andere übereinander gelagerte Stufen, durch die sich die Ströme nach langem friedlichen Laufe Bahn brechen müssen, wobei sie sich von Staffel zu Staffel herabstürzen.
Der Amazonenstrom durchbricht keineswegs die Haupt- kette der Anden, wie man zu einer Zeit behauptete, wo man ohne Grund voraussetzte, daß überall, wo sich die Gebirge in parallele Ketten teilen, die mittlere oder Centralkette höher sein müsse als die anderen. Dieser große Strom entspringt (und dieser Umstand ist geologisch nicht ohne Belang) ostwärts von der westlichen Kette, der einzigen, welche unter dieser Breite den Namen einer hohen Andenkette verdient. Er ent- steht aus der Vereinigung der kleinen Flüsse Aguamiros und und Chavinillo, welch letzterer aus dem See Llauricocha kommt, der in einem Längenthale zwischen der westlichen und der mittleren Kette der Anden liegt. Um diese hydrographischen Verhältnisse richtig aufzufassen, muß man sich vorstellen, daß der kolossale Gebirgskuoten von Pasco und Huanuco sich in drei Ketten teilt. Die westlichste, höchste, streicht unter dem Namen Cordillera real de Nieve (zwischen Huary und Caxa- tambo, Guamachuco und Lucma, Micuipampa und Guanga- marca) über die Nevados von Viuda, Pelagatos, Moyopata und Huaylillas, und die Paramos von Guamani und Gua- ringa gegen die Stadt Loxa. Der mittlere Zug scheidet die Gewässer des oberen Amazonenstroms und des Huallaga und bleibt lange nur 1950 m hoch; erst südlich von Huanuco steigt er in der Kordillere von Sasaguanca über die Schneelinie empor. Er streicht zuerst nach Nord über Huacrachuco, Chacha- poyas, Moyobamba und den Paramo von Piscoguannuna, dann fällt er allmählich ab, Peca, Capallin und der Mission San Jago am östlichen Ende der Provinz Jaen de Braca- moros zu. Die dritte, östlichste Kette zieht sich am rechten Ufer des Rio Huallaga hin und läuft unter dem 7. Grad der Breite in die Niederung aus. Solange der Amazonen- strom von Süd nach Nord im Längenthal zwischen zwei Gebirgszügen von ungleicher Höhe läuft (das heißt von den Höhen Quivilla und Guancaybamba, wo man auf hölzernen Brücken über den Fluß geht, bis zum Einfluß des Rio Chinchipe), ist die Fahrt im Kanoe weder durch Felsen, noch durch sonst etwas gehemmt. Die Fälle fangen erst da an, wo der Ama- zonenstrom sich gegen Ost wendet und durch die mittlere Anden- kette hindurchgeht, die gegen Norden bedeutend breiter wird. Er stößt auf die ersten Felsen von rotem Sandstein oder altem
andere übereinander gelagerte Stufen, durch die ſich die Ströme nach langem friedlichen Laufe Bahn brechen müſſen, wobei ſie ſich von Staffel zu Staffel herabſtürzen.
Der Amazonenſtrom durchbricht keineswegs die Haupt- kette der Anden, wie man zu einer Zeit behauptete, wo man ohne Grund vorausſetzte, daß überall, wo ſich die Gebirge in parallele Ketten teilen, die mittlere oder Centralkette höher ſein müſſe als die anderen. Dieſer große Strom entſpringt (und dieſer Umſtand iſt geologiſch nicht ohne Belang) oſtwärts von der weſtlichen Kette, der einzigen, welche unter dieſer Breite den Namen einer hohen Andenkette verdient. Er ent- ſteht aus der Vereinigung der kleinen Flüſſe Aguamiros und und Chavinillo, welch letzterer aus dem See Llauricocha kommt, der in einem Längenthale zwiſchen der weſtlichen und der mittleren Kette der Anden liegt. Um dieſe hydrographiſchen Verhältniſſe richtig aufzufaſſen, muß man ſich vorſtellen, daß der koloſſale Gebirgskuoten von Pasco und Huanuco ſich in drei Ketten teilt. Die weſtlichſte, höchſte, ſtreicht unter dem Namen Cordillera real de Nieve (zwiſchen Huary und Caxa- tambo, Guamachuco und Lucma, Micuipampa und Guanga- marca) über die Nevados von Viuda, Pelagatos, Moyopata und Huaylillas, und die Paramos von Guamani und Gua- ringa gegen die Stadt Loxa. Der mittlere Zug ſcheidet die Gewäſſer des oberen Amazonenſtroms und des Huallaga und bleibt lange nur 1950 m hoch; erſt ſüdlich von Huanuco ſteigt er in der Kordillere von Saſaguanca über die Schneelinie empor. Er ſtreicht zuerſt nach Nord über Huacrachuco, Chacha- poyas, Moyobamba und den Paramo von Piscoguañuna, dann fällt er allmählich ab, Peca, Capallin und der Miſſion San Jago am öſtlichen Ende der Provinz Jaen de Braca- moros zu. Die dritte, öſtlichſte Kette zieht ſich am rechten Ufer des Rio Huallaga hin und läuft unter dem 7. Grad der Breite in die Niederung aus. Solange der Amazonen- ſtrom von Süd nach Nord im Längenthal zwiſchen zwei Gebirgszügen von ungleicher Höhe läuft (das heißt von den Höhen Quivilla und Guancaybamba, wo man auf hölzernen Brücken über den Fluß geht, bis zum Einfluß des Rio Chinchipe), iſt die Fahrt im Kanoe weder durch Felſen, noch durch ſonſt etwas gehemmt. Die Fälle fangen erſt da an, wo der Ama- zonenſtrom ſich gegen Oſt wendet und durch die mittlