Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.Loire bis Orleans heraufgehen; aber ich bin immer noch der Gegen 5 Uhr abends gingen wir nicht ohne Mühe in 1 Die Delphine, welche in die Nilmündung kommen, fielen
indessen den Alten so auf, daß sie auf einer Büste des Flußgottes aus Syenit im Pariser Museum halb versteckt im wallenden Barte dargestellt sind. Loire bis Orleans heraufgehen; aber ich bin immer noch der Gegen 5 Uhr abends gingen wir nicht ohne Mühe in 1 Die Delphine, welche in die Nilmündung kommen, fielen
indeſſen den Alten ſo auf, daß ſie auf einer Büſte des Flußgottes aus Syenit im Pariſer Muſeum halb verſteckt im wallenden Barte dargeſtellt ſind. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0229" n="221"/> Loire bis Orleans heraufgehen; aber ich bin immer noch der<lb/> Anſicht, daß die Delphine im Temi, wie die im Ganges und<lb/> wie die Rochen im Orinoko, von den Seerochen und See-<lb/> delphinen ganz verſchiedene Arten ſind. In den ungeheuren<lb/> Strömen Südamerikas und in den großen Seen Nordame-<lb/> rikas ſcheint die Natur mehrere Typen von Seetieren zu<lb/> wiederholen. Der Nil hat keine Delphine;<note place="foot" n="1">Die Delphine, welche in die Nilmündung kommen, fielen<lb/> indeſſen den Alten ſo auf, daß ſie auf einer Büſte des Flußgottes<lb/> aus Syenit im Pariſer Muſeum halb verſteckt im wallenden Barte<lb/> dargeſtellt ſind.</note> ſie gehen aus<lb/> dem Meere im Delta nicht über Biana und Metonbis, Se-<lb/> lamun zu, hinauf.</p><lb/> <p>Gegen 5 Uhr abends gingen wir nicht ohne Mühe in<lb/> das eigentliche Flußbett zurück. Unſere Piroge blieb ein paar<lb/> Minuten lang zwiſchen zwei Baumſtämmen ſtecken. Kaum<lb/> war ſie wieder losgemacht, kamen wir an eine Stelle, wo<lb/> mehrere Waſſerpfade oder kleine Kanäle ſich kreuzten, und der<lb/> Steuermann wußte nicht gleich, welches der befahrenſte Weg<lb/> war. Wir haben oben geſehen, daß man in der Provinz<lb/> Varinas im Kanoe über die offenen Savannen von San Fer-<lb/> nando am Apure bis an den Arauca fährt; hier fuhren wir<lb/> durch einen Wald, der ſo dicht iſt, daß man ſich weder nach<lb/> der Sonne noch nach den Sternen orientieren kann. Heute<lb/> fiel es uns wieder recht auf, daß es in dieſem Landſtriche<lb/> keine baumartigen Farne mehr gibt. Sie nehmen vom 6. Grad<lb/> nördlicher Breite an ſichtbar ab, wogegen die Palmen dem<lb/> Aequator zu ungeheuer zunehmen. Die eigentliche Heimat<lb/> der baumartigen Farne iſt ein nicht ſo heißes Klima, ein<lb/> etwas bergiger Boden, Plateaus von 580 <hi rendition="#aq">m</hi> Höhe. Nur wo<lb/> Berge ſind, gehen dieſe prachtvollen Gewächſe gegen die Nie-<lb/> derungen herab; ganz ebenes Land, wie das, über welches<lb/> der Caſſiquiare, der Temi, der Inirida und der Rio Negro<lb/> ziehen, ſcheinen ſie zu meiden. Wir übernachteten an einem<lb/> Felſen, den die Miſſionäre Piedra de Aſtor nennen. Von der<lb/> Mündung des Guaviare an iſt der geologiſche Charakter des<lb/> Bodens derſelbe. Es iſt eine weite aus Granit beſtehende<lb/> Ebene, auf der jede Meile einmal das Geſtein zu Tage kommt<lb/> und keine Hügel, ſondern kleine ſenkrechte Maſſen bildet, die<lb/> Pfeilern oder zerfallenen Gebäuden gleichen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [221/0229]
Loire bis Orleans heraufgehen; aber ich bin immer noch der
Anſicht, daß die Delphine im Temi, wie die im Ganges und
wie die Rochen im Orinoko, von den Seerochen und See-
delphinen ganz verſchiedene Arten ſind. In den ungeheuren
Strömen Südamerikas und in den großen Seen Nordame-
rikas ſcheint die Natur mehrere Typen von Seetieren zu
wiederholen. Der Nil hat keine Delphine; 1 ſie gehen aus
dem Meere im Delta nicht über Biana und Metonbis, Se-
lamun zu, hinauf.
Gegen 5 Uhr abends gingen wir nicht ohne Mühe in
das eigentliche Flußbett zurück. Unſere Piroge blieb ein paar
Minuten lang zwiſchen zwei Baumſtämmen ſtecken. Kaum
war ſie wieder losgemacht, kamen wir an eine Stelle, wo
mehrere Waſſerpfade oder kleine Kanäle ſich kreuzten, und der
Steuermann wußte nicht gleich, welches der befahrenſte Weg
war. Wir haben oben geſehen, daß man in der Provinz
Varinas im Kanoe über die offenen Savannen von San Fer-
nando am Apure bis an den Arauca fährt; hier fuhren wir
durch einen Wald, der ſo dicht iſt, daß man ſich weder nach
der Sonne noch nach den Sternen orientieren kann. Heute
fiel es uns wieder recht auf, daß es in dieſem Landſtriche
keine baumartigen Farne mehr gibt. Sie nehmen vom 6. Grad
nördlicher Breite an ſichtbar ab, wogegen die Palmen dem
Aequator zu ungeheuer zunehmen. Die eigentliche Heimat
der baumartigen Farne iſt ein nicht ſo heißes Klima, ein
etwas bergiger Boden, Plateaus von 580 m Höhe. Nur wo
Berge ſind, gehen dieſe prachtvollen Gewächſe gegen die Nie-
derungen herab; ganz ebenes Land, wie das, über welches
der Caſſiquiare, der Temi, der Inirida und der Rio Negro
ziehen, ſcheinen ſie zu meiden. Wir übernachteten an einem
Felſen, den die Miſſionäre Piedra de Aſtor nennen. Von der
Mündung des Guaviare an iſt der geologiſche Charakter des
Bodens derſelbe. Es iſt eine weite aus Granit beſtehende
Ebene, auf der jede Meile einmal das Geſtein zu Tage kommt
und keine Hügel, ſondern kleine ſenkrechte Maſſen bildet, die
Pfeilern oder zerfallenen Gebäuden gleichen.
1 Die Delphine, welche in die Nilmündung kommen, fielen
indeſſen den Alten ſo auf, daß ſie auf einer Büſte des Flußgottes
aus Syenit im Pariſer Muſeum halb verſteckt im wallenden Barte
dargeſtellt ſind.
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