Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.schwebte Aristoteles die wahre Ursache der Erscheinung als Am 16. April gegen Abend erhielten wir Nachricht, Humboldt hatte die alte französische Uebersetzung des Amyot aus-
gezogen. Anm. des Herausgebers.) ſchwebte Ariſtoteles die wahre Urſache der Erſcheinung als Am 16. April gegen Abend erhielten wir Nachricht, Humboldt hatte die alte franzöſiſche Ueberſetzung des Amyot aus-
gezogen. Anm. des Herausgebers.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0144" n="136"/> ſchwebte Ariſtoteles die wahre Urſache der Erſcheinung als<lb/> unbeſtimmte Ahnung vor; er ſchreibt aber die Bewegung der<lb/> Luft dem Stoße der kleinſten Teilchen derſelben zu, was viel-<lb/> mehr dem raſchen Wechſel der Dichtigkeit in ſich berührenden<lb/> Luftſchichten zuzuſchreiben ſein möchte.</p><lb/> <p>Am 16. April gegen Abend erhielten wir Nachricht,<lb/> unſere Piroge ſei in weniger als 6 Stunden über die Strom-<lb/> ſchnellen geſchafft worden und liege wohlbehalten in einer Bucht,<lb/><hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">Puerto de arriba,</hi> der obere Hafen</hi>, genannt. „Eure<lb/> Piroge wird nicht in Stücke gehen, weil ihr kein Kauf-<lb/> mannsgut führt und der Mönch aus den Raudales mit euch<lb/> reiſt,“ ſo hatte im Lager von Pararuma ein kleiner brauner<lb/> Mann, in dem wir an der Mundart den Katalonier erkannten,<lb/> boshaft gegen uns geäußert. Es war ein Schildkrötenöl-<lb/> händler, der mit den Indianern in den Miſſionen in Verkehr<lb/> und eben kein Freund der Miſſionäre war. „Die Fahrzeuge,<lb/> die leicht zerbrechen,“ fuhr er fort, „ſind die der <hi rendition="#g">Katalo-<lb/> nier</hi>, die mit einem Lizenzſchein vom Statthalter von Guyana,<lb/> nicht aber mit der Genehmigung des Präſidenten der Miſ-<lb/> ſionen jenſeits Atures und Maypures Handel treiben wollen.<lb/> Man läßt unſere Pirogen in den Raudales, die der Schlüſſel<lb/> ſind zu den Miſſionen am oberen Orinoko, am Caſſiquiare<lb/> und Rio Negro, zu ſchanden gehen; man ſchafft uns dann<lb/> durch die Indianer in Atures nach Carichana zurück und zwingt<lb/> uns unſere Handelsſpekulationen aufzugeben.“ Als unpar-<lb/> teiiſcher Geſchichtſchreiber der von mir bereiſten Länder kann<lb/> ich einer ſolchen, wohl etwas leichtfertig ausgeſprochenen Mei-<lb/> nung nicht beitreten. Der gegenwärtige Miſſionär bei den<lb/> Raudales iſt nicht der Mann, die Plackereien, über welche<lb/> die kataloniſchen Krämer klagen, ſich zu ſchulden kommen zu<lb/> laſſen; man fragt ſich aber, weshalb das Regiment in den<lb/> Miſſionen ſogar in den ſpaniſchen Kolonieen ſo gründlich ver-<lb/> haßt iſt? Verleumdete man nur reiche Leute, ſo wären die<lb/> Miſſionäre am oberen Orinoko vor dergleichen boshaften An-<lb/> griffen ſicher. Sie beſitzen kein Pferd, keine Ziege, kaum eine<lb/> Kuh, während ihre Ordensbrüder, die Kapuziner in den Miſ-<lb/> ſionen am Carony, Herden von 40000 Stücken beſitzen. Der<lb/> Groll der arbeitenden Klaſſen unter den Koloniſten gilt alſo<lb/><note xml:id="seg2pn_3_2" prev="#seg2pn_3_1" place="foot" n="1">Humboldt hatte die alte franzöſiſche Ueberſetzung des Amyot aus-<lb/> gezogen. Anm. des Herausgebers.)</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [136/0144]
ſchwebte Ariſtoteles die wahre Urſache der Erſcheinung als
unbeſtimmte Ahnung vor; er ſchreibt aber die Bewegung der
Luft dem Stoße der kleinſten Teilchen derſelben zu, was viel-
mehr dem raſchen Wechſel der Dichtigkeit in ſich berührenden
Luftſchichten zuzuſchreiben ſein möchte.
Am 16. April gegen Abend erhielten wir Nachricht,
unſere Piroge ſei in weniger als 6 Stunden über die Strom-
ſchnellen geſchafft worden und liege wohlbehalten in einer Bucht,
Puerto de arriba, der obere Hafen, genannt. „Eure
Piroge wird nicht in Stücke gehen, weil ihr kein Kauf-
mannsgut führt und der Mönch aus den Raudales mit euch
reiſt,“ ſo hatte im Lager von Pararuma ein kleiner brauner
Mann, in dem wir an der Mundart den Katalonier erkannten,
boshaft gegen uns geäußert. Es war ein Schildkrötenöl-
händler, der mit den Indianern in den Miſſionen in Verkehr
und eben kein Freund der Miſſionäre war. „Die Fahrzeuge,
die leicht zerbrechen,“ fuhr er fort, „ſind die der Katalo-
nier, die mit einem Lizenzſchein vom Statthalter von Guyana,
nicht aber mit der Genehmigung des Präſidenten der Miſ-
ſionen jenſeits Atures und Maypures Handel treiben wollen.
Man läßt unſere Pirogen in den Raudales, die der Schlüſſel
ſind zu den Miſſionen am oberen Orinoko, am Caſſiquiare
und Rio Negro, zu ſchanden gehen; man ſchafft uns dann
durch die Indianer in Atures nach Carichana zurück und zwingt
uns unſere Handelsſpekulationen aufzugeben.“ Als unpar-
teiiſcher Geſchichtſchreiber der von mir bereiſten Länder kann
ich einer ſolchen, wohl etwas leichtfertig ausgeſprochenen Mei-
nung nicht beitreten. Der gegenwärtige Miſſionär bei den
Raudales iſt nicht der Mann, die Plackereien, über welche
die kataloniſchen Krämer klagen, ſich zu ſchulden kommen zu
laſſen; man fragt ſich aber, weshalb das Regiment in den
Miſſionen ſogar in den ſpaniſchen Kolonieen ſo gründlich ver-
haßt iſt? Verleumdete man nur reiche Leute, ſo wären die
Miſſionäre am oberen Orinoko vor dergleichen boshaften An-
griffen ſicher. Sie beſitzen kein Pferd, keine Ziege, kaum eine
Kuh, während ihre Ordensbrüder, die Kapuziner in den Miſ-
ſionen am Carony, Herden von 40000 Stücken beſitzen. Der
Groll der arbeitenden Klaſſen unter den Koloniſten gilt alſo
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1 Humboldt hatte die alte franzöſiſche Ueberſetzung des Amyot aus-
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