heißt, eben der Caqueta ist. Eine Sage, die sich bis jetzt unter der Bevölkerung dieses Landstriches erhalten hat, der zufolge ein Arm des Caqueta oberhalb des Einflusses des Caguan und des Payoya zum Irinida und Rio Negro geht, muß auch zu der Meinung beigetragen haben, daß der Orinoko am Abhange der Gebirge von Pasto entspringe.
Wie wir gesehen, setzte man in Neugranada voraus, die Wasser des Caqueta laufen, wie die des Ariari, Meta und Apure, dem großen Orinokobecken zu. Hätte man genauer auf die Richtung dieser Nebenflüsse geachtet, so wäre man gewahr geworden, daß allerdings das ganze Land im großen nach Osten abfällt, daß aber die Bodenpolyeder, aus denen die Niederungen bestehen, schiefe Flächen zweiter Ordnung bilden, die nach Nordost und Südost geneigt sind. Eine fast unmerkliche Wasserscheide läuft unter dem 2. Breitengrade von den Anden von Timana zu der Landenge zwischen Javita und dem Canno Pimichin, über die unsere Piroge geschafft worden. Nördlich vom Parallel von Timana laufen die Ge- wässer1 nach Nordost und Ost: es sind die Nebenflüsse des Orinoko oder die Nebenflüsse seiner Nebenflüsse. Aber südlich vom Parallel von Timana, auf den Ebenen, welche denen von San Juan vollkommen zu gleichen scheinen, laufen der Caqueta oder Jupura, der Putumayo oder Ica, der Napo, der Pastaca und der Morona nach Südost und Süd-Südost und ergießen sich ins Becken des Amazonenstromes. Dabei ist sehr merkwürdig, daß diese Wasserscheide selbst nur als eine Fortsetzung derjenigen erscheint, die ich in den Kordilleren auf dem Wege von Popayan nach Pasto gefunden. Zieht man den Landhöhen nach eine Linie über Ceja (etwas südlich von Timana) und den Paramo de las Papas zum Alto del Roble, zwischen 1° 45' und 2° 20' der Breite, in 1890 m Meeres- höhe, so findet man die divortia aquarum zwischen dem Meere der Antillen und dem Stillen Ozean.
Vor Acundas Reise herrschte bei den Missionären die An- sicht, Caqueta, Guaviare und Orinoko seien nur verschiedene Benennungen desselben Flusses; aber der Geograph Sanson ließ auf den Karten, die er nach Acundas Beobachtungen ent- warf, den Caqueta sich in zwei Arme teilen, deren einer der Orinoko, der andere der Rio Negro oder Curiguacuru sein
heißt, eben der Caqueta iſt. Eine Sage, die ſich bis jetzt unter der Bevölkerung dieſes Landſtriches erhalten hat, der zufolge ein Arm des Caqueta oberhalb des Einfluſſes des Caguan und des Payoya zum Irinida und Rio Negro geht, muß auch zu der Meinung beigetragen haben, daß der Orinoko am Abhange der Gebirge von Paſto entſpringe.
Wie wir geſehen, ſetzte man in Neugranada voraus, die Waſſer des Caqueta laufen, wie die des Ariari, Meta und Apure, dem großen Orinokobecken zu. Hätte man genauer auf die Richtung dieſer Nebenflüſſe geachtet, ſo wäre man gewahr geworden, daß allerdings das ganze Land im großen nach Oſten abfällt, daß aber die Bodenpolyeder, aus denen die Niederungen beſtehen, ſchiefe Flächen zweiter Ordnung bilden, die nach Nordoſt und Südoſt geneigt ſind. Eine faſt unmerkliche Waſſerſcheide läuft unter dem 2. Breitengrade von den Anden von Timana zu der Landenge zwiſchen Javita und dem Caño Pimichin, über die unſere Piroge geſchafft worden. Nördlich vom Parallel von Timana laufen die Ge- wäſſer1 nach Nordoſt und Oſt: es ſind die Nebenflüſſe des Orinoko oder die Nebenflüſſe ſeiner Nebenflüſſe. Aber ſüdlich vom Parallel von Timana, auf den Ebenen, welche denen von San Juan vollkommen zu gleichen ſcheinen, laufen der Caqueta oder Jupura, der Putumayo oder Iça, der Napo, der Paſtaça und der Morona nach Südoſt und Süd-Südoſt und ergießen ſich ins Becken des Amazonenſtromes. Dabei iſt ſehr merkwürdig, daß dieſe Waſſerſcheide ſelbſt nur als eine Fortſetzung derjenigen erſcheint, die ich in den Kordilleren auf dem Wege von Popayan nach Paſto gefunden. Zieht man den Landhöhen nach eine Linie über Ceja (etwas ſüdlich von Timana) und den Paramo de las Papas zum Alto del Roble, zwiſchen 1° 45′ und 2° 20′ der Breite, in 1890 m Meeres- höhe, ſo findet man die divortia aquarum zwiſchen dem Meere der Antillen und dem Stillen Ozean.
