Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.verstehen, wie es sein Vorteil wäre, sich mit den Christen zu Als Cuseru, der Häuptling der Guaypunabis, die spani- Man sieht in San Fernando noch einige Spuren von verſtehen, wie es ſein Vorteil wäre, ſich mit den Chriſten zu Als Cuſeru, der Häuptling der Guaypunabis, die ſpani- Man ſieht in San Fernando noch einige Spuren von <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0213" n="205"/> verſtehen, wie es ſein Vorteil wäre, ſich mit den Chriſten zu<lb/> vertragen. Cuſeru ſpeiſte am Tiſche des ſpaniſchen Generals;<lb/> man köderte ihn mit Verſprechungen, namentlich mit der Aus-<lb/> ſicht, daß man nächſtens ſeinen Feinden den Garaus machen<lb/> werde. Er war König geweſen, nunmehr ward er Dorfſchulze<lb/> und ließ ſich dazu herbei, ſich mit den Seinigen in der neuen<lb/> Miſſion San Fernando de Atabapo niederzulaſſen. Ein ſolch<lb/> trauriges Ende nahmen meiſt jene Häuptlinge, welche bei<lb/> Reiſenden und Miſſionären indianiſche Fürſten heißen. „In<lb/> meiner Miſſion,“ ſagt der gute Pater Gili, „hatte ich fünf<lb/><hi rendition="#g">Reyecillos</hi> (kleine Könige) der Tamanaken, Avarigoten,<lb/> Parecas, Quaqua und Maypures. In der Kirche ſetzte ich<lb/> alle nebeneinander auf <hi rendition="#g">eine</hi> Bank, ermangelte aber nicht,<lb/> den erſten Platz Monaiti, dem Könige der Tamanaken, an-<lb/> zuweiſen, weil er mich bei der Gründung des Dorfes unter-<lb/> ſtützt hatte. Er ſchien ganz ſtolz auf dieſe Auszeichnung.“<lb/> Wir ſind auch Pater Gilis Meinung, daß ehemalige, von<lb/> ihrer Höhe herabgeſunkene Gewalthaber ſelten mit ſo wenigem<lb/> zufriedenzuſtellen ſind.</p><lb/> <p>Als Cuſeru, der Häuptling der Guaypunabis, die ſpani-<lb/> ſchen Truppen durch die Katarakte ziehen ſah, riet er Don<lb/> Joſe Solano, die Niederlaſſung am Atabapo noch ein ganzes<lb/> Jahr aufzuſchieben; er prophezeite Unheil, das denn auch nicht<lb/> ausblieb. „Laßt mich,“ ſagte Cuſeru zu den Jeſuiten, „mit<lb/> den Meinigen arbeiten und das Land umbrechen; ich pflanze<lb/> Maniok, und ſo habt ihr ſpäter mit ſo vielen Leuten zu leben.“<lb/> Solano, in ſeiner Ungeduld, weiter vorzudringen, hörte nicht<lb/> auf den Rat des indianiſchen Häuptlings. Die neuen An-<lb/> ſiedler in San Fernando verfielen allen Schreckniſſen der<lb/> Hungersnot. Man ließ mit großen Koſten zu Schiff auf<lb/> dem Meta und dem Vichada Mehl aus Neugranada kommen.<lb/> Die Vorräte langten aber zu ſpät an, und viele Europäer<lb/> und Indianer erlagen den Krankheiten, die in allen Himmels-<lb/> ſtrichen Folgen des Mangels und der geſunkenen moraliſchen<lb/> Kraft ſind.</p><lb/> <p>Man ſieht in San Fernando noch einige Spuren von<lb/> Anbau; jeder Indianer hat eine kleine Pflanzung von Kakao-<lb/> bäumen. Die Bäume tragen vom fünften Jahre an reichlich,<lb/> aber ſie hören damit früher auf als in den Thälern von<lb/> Aragua. Die Bohne iſt klein und von vorzüglicher Güte.<lb/> Ein <hi rendition="#g">Almuda</hi>, deren zehn auf eine Fanega gehen, koſtet in<lb/> San Fernando 6 Realen, etwa 4 Franken, an den Küſten<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [205/0213]
verſtehen, wie es ſein Vorteil wäre, ſich mit den Chriſten zu
vertragen. Cuſeru ſpeiſte am Tiſche des ſpaniſchen Generals;
man köderte ihn mit Verſprechungen, namentlich mit der Aus-
ſicht, daß man nächſtens ſeinen Feinden den Garaus machen
werde. Er war König geweſen, nunmehr ward er Dorfſchulze
und ließ ſich dazu herbei, ſich mit den Seinigen in der neuen
Miſſion San Fernando de Atabapo niederzulaſſen. Ein ſolch
trauriges Ende nahmen meiſt jene Häuptlinge, welche bei
Reiſenden und Miſſionären indianiſche Fürſten heißen. „In
meiner Miſſion,“ ſagt der gute Pater Gili, „hatte ich fünf
Reyecillos (kleine Könige) der Tamanaken, Avarigoten,
Parecas, Quaqua und Maypures. In der Kirche ſetzte ich
alle nebeneinander auf eine Bank, ermangelte aber nicht,
den erſten Platz Monaiti, dem Könige der Tamanaken, an-
zuweiſen, weil er mich bei der Gründung des Dorfes unter-
ſtützt hatte. Er ſchien ganz ſtolz auf dieſe Auszeichnung.“
Wir ſind auch Pater Gilis Meinung, daß ehemalige, von
ihrer Höhe herabgeſunkene Gewalthaber ſelten mit ſo wenigem
zufriedenzuſtellen ſind.
Als Cuſeru, der Häuptling der Guaypunabis, die ſpani-
ſchen Truppen durch die Katarakte ziehen ſah, riet er Don
Joſe Solano, die Niederlaſſung am Atabapo noch ein ganzes
Jahr aufzuſchieben; er prophezeite Unheil, das denn auch nicht
ausblieb. „Laßt mich,“ ſagte Cuſeru zu den Jeſuiten, „mit
den Meinigen arbeiten und das Land umbrechen; ich pflanze
Maniok, und ſo habt ihr ſpäter mit ſo vielen Leuten zu leben.“
Solano, in ſeiner Ungeduld, weiter vorzudringen, hörte nicht
auf den Rat des indianiſchen Häuptlings. Die neuen An-
ſiedler in San Fernando verfielen allen Schreckniſſen der
Hungersnot. Man ließ mit großen Koſten zu Schiff auf
dem Meta und dem Vichada Mehl aus Neugranada kommen.
Die Vorräte langten aber zu ſpät an, und viele Europäer
und Indianer erlagen den Krankheiten, die in allen Himmels-
ſtrichen Folgen des Mangels und der geſunkenen moraliſchen
Kraft ſind.
Man ſieht in San Fernando noch einige Spuren von
Anbau; jeder Indianer hat eine kleine Pflanzung von Kakao-
bäumen. Die Bäume tragen vom fünften Jahre an reichlich,
aber ſie hören damit früher auf als in den Thälern von
Aragua. Die Bohne iſt klein und von vorzüglicher Güte.
Ein Almuda, deren zehn auf eine Fanega gehen, koſtet in
San Fernando 6 Realen, etwa 4 Franken, an den Küſten
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