Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.von zahllosen Moskitoschwärmen erfüllt ist, wo das Gesumse Ich bin vielmehr der Ansicht, daß, solange die Sonne von zahlloſen Moskitoſchwärmen erfüllt iſt, wo das Geſumſe Ich bin vielmehr der Anſicht, daß, ſolange die Sonne <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0142" n="134"/> von zahlloſen Moskitoſchwärmen erfüllt iſt, wo das Geſumſe<lb/> der Inſekten bei Nacht weit ſtärker iſt als bei Tage, wo der<lb/> Wind, wenn er je weht, ſich erſt nach Sonnenuntergang<lb/> aufmacht.</p><lb/> <p>Ich bin vielmehr der Anſicht, daß, ſolange die Sonne<lb/> am Himmel ſteht, der Schall ſich langſamer fortpflanzt und<lb/> geſchwächt wird, weil die Luftſtröme von verſchiedener Dich-<lb/> tigkeit, die teilweiſen Schwingungen der Atmoſphäre infolge<lb/> der ungleichen Erwärmung der verſchiedenen Bodenſtücke,<lb/> Hinderniſſe bilden. In ruhiger Luft, ſei ſie nun trocken oder<lb/> mit gleichförmig verteilten Dunſtbläschen erfüllt, pflanzt ſich<lb/> die Schallwelle ungehindert fort; wird aber die Luft nach<lb/> allen Richtungen von kleinen Strömen wärmerer Luft durch-<lb/> zogen, ſo teilt ſich die Welle da, wo die Dichtigkeit des Mittels<lb/> raſch wechſelt, in zwei Wellen; es bilden ſich lokale Echo,<lb/> die den Schall ſchwächen, weil eine der Wellen zurückläuft;<lb/> es tritt die Teilung der Wellen ein, deren Theorie in jüngſter<lb/> Zeit von Poiſſon ſo ſcharfſinnig entwickelt worden iſt. Nach<lb/> unſerer Anſchauung wird daher die Fortpflanzung der Schall-<lb/> wellen nicht dadurch gehemmt, daß durch die Ortsveränderung<lb/> der im Luftſtrome von unten nach oben aufſteigenden Luft-<lb/> teilchen, durch die kleinen ſchiefen Strömungen ein Stoß aus-<lb/> geübt würde. Ein Stoß auf die Oberfläche einer Flüſſigkeit<lb/> bringt Kreiſe um den Mittelpunkt der Erſchütterung hervor,<lb/> ſelbſt wenn die Flüſſigkeit in Bewegung iſt. Mehrere Arten<lb/> von Wellen können ſich im Waſſer wie in der Luft kreuzen, ohne<lb/> ſich in ihrer Fortpflanzung zu ſtören; kleine Bewegungen<lb/> ſchieben ſich übereinander, und die wahre Urſache der geringeren<lb/> Stärke des Schalles bei Tage ſcheint die zu ſein, daß das<lb/> elaſtiſche Mittel dann nicht homogen iſt. Bei Tage ändert<lb/> ſich die Dichtigkeit raſch überall, wo kleine Luftzüge von<lb/> hoher Temperatur über ungleich erwärmten Bodenſtücken auf-<lb/> ſteigen. Die Schallwellen teilen ſich, wie die Lichtſtrahlen<lb/> ſich brechen, und überall, wo Luftſchichten von verſchiedener<lb/> Dichtigkeit ſich berühren, tritt <hi rendition="#g">Spiegelung</hi> ein. Der Schall<lb/> pflanzt ſich langſamer fort, wenn man in einer am einen<lb/> Ende geſchloſſenen Röhre eine Schicht Waſſerſtoffgas über eine<lb/> Schicht atmoſphäriſcher Luft aufſteigen läßt, und Biot erkärt<lb/> den Umſtand, daß ein Glas mit Champagner nicht hell klingt,<lb/> ſolange er perlt und die Luftblaſen im Weine aufſteigen,<lb/> ſehr gut eben daraus, daß die Bläschen von kohlenſaurem<lb/> Gas die Flüſſigkeit ungleichförmig machen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [134/0142]
von zahlloſen Moskitoſchwärmen erfüllt iſt, wo das Geſumſe
der Inſekten bei Nacht weit ſtärker iſt als bei Tage, wo der
Wind, wenn er je weht, ſich erſt nach Sonnenuntergang
aufmacht.
Ich bin vielmehr der Anſicht, daß, ſolange die Sonne
am Himmel ſteht, der Schall ſich langſamer fortpflanzt und
geſchwächt wird, weil die Luftſtröme von verſchiedener Dich-
tigkeit, die teilweiſen Schwingungen der Atmoſphäre infolge
der ungleichen Erwärmung der verſchiedenen Bodenſtücke,
Hinderniſſe bilden. In ruhiger Luft, ſei ſie nun trocken oder
mit gleichförmig verteilten Dunſtbläschen erfüllt, pflanzt ſich
die Schallwelle ungehindert fort; wird aber die Luft nach
allen Richtungen von kleinen Strömen wärmerer Luft durch-
zogen, ſo teilt ſich die Welle da, wo die Dichtigkeit des Mittels
raſch wechſelt, in zwei Wellen; es bilden ſich lokale Echo,
die den Schall ſchwächen, weil eine der Wellen zurückläuft;
es tritt die Teilung der Wellen ein, deren Theorie in jüngſter
Zeit von Poiſſon ſo ſcharfſinnig entwickelt worden iſt. Nach
unſerer Anſchauung wird daher die Fortpflanzung der Schall-
wellen nicht dadurch gehemmt, daß durch die Ortsveränderung
der im Luftſtrome von unten nach oben aufſteigenden Luft-
teilchen, durch die kleinen ſchiefen Strömungen ein Stoß aus-
geübt würde. Ein Stoß auf die Oberfläche einer Flüſſigkeit
bringt Kreiſe um den Mittelpunkt der Erſchütterung hervor,
ſelbſt wenn die Flüſſigkeit in Bewegung iſt. Mehrere Arten
von Wellen können ſich im Waſſer wie in der Luft kreuzen, ohne
ſich in ihrer Fortpflanzung zu ſtören; kleine Bewegungen
ſchieben ſich übereinander, und die wahre Urſache der geringeren
Stärke des Schalles bei Tage ſcheint die zu ſein, daß das
elaſtiſche Mittel dann nicht homogen iſt. Bei Tage ändert
ſich die Dichtigkeit raſch überall, wo kleine Luftzüge von
hoher Temperatur über ungleich erwärmten Bodenſtücken auf-
ſteigen. Die Schallwellen teilen ſich, wie die Lichtſtrahlen
ſich brechen, und überall, wo Luftſchichten von verſchiedener
Dichtigkeit ſich berühren, tritt Spiegelung ein. Der Schall
pflanzt ſich langſamer fort, wenn man in einer am einen
Ende geſchloſſenen Röhre eine Schicht Waſſerſtoffgas über eine
Schicht atmoſphäriſcher Luft aufſteigen läßt, und Biot erkärt
den Umſtand, daß ein Glas mit Champagner nicht hell klingt,
ſolange er perlt und die Luftblaſen im Weine aufſteigen,
ſehr gut eben daraus, daß die Bläschen von kohlenſaurem
Gas die Flüſſigkeit ungleichförmig machen.
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