Vor Acuñas Reiſe herrſchte bei den Miſſionären die An- ſicht, Caqueta, Guaviare und Orinoko ſeien nur verſchiedene Benennungen desſelben Fluſſes; aber der Geograph Sanſon ließ auf den Karten, die er nach Acuñas Beobachtungen ent- warf, den Caqueta ſich in zwei Arme teilen, deren einer der Orinoko, der andere der Rio Negro oder Curiguacuru ſein
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heißt, eben der Caqueta iſt. Eine Sage, die ſich bis jetzt
unter der Bevölkerung dieſes Landſtriches erhalten hat, der
zufolge ein Arm des Caqueta oberhalb des Einfluſſes des
Caguan und des Payoya zum Irinida und Rio Negro geht,
muß auch zu der Meinung beigetragen haben, daß der Orinoko
am Abhange der Gebirge von Paſto entſpringe.
Wie wir geſehen, ſetzte man in Neugranada voraus, die
Waſſer des Caqueta laufen, wie die des Ariari, Meta und
Apure, dem großen Orinokobecken zu. Hätte man genauer
auf die Richtung dieſer Nebenflüſſe geachtet, ſo wäre man
gewahr geworden, daß allerdings das ganze Land im großen
nach Oſten abfällt, daß aber die Bodenpolyeder, aus denen
die Niederungen beſtehen, ſchiefe Flächen zweiter Ordnung
bilden, die nach Nordoſt und Südoſt geneigt ſind. Eine faſt
unmerkliche Waſſerſcheide läuft unter dem 2. Breitengrade von
den Anden von Timana zu der Landenge zwiſchen Javita
und dem Caño Pimichin, über die unſere Piroge geſchafft
worden. Nördlich vom Parallel von Timana laufen die Ge-
wäſſer 1 nach Nordoſt und Oſt: es ſind die Nebenflüſſe des
Orinoko oder die Nebenflüſſe ſeiner Nebenflüſſe. Aber ſüdlich
vom Parallel von Timana, auf den Ebenen, welche denen
von San Juan vollkommen zu gleichen ſcheinen, laufen der
Caqueta oder Jupura, der Putumayo oder Iça, der Napo,
der Paſtaça und der Morona nach Südoſt und Süd-Südoſt
und ergießen ſich ins Becken des Amazonenſtromes. Dabei
iſt ſehr merkwürdig, daß dieſe Waſſerſcheide ſelbſt nur als eine
Fortſetzung derjenigen erſcheint, die ich in den Kordilleren auf
dem Wege von Popayan nach Paſto gefunden. Zieht man
den Landhöhen nach eine Linie über Ceja (etwas ſüdlich von
Timana) und den Paramo de las Papas zum Alto del Roble,
zwiſchen 1° 45′ und 2° 20′ der Breite, in 1890 m Meeres-
höhe, ſo findet man die divortia aquarum zwiſchen dem
Meere der Antillen und dem Stillen Ozean.
Vor Acuñas Reiſe herrſchte bei den Miſſionären die An-
ſicht, Caqueta, Guaviare und Orinoko ſeien nur verſchiedene
Benennungen desſelben Fluſſes; aber der Geograph Sanſon
ließ auf den Karten, die er nach Acuñas Beobachtungen ent-
warf, den Caqueta ſich in zwei Arme teilen, deren einer der
Orinoko, der andere der Rio Negro oder Curiguacuru ſein
1 Inirida, Guaviare, Vichada, Zama, Meta, Caſamare, Apure.
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial03_1859/269>, abgerufen am 16.02.2025.
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