Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.gültigkeit gegen ihre Kinder beschuldigt, wenn sie ihnen nicht Bei Encaramada trennt eine sehr lange Insel den Strom Am 6. April. Wir fuhren erst gegen Süd, dann gegen gültigkeit gegen ihre Kinder beſchuldigt, wenn ſie ihnen nicht Bei Encaramada trennt eine ſehr lange Inſel den Strom Am 6. April. Wir fuhren erſt gegen Süd, dann gegen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0052" n="44"/> gültigkeit gegen ihre Kinder beſchuldigt, wenn ſie ihnen nicht<lb/> durch künſtliche Mittel die Waden nach der Landesſitte formte.<lb/> Da keiner unſerer Indianer vom Apure karibiſch ſprach, konnten<lb/> wir uns beim Kaziken von Panapana nicht nach den Lager-<lb/> plätzen erkundigen, wo man in dieſer Jahreszeit auf mehreren<lb/> Inſeln im Orinoko zum Sammeln der Schildkröteneier zu-<lb/> ſammenkommt.</p><lb/> <p>Bei Encaramada trennt eine ſehr lange Inſel den Strom<lb/> in zwei Arme. Wir übernachteten in einer Felſenbucht, gegen-<lb/> über der Einmündung des Rio Cabullare, zu dem der Payara<lb/> und der Atamaica ſich vereinigen, und den manche als einen<lb/> Zweig des Apure betrachten, weil er mit dieſem durch den<lb/> Rio Arichuna in Verbindung ſteht. Der Abend war ſchön;<lb/> der Mond beſchien die Spitzen der Granitfelſen. Trotz der<lb/> Feuchtigkeit der Luft war die Wärme ſo gleichmäßig verteilt,<lb/> daß man kein Sternflimmern bemerkte, ſelbſt nicht 4 oder 5°<lb/> über dem Horizont. Das Licht der Planeten war auf-<lb/> fallend geſchwächt, und ließe mich nicht die Kleinheit des ſchein-<lb/> baren Durchmeſſers Jupiters einen Irrtum in der Beobach-<lb/> tung fürchten, ſo ſagte ich, wir alle glaubten hier zum erſten-<lb/> mal mit bloßem Auge die Scheibe des Jupiters zu ſehen.<lb/> Gegen Mitternacht wurde der Nordoſtwind ſehr heftig. Er<lb/> führte keine Wolken herauf, aber der Himmel bezog ſich mehr<lb/> und mehr mit Dunſt. Es traten ſtarke Windſtöße ein und<lb/> machten uns für unſere Piroge beſorgt. Wir hatten den<lb/> ganzen Tag über nur ſehr wenige Krokodile geſehen, aber<lb/> lauter ungewöhnlich große, 6,5 bis 8 <hi rendition="#aq">m</hi> lange. Die Indianer<lb/> verſicherten uns, die jungen Krokodile ſuchen lieber die Lachen<lb/> und weniger breite und tiefe Flüſſe auf; beſonders in den<lb/> Caños ſind ſie in Menge zu finden, und man könnte von<lb/> ihnen ſagen, was Abd-Allatif von den Nilkrokodilen ſagt,<lb/> „ſie wimmeln wie Würmer an den ſeichten Stromſtellen und<lb/> im Schutz der unbewohnten Inſeln“.</p><lb/> <p>Am 6. April. Wir fuhren erſt gegen Süd, dann gegen<lb/> Südweſt weiter den Orinoko hinauf und bekamen den Süd-<lb/> abhang der <hi rendition="#g">Serrania</hi> oder der Bergkette Encaramada zu<lb/> Geſicht. Der dem Fuß am nächſten gelegene Strich iſt nicht<lb/> mehr als 270 bis 310 <hi rendition="#aq">m</hi> hoch, aber die ſteilen Abhänge, die<lb/> Lage mitten in einer Savanne, ihre in unförmliche Prismen<lb/> zerklüfteten Felsgipfel laſſen die Serrania auffallend hoch<lb/> erſcheinen. Ihre größte Breite beträgt nur 13,5 <hi rendition="#aq">km;</hi> nach<lb/> den Mitteilungen von Pareca-Indianern wird ſie gegen Oſt<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [44/0052]
gültigkeit gegen ihre Kinder beſchuldigt, wenn ſie ihnen nicht
durch künſtliche Mittel die Waden nach der Landesſitte formte.
Da keiner unſerer Indianer vom Apure karibiſch ſprach, konnten
wir uns beim Kaziken von Panapana nicht nach den Lager-
plätzen erkundigen, wo man in dieſer Jahreszeit auf mehreren
Inſeln im Orinoko zum Sammeln der Schildkröteneier zu-
ſammenkommt.
Bei Encaramada trennt eine ſehr lange Inſel den Strom
in zwei Arme. Wir übernachteten in einer Felſenbucht, gegen-
über der Einmündung des Rio Cabullare, zu dem der Payara
und der Atamaica ſich vereinigen, und den manche als einen
Zweig des Apure betrachten, weil er mit dieſem durch den
Rio Arichuna in Verbindung ſteht. Der Abend war ſchön;
der Mond beſchien die Spitzen der Granitfelſen. Trotz der
Feuchtigkeit der Luft war die Wärme ſo gleichmäßig verteilt,
daß man kein Sternflimmern bemerkte, ſelbſt nicht 4 oder 5°
über dem Horizont. Das Licht der Planeten war auf-
fallend geſchwächt, und ließe mich nicht die Kleinheit des ſchein-
baren Durchmeſſers Jupiters einen Irrtum in der Beobach-
tung fürchten, ſo ſagte ich, wir alle glaubten hier zum erſten-
mal mit bloßem Auge die Scheibe des Jupiters zu ſehen.
Gegen Mitternacht wurde der Nordoſtwind ſehr heftig. Er
führte keine Wolken herauf, aber der Himmel bezog ſich mehr
und mehr mit Dunſt. Es traten ſtarke Windſtöße ein und
machten uns für unſere Piroge beſorgt. Wir hatten den
ganzen Tag über nur ſehr wenige Krokodile geſehen, aber
lauter ungewöhnlich große, 6,5 bis 8 m lange. Die Indianer
verſicherten uns, die jungen Krokodile ſuchen lieber die Lachen
und weniger breite und tiefe Flüſſe auf; beſonders in den
Caños ſind ſie in Menge zu finden, und man könnte von
ihnen ſagen, was Abd-Allatif von den Nilkrokodilen ſagt,
„ſie wimmeln wie Würmer an den ſeichten Stromſtellen und
im Schutz der unbewohnten Inſeln“.
Am 6. April. Wir fuhren erſt gegen Süd, dann gegen
Südweſt weiter den Orinoko hinauf und bekamen den Süd-
abhang der Serrania oder der Bergkette Encaramada zu
Geſicht. Der dem Fuß am nächſten gelegene Strich iſt nicht
mehr als 270 bis 310 m hoch, aber die ſteilen Abhänge, die
Lage mitten in einer Savanne, ihre in unförmliche Prismen
zerklüfteten Felsgipfel laſſen die Serrania auffallend hoch
erſcheinen. Ihre größte Breite beträgt nur 13,5 km; nach
den Mitteilungen von Pareca-Indianern wird ſie gegen Oſt
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