Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.auf einer Stromfahrt von 810 km, nicht ein einziges Fahr- Mit der Mündung des Rio Zama betraten wir ein Fluß- Die Farbe des Quellwassers, Flußwassers und Seewassers Berühmte Physiker, welche das reinste Gletscherwasser auf einer Stromfahrt von 810 km, nicht ein einziges Fahr- Mit der Mündung des Rio Zama betraten wir ein Fluß- Die Farbe des Quellwaſſers, Flußwaſſers und Seewaſſers Berühmte Phyſiker, welche das reinſte Gletſcherwaſſer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0200" n="192"/> auf einer Stromfahrt von 810 <hi rendition="#aq">km</hi>, nicht ein einziges Fahr-<lb/> zeug begegnete.</p><lb/> <p>Mit der Mündung des Rio Zama betraten wir ein Fluß-<lb/> ſyſtem, das große Aufmerkſamkeit verdient. Der Zama, der<lb/> Mataveni, der Atabapo, der Tuamini, der Temi, der Guainia<lb/> haben <hi rendition="#g">ſchwarzes Waſſer</hi> <hi rendition="#aq">(aguas negras)</hi>, das heißt, ihr<lb/> Waſſer, in großen Maſſen geſehen, erſcheint kaffeebraun oder<lb/> grünlich-ſchwarz, und doch ſind es die ſchönſten, klarſten, wohl-<lb/> ſchmeckendſten Waſſer. Ich habe ſchon oben erwähnt, daß die<lb/> Krokodile und, wenn auch nicht die Zancudos, doch die Moskiten<lb/> faſt überall die ſchwarzen Waſſer meiden. Das Volk behauptet<lb/> ferner, dieſe Waſſer bräunen das Geſtein nicht, und die weißen<lb/> Flüſſe haben ſchwarze, die ſchwarzen Flüſſe weiße Ufer. Und<lb/> allerdings ſieht man am Geſtade des Guainia, den die Euro-<lb/> päer unter dem Namen <hi rendition="#g">Rio Negro</hi> kennen, häufig blendend<lb/> weiße Quarzmaſſen aus dem Granit hervorſtehen. Im Glaſe<lb/> iſt das Waſſer des Mataveni ziemlich weiß, das des Ata-<lb/> bapo aber behält einen braungelblichen Schein. Wenn ein<lb/> gelinder Wind den Spiegel dieſer <hi rendition="#g">ſchwarzen Flüſſe</hi><lb/> kräuſelt, ſo erſcheinen ſie ſchön wieſengrün, wie die Schweizer<lb/> Seen. Im Schatten iſt der Zama, der Atabapo, der Guainia<lb/> ſchwarz wie Kaffeeſatz. Dieſe Erſcheinungen ſind ſo auffallend,<lb/> daß die Indianer allerorten die Gewäſſer in ſchwarze und<lb/> weiße einteilen. Erſtere haben mir häufig als künſtlicher<lb/> Horizont gedient; ſie werfen die Sternbilder wunderbar ſcharf<lb/> zurück.</p><lb/> <p>Die Farbe des Quellwaſſers, Flußwaſſers und Seewaſſers<lb/> gehört zu den phyſikaliſchen Problemen, die durch unmittelbare<lb/> Verſuche ſchwer oder gar nicht zu löſen ſind. Die Farben<lb/> bei reflektiertem Lichte ſind meiſt ganz andere als bei durch-<lb/> gehendem, beſonders wenn es durch eine große Maſſe Flüſſigkeit<lb/> durchgeht. Fände keine Abſorption der Strahlen ſtatt, ſo<lb/> hätte das durchgehende Licht immer die Farbe, welche die<lb/> komplementäre des reflektierten Lichtes wäre, und meiſt be-<lb/> urteilt man bei einem Waſſer in einem nicht tiefen Glaſe<lb/> mit enger Oeffnung das durchgehende Licht falſch. Bei einem<lb/> Fluſſe gelangt das reflektierte farbige Licht immer von den<lb/> inneren Schichten der Flüſſigkeit zu uns, nicht von der oberſten<lb/> Schicht derſelben.</p><lb/> <p>Berühmte Phyſiker, welche das reinſte Gletſcherwaſſer<lb/> unterſucht haben, ſowie das, welches aus mit ewigem Schnee<lb/> bedeckten Bergen entſpringt, wo keine vegetabiliſchen Reſte ſich<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [192/0200]
auf einer Stromfahrt von 810 km, nicht ein einziges Fahr-
zeug begegnete.
Mit der Mündung des Rio Zama betraten wir ein Fluß-
ſyſtem, das große Aufmerkſamkeit verdient. Der Zama, der
Mataveni, der Atabapo, der Tuamini, der Temi, der Guainia
haben ſchwarzes Waſſer (aguas negras), das heißt, ihr
Waſſer, in großen Maſſen geſehen, erſcheint kaffeebraun oder
grünlich-ſchwarz, und doch ſind es die ſchönſten, klarſten, wohl-
ſchmeckendſten Waſſer. Ich habe ſchon oben erwähnt, daß die
Krokodile und, wenn auch nicht die Zancudos, doch die Moskiten
faſt überall die ſchwarzen Waſſer meiden. Das Volk behauptet
ferner, dieſe Waſſer bräunen das Geſtein nicht, und die weißen
Flüſſe haben ſchwarze, die ſchwarzen Flüſſe weiße Ufer. Und
allerdings ſieht man am Geſtade des Guainia, den die Euro-
päer unter dem Namen Rio Negro kennen, häufig blendend
weiße Quarzmaſſen aus dem Granit hervorſtehen. Im Glaſe
iſt das Waſſer des Mataveni ziemlich weiß, das des Ata-
bapo aber behält einen braungelblichen Schein. Wenn ein
gelinder Wind den Spiegel dieſer ſchwarzen Flüſſe
kräuſelt, ſo erſcheinen ſie ſchön wieſengrün, wie die Schweizer
Seen. Im Schatten iſt der Zama, der Atabapo, der Guainia
ſchwarz wie Kaffeeſatz. Dieſe Erſcheinungen ſind ſo auffallend,
daß die Indianer allerorten die Gewäſſer in ſchwarze und
weiße einteilen. Erſtere haben mir häufig als künſtlicher
Horizont gedient; ſie werfen die Sternbilder wunderbar ſcharf
zurück.
Die Farbe des Quellwaſſers, Flußwaſſers und Seewaſſers
gehört zu den phyſikaliſchen Problemen, die durch unmittelbare
Verſuche ſchwer oder gar nicht zu löſen ſind. Die Farben
bei reflektiertem Lichte ſind meiſt ganz andere als bei durch-
gehendem, beſonders wenn es durch eine große Maſſe Flüſſigkeit
durchgeht. Fände keine Abſorption der Strahlen ſtatt, ſo
hätte das durchgehende Licht immer die Farbe, welche die
komplementäre des reflektierten Lichtes wäre, und meiſt be-
urteilt man bei einem Waſſer in einem nicht tiefen Glaſe
mit enger Oeffnung das durchgehende Licht falſch. Bei einem
Fluſſe gelangt das reflektierte farbige Licht immer von den
inneren Schichten der Flüſſigkeit zu uns, nicht von der oberſten
Schicht derſelben.
Berühmte Phyſiker, welche das reinſte Gletſcherwaſſer
unterſucht haben, ſowie das, welches aus mit ewigem Schnee
bedeckten Bergen entſpringt, wo keine vegetabiliſchen Reſte ſich
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