen Oſt fließt, liegt ſeine Mündung faſt im ſelben Meridian wie ſeine Quellen; geht man daher von Altguyana gegen Süd, ſo kommt man über das ganze Land, in das die Geographen nacheinander ein Binnenmeer (Mar blanco) und die verſchie- denen Seen verſetzen, die mit der Sage vom Dorado der Parime verknüpft ſind. Zuerſt kommt man an den Rio Carony, zu dem zwei faſt gleich ſtarke Zweige zuſammentreten, der eigentliche Carony und der Rio Paragua. Die Miſſionäre von Piritu nennen letzteren Fluß einen See (laguna). Er

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/199>, abgerufen am 22.11.2024.