Negro eine Wasserscheide ist. Noch mehr: Durch barometrische Beobachtung haben wir für das Ufer des Pimichin 253 m Meereshöhe gefunden. Vorausgesetzt, das bergige Land an den Quellen des Guainia liege 97 m über Javita, so folgt daraus, daß das Bett des Flusses in seinem oberen Laufe wenigstens 390 m über dem Meere liegt, also nur so hoch, als wir mit dem Barometer das Ufer des Amazonenstroms bei Tomependa in der Provinz Jaen de Bracamoros gefunden. Bedenkt man nun, wie stark dieser ungeheure Strom von Tomependa bis zum Meridian von 75° fällt und wie weit es von den Missionen am Rio Caguan bis zur Kordillere ist, so bleibt kein Zweifel, daß das Bett des Caqueta unterhalb der Mündungen des Caguan und des Payoya viel tiefer liegt als das Bett des oberen Guainia, an den er einen Teil seines Wassers abgeben soll. Ueberdies ist das Wasser des Caqueta durchaus weiß, das des Guainia dagegen schwarz oder kaffee- braun; man hat aber kein Beispiel, daß ein weißer Fluß auf seinem Laufe schwarz würde. Der obere Guainia kann also kein Arm des Caqueta sein. Ich zweifle sogar, daß man Grund hat anzunehmen, dem Guainia, als vornehmsten und unabhängigen Wasserbehälter, komme südwärts durch einen Seitenzweig einiges Wasser zu.
Die kleine Berggruppe an den Quellen des Guainia, die wir haben kennen lernen, ist um so interessanter, da sie einzeln in der Ebene liegt, die sich südwestlich vom Orinoko ausdehnt. Nach der Länge, unter der sie liegt, könnte man vermuten, von ihr gehe ein Kamm ab, der zuerst die Stromenge (Ango- stura) des Guaviare und dann die großen Katarakte des Uaupes und des Jupura bildet. Kommt vielleicht dort, wo die Gebirgsart wahrscheinlich, wie im Osten, Granit ist, Gold in kleinen Teilen im Boden vor? Gibt es vielleicht weiter nach Süden, dem Uaupes zu, am Iquiare (Iguiari, Iguari) und am Yurubesh (Yurubach, Urubaxi) Goldwäschen? Dort suchte Philipp von Hutten zuerst den Dorado und lieferte mit einer Handvoll Leute den Omagua das im sechzehnten Jahrhundert vielberufene Gefecht. Entkleidet man die Be- richte der Konquistadoren des Fabelhaften, so erkennt man an den erhaltenen Ortsnamen immerhin, daß geschichtliche Wahrheit zu Grunde liegt. Man folgt dem Zuge Huttens über den Guaviare und den Caqueta, man erkennt in den Guaypes unter dem Kaziken von Macatoa die Anwohner des Uaupes, der auch Guape oder Guapue heißt; man er-
Negro eine Waſſerſcheide iſt. Noch mehr: Durch barometriſche Beobachtung haben wir für das Ufer des Pimichin 253 m Meereshöhe gefunden. Vorausgeſetzt, das bergige Land an den Quellen des Guainia liege 97 m über Javita, ſo folgt daraus, daß das Bett des Fluſſes in ſeinem oberen Laufe wenigſtens 390 m über dem Meere liegt, alſo nur ſo hoch, als wir mit dem Barometer das Ufer des Amazonenſtroms bei Tomependa in der Provinz Jaen de Bracamoros gefunden. Bedenkt man nun, wie ſtark dieſer ungeheure Strom von Tomependa bis zum Meridian von 75° fällt und wie weit es von den Miſſionen am Rio Caguan bis zur Kordillere iſt, ſo bleibt kein Zweifel, daß das Bett des Caqueta unterhalb der Mündungen des Caguan und des Payoya viel tiefer liegt als das Bett des oberen Guainia, an den er einen Teil ſeines Waſſers abgeben ſoll. Ueberdies iſt das Waſſer des Caqueta durchaus weiß, das des Guainia dagegen ſchwarz oder kaffee- braun; man hat aber kein Beiſpiel, daß ein weißer Fluß auf ſeinem Laufe ſchwarz würde. Der obere Guainia kann alſo kein Arm des Caqueta ſein. Ich zweifle ſogar, daß man Grund hat anzunehmen, dem Guainia, als vornehmſten und unabhängigen Waſſerbehälter, komme ſüdwärts durch einen Seitenzweig einiges Waſſer zu.
