Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.unsere Empfindung mischen, so oft etwas Großes und Schönes Die Stille in der Luft und das Toben der Wasser bilden Der Hügel Manimi bildet die östliche Grenze einer Ebene, An einem Platze, wo wir tags zuvor gebadet hatten, unſere Empfindung miſchen, ſo oft etwas Großes und Schönes Die Stille in der Luft und das Toben der Waſſer bilden Der Hügel Manimi bildet die öſtliche Grenze einer Ebene, An einem Platze, wo wir tags zuvor gebadet hatten, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0179" n="171"/> unſere Empfindung miſchen, ſo oft etwas Großes und Schönes<lb/> uns die Seele bewegt.</p><lb/> <p>Die Stille in der Luft und das Toben der Waſſer bilden<lb/> einen Gegenſatz, wie er dieſem Himmelsſtriche eigentümlich iſt.<lb/> Nie bewegt hier ein Windhauch das Laub der Bäume, nie<lb/> trübt eine Wolke den Glanz des blauen Himmelsgewölbes;<lb/> eine gewaltige Lichtmaſſe iſt durch die Luft verbreitet, über<lb/> dem Boden, den Gewächſe mit glänzenden Blättern bedecken,<lb/> über dem Strom, der ſich unabſehbar hinbreitet. Dieſer An-<lb/> blick hat für den Reiſenden, der im Norden von Europa zu<lb/> Hauſe iſt, etwas ganz Befremdendes. Stellt er ſich eine<lb/> wilde Landſchaft vor, einen Strom, der von Fels zu Fels<lb/> niederſtürzt, ſo denkt er ſich auch ein Klima dazu, in dem<lb/> gar oft der Donner aus dem Gewölk mit dem Donner der<lb/> Waſſerfälle ſich miſcht, wo am düſteren, nebeligen Tage die<lb/> Wolken in das Thal herunterſteigen und in den Wipfeln der<lb/> Tannen hängen. In den Niederungen der Feſtländer unter<lb/> den Tropen hat die Landſchaft eine ganz eigene Phyſiognomie,<lb/> eine Großartigkeit und eine Ruhe, die ſelbſt da ſich nicht<lb/> verleugnet, wo eines der Elemente mit unüberwindlichen<lb/> Hinderniſſen zu kämpfen hat. In der Nähe des Aequators<lb/> kommen heftige Stürme und Ungewitter nur auf den Inſeln,<lb/> in pflanzenloſen Wüſten, kurz überall da vor, wo die Luft<lb/> auf Flächen mit ſehr abweichender Strahlung ruht.</p><lb/> <p>Der Hügel Manimi bildet die öſtliche Grenze einer Ebene,<lb/> auf der man dieſelben für die Geſchichte der Vegetation, das<lb/> heißt ihrer allmählichen Entwickelung auf nackten, kahlen<lb/> Bodenſtrecken wichtigen Erſcheinungen beobachtet, wie wir ſie<lb/> oben beim Raudal von Atures beſchrieben. In der Regenzeit<lb/> ſchwemmt das Waſſer Dammerde auf dem Granitgeſtein zu-<lb/> ſammen, deſſen kahle Bänke wagerecht daliegen. Dieſe mit<lb/> den ſchönſten, wohlriechendſten Gewächſen geſchmückten Land-<lb/> eilande gleichen den mit Blumen bedeckten Granitblöcken, welche<lb/> die Alpenbewohner Jardins oder Courtils nennen, und die<lb/> in Savoyen mitten aus den Gletſchern emporragen. Mitten<lb/> in den Katarakten auf ziemlich ſchwer zugänglichen Klippen<lb/> wächſt die Vanille. Bonpland hat ungemein gewürzreiche und<lb/> außerordentlich lange Schoten gebrochen.</p><lb/> <p>An einem Platze, wo wir tags zuvor gebadet hatten,<lb/> am Fuße des Felſen Manimi, ſchlugen die Indianer eine<lb/> 2,4 <hi rendition="#aq">m</hi> lange Schlange tot, die wir mit Muße unterſuchen<lb/> konnten. Die Macos nannten ſie <hi rendition="#g">Camudu</hi>; der Rücken<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [171/0179]
unſere Empfindung miſchen, ſo oft etwas Großes und Schönes
uns die Seele bewegt.
Die Stille in der Luft und das Toben der Waſſer bilden
einen Gegenſatz, wie er dieſem Himmelsſtriche eigentümlich iſt.
Nie bewegt hier ein Windhauch das Laub der Bäume, nie
trübt eine Wolke den Glanz des blauen Himmelsgewölbes;
eine gewaltige Lichtmaſſe iſt durch die Luft verbreitet, über
dem Boden, den Gewächſe mit glänzenden Blättern bedecken,
über dem Strom, der ſich unabſehbar hinbreitet. Dieſer An-
blick hat für den Reiſenden, der im Norden von Europa zu
Hauſe iſt, etwas ganz Befremdendes. Stellt er ſich eine
wilde Landſchaft vor, einen Strom, der von Fels zu Fels
niederſtürzt, ſo denkt er ſich auch ein Klima dazu, in dem
gar oft der Donner aus dem Gewölk mit dem Donner der
Waſſerfälle ſich miſcht, wo am düſteren, nebeligen Tage die
Wolken in das Thal herunterſteigen und in den Wipfeln der
Tannen hängen. In den Niederungen der Feſtländer unter
den Tropen hat die Landſchaft eine ganz eigene Phyſiognomie,
eine Großartigkeit und eine Ruhe, die ſelbſt da ſich nicht
verleugnet, wo eines der Elemente mit unüberwindlichen
Hinderniſſen zu kämpfen hat. In der Nähe des Aequators
kommen heftige Stürme und Ungewitter nur auf den Inſeln,
in pflanzenloſen Wüſten, kurz überall da vor, wo die Luft
auf Flächen mit ſehr abweichender Strahlung ruht.
Der Hügel Manimi bildet die öſtliche Grenze einer Ebene,
auf der man dieſelben für die Geſchichte der Vegetation, das
heißt ihrer allmählichen Entwickelung auf nackten, kahlen
Bodenſtrecken wichtigen Erſcheinungen beobachtet, wie wir ſie
oben beim Raudal von Atures beſchrieben. In der Regenzeit
ſchwemmt das Waſſer Dammerde auf dem Granitgeſtein zu-
ſammen, deſſen kahle Bänke wagerecht daliegen. Dieſe mit
den ſchönſten, wohlriechendſten Gewächſen geſchmückten Land-
eilande gleichen den mit Blumen bedeckten Granitblöcken, welche
die Alpenbewohner Jardins oder Courtils nennen, und die
in Savoyen mitten aus den Gletſchern emporragen. Mitten
in den Katarakten auf ziemlich ſchwer zugänglichen Klippen
wächſt die Vanille. Bonpland hat ungemein gewürzreiche und
außerordentlich lange Schoten gebrochen.
An einem Platze, wo wir tags zuvor gebadet hatten,
am Fuße des Felſen Manimi, ſchlugen die Indianer eine
2,4 m lange Schlange tot, die wir mit Muße unterſuchen
konnten. Die Macos nannten ſie Camudu; der Rücken
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |