Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.kommen sogar oberhalb des Kataraktes von Maypures nicht Die Mission Santa Barbara liegt etwas westlich vom Ein- In den wenigen Stunden, die wir uns in der Mission kommen ſogar oberhalb des Kataraktes von Maypures nicht Die Miſſion Santa Barbara liegt etwas weſtlich vom Ein- In den wenigen Stunden, die wir uns in der Miſſion <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0112" n="104"/> kommen ſogar oberhalb des Kataraktes von Maypures nicht<lb/> mehr vor. Hinſichtlich der erſteren kann man ſich leicht<lb/> täuſchen. Wenn der Reiſende an ihren Anblick noch ſo ſehr<lb/> gewöhnt iſt, kann er einen 4 bis 5 <hi rendition="#aq">m</hi> langen Baumſtamm<lb/> für ein ſchwimmendes Krokodil halten, von dem man nur<lb/> Kopf und Schwanz zum Teil über dem Waſſer ſieht.</p><lb/> <p>Die Miſſion Santa Barbara liegt etwas weſtlich vom Ein-<lb/> fluſſe des Rio Ventuari oder Venituari, den Pater Francisco<lb/> Valor im Jahre 1800 unterſucht hat. Wir fanden im kleinen<lb/> Dorfe von 120 Einwohnern einige Spuren von Induſtrie. Der<lb/> Ertrag derſelben kommt aber ſehr wenig den Indianern zu gute,<lb/> ſondern nur den Mönchen, oder, wie man hierzulande ſagt,<lb/> der Kirche und dem Kloſter. Man verſicherte uns, eine große<lb/> Lampe, maſſiv von Silber, die auf Koſten der Bekehrten an-<lb/> geſchafft worden, werde aus Madrid erwartet. Wenn ſie da<lb/> iſt, wird man hoffentlich auch daran denken, die Indianer zu<lb/> kleiden, ihnen einiges Ackergeräte anzuſchaffen und für ihre<lb/> Kinder eine Schule einzurichten. In den Savannen bei der<lb/> Miſſion läuft wohl einiges Vieh, man braucht es aber ſelten,<lb/> um die Mühle zum Auspreſſen des Zuckerrohres (<hi rendition="#aq">trapiche</hi>)<lb/> zu treiben; das iſt ein Geſchäft der Indianer, die dabei ohne<lb/> Lohn arbeiten, wie überall, wo die Arbeit auf Rechnung der<lb/> Kirche geht. Am Fuße der Berge um Santa Barbara herum<lb/> ſind die Weiden nicht ſo fett wie bei Esmeralda, aber doch<lb/> beſſer als bei San Fernando de Atabapo. Der Raſen iſt<lb/> kurz und dicht, und doch iſt die oberſte Bodenſchicht nur<lb/> trockener, dürrer Granitſand. Dieſe nicht ſehr üppigen Gras-<lb/> fluren am Guaviare, Meta und oberen Orinoko ſind ſowohl<lb/> ohne Dammerde, die in den benachbarten Wäldern ſo maſſen-<lb/> haft daliegt, als ohne die dicke Thonſchicht, die in den Llanos<lb/> von Venezuela den Sandſtein bedeckt. Kleine krautartige<lb/> Mimoſen helfen in dieſer Zone das Vieh fett machen, ſie<lb/> werden aber zwiſchen dem Rio Jao und der Mündung des<lb/> Guaviare ſehr ſelten.</p><lb/> <p>In den wenigen Stunden, die wir uns in der Miſſion<lb/> Santa Barbara aufhielten, erhielten wir ziemlich genaue An-<lb/> gaben über den Rio Ventuari, der mir nach dem Guaviare<lb/> der bedeutendſte unter allen Nebenflüſſen des oberen Orinoko<lb/> ſchien. Seine Ufer, an denen früher die Maypures geſeſſen,<lb/> ſind noch jetzt von einer Menge unabhängiger Völkerſchaften<lb/> bewohnt. Fährt man durch die Mündung des Ventuari, die<lb/> ein mit Palmen bewachſenes Delta bildet, hinauf, ſo kommen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [104/0112]
kommen ſogar oberhalb des Kataraktes von Maypures nicht
mehr vor. Hinſichtlich der erſteren kann man ſich leicht
täuſchen. Wenn der Reiſende an ihren Anblick noch ſo ſehr
gewöhnt iſt, kann er einen 4 bis 5 m langen Baumſtamm
für ein ſchwimmendes Krokodil halten, von dem man nur
Kopf und Schwanz zum Teil über dem Waſſer ſieht.
Die Miſſion Santa Barbara liegt etwas weſtlich vom Ein-
fluſſe des Rio Ventuari oder Venituari, den Pater Francisco
Valor im Jahre 1800 unterſucht hat. Wir fanden im kleinen
Dorfe von 120 Einwohnern einige Spuren von Induſtrie. Der
Ertrag derſelben kommt aber ſehr wenig den Indianern zu gute,
ſondern nur den Mönchen, oder, wie man hierzulande ſagt,
der Kirche und dem Kloſter. Man verſicherte uns, eine große
Lampe, maſſiv von Silber, die auf Koſten der Bekehrten an-
geſchafft worden, werde aus Madrid erwartet. Wenn ſie da
iſt, wird man hoffentlich auch daran denken, die Indianer zu
kleiden, ihnen einiges Ackergeräte anzuſchaffen und für ihre
Kinder eine Schule einzurichten. In den Savannen bei der
Miſſion läuft wohl einiges Vieh, man braucht es aber ſelten,
um die Mühle zum Auspreſſen des Zuckerrohres (trapiche)
zu treiben; das iſt ein Geſchäft der Indianer, die dabei ohne
Lohn arbeiten, wie überall, wo die Arbeit auf Rechnung der
Kirche geht. Am Fuße der Berge um Santa Barbara herum
ſind die Weiden nicht ſo fett wie bei Esmeralda, aber doch
beſſer als bei San Fernando de Atabapo. Der Raſen iſt
kurz und dicht, und doch iſt die oberſte Bodenſchicht nur
trockener, dürrer Granitſand. Dieſe nicht ſehr üppigen Gras-
fluren am Guaviare, Meta und oberen Orinoko ſind ſowohl
ohne Dammerde, die in den benachbarten Wäldern ſo maſſen-
haft daliegt, als ohne die dicke Thonſchicht, die in den Llanos
von Venezuela den Sandſtein bedeckt. Kleine krautartige
Mimoſen helfen in dieſer Zone das Vieh fett machen, ſie
werden aber zwiſchen dem Rio Jao und der Mündung des
Guaviare ſehr ſelten.
In den wenigen Stunden, die wir uns in der Miſſion
Santa Barbara aufhielten, erhielten wir ziemlich genaue An-
gaben über den Rio Ventuari, der mir nach dem Guaviare
der bedeutendſte unter allen Nebenflüſſen des oberen Orinoko
ſchien. Seine Ufer, an denen früher die Maypures geſeſſen,
ſind noch jetzt von einer Menge unabhängiger Völkerſchaften
bewohnt. Fährt man durch die Mündung des Ventuari, die
ein mit Palmen bewachſenes Delta bildet, hinauf, ſo kommen
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