Die kleine Berggruppe an den Quellen des Guainia, die wir haben kennen lernen, iſt um ſo intereſſanter, da ſie einzeln in der Ebene liegt, die ſich ſüdweſtlich vom Orinoko ausdehnt. Nach der Länge, unter der ſie liegt, könnte man vermuten, von ihr gehe ein Kamm ab, der zuerſt die Stromenge (Ango- ſtura) des Guaviare und dann die großen Katarakte des Uaupes und des Jupura bildet. Kommt vielleicht dort, wo die Gebirgsart wahrſcheinlich, wie im Oſten, Granit iſt, Gold in kleinen Teilen im Boden vor? Gibt es vielleicht weiter nach Süden, dem Uaupes zu, am Iquiare (Iguiari, Iguari) und am Yurubeſh (Yurubach, Urubaxi) Goldwäſchen? Dort ſuchte Philipp von Hutten zuerſt den Dorado und lieferte mit einer Handvoll Leute den Omagua das im ſechzehnten Jahrhundert vielberufene Gefecht. Entkleidet man die Be- richte der Konquiſtadoren des Fabelhaften, ſo erkennt man an den erhaltenen Ortsnamen immerhin, daß geſchichtliche Wahrheit zu Grunde liegt. Man folgt dem Zuge Huttens über den Guaviare und den Caqueta, man erkennt in den Guaypes unter dem Kaziken von Macatoa die Anwohner des Uaupes, der auch Guape oder Guapue heißt; man er-
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Negro eine Waſſerſcheide iſt. Noch mehr: Durch barometriſche
Beobachtung haben wir für das Ufer des Pimichin 253 m
Meereshöhe gefunden. Vorausgeſetzt, das bergige Land an
den Quellen des Guainia liege 97 m über Javita, ſo folgt
daraus, daß das Bett des Fluſſes in ſeinem oberen Laufe
wenigſtens 390 m über dem Meere liegt, alſo nur ſo hoch,
als wir mit dem Barometer das Ufer des Amazonenſtroms
bei Tomependa in der Provinz Jaen de Bracamoros gefunden.
Bedenkt man nun, wie ſtark dieſer ungeheure Strom von
Tomependa bis zum Meridian von 75° fällt und wie weit
es von den Miſſionen am Rio Caguan bis zur Kordillere iſt,
ſo bleibt kein Zweifel, daß das Bett des Caqueta unterhalb
der Mündungen des Caguan und des Payoya viel tiefer liegt
als das Bett des oberen Guainia, an den er einen Teil ſeines
Waſſers abgeben ſoll. Ueberdies iſt das Waſſer des Caqueta
durchaus weiß, das des Guainia dagegen ſchwarz oder kaffee-
braun; man hat aber kein Beiſpiel, daß ein weißer Fluß auf
ſeinem Laufe ſchwarz würde. Der obere Guainia kann alſo
kein Arm des Caqueta ſein. Ich zweifle ſogar, daß man
Grund hat anzunehmen, dem Guainia, als vornehmſten und
unabhängigen Waſſerbehälter, komme ſüdwärts durch einen
Seitenzweig einiges Waſſer zu.
Die kleine Berggruppe an den Quellen des Guainia, die
wir haben kennen lernen, iſt um ſo intereſſanter, da ſie einzeln
in der Ebene liegt, die ſich ſüdweſtlich vom Orinoko ausdehnt.
Nach der Länge, unter der ſie liegt, könnte man vermuten,
von ihr gehe ein Kamm ab, der zuerſt die Stromenge (Ango-
ſtura) des Guaviare und dann die großen Katarakte des
Uaupes und des Jupura bildet. Kommt vielleicht dort, wo
die Gebirgsart wahrſcheinlich, wie im Oſten, Granit iſt, Gold
in kleinen Teilen im Boden vor? Gibt es vielleicht weiter
nach Süden, dem Uaupes zu, am Iquiare (Iguiari, Iguari)
und am Yurubeſh (Yurubach, Urubaxi) Goldwäſchen? Dort
ſuchte Philipp von Hutten zuerſt den Dorado und lieferte
mit einer Handvoll Leute den Omagua das im ſechzehnten
Jahrhundert vielberufene Gefecht. Entkleidet man die Be-
richte der Konquiſtadoren des Fabelhaften, ſo erkennt man
an den erhaltenen Ortsnamen immerhin, daß geſchichtliche
Wahrheit zu Grunde liegt. Man folgt dem Zuge Huttens
über den Guaviare und den Caqueta, man erkennt in den
Guaypes unter dem Kaziken von Macatoa die Anwohner
des Uaupes, der auch Guape oder Guapue heißt; man er-
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial03_1859/275>, abgerufen am 16.02.2025.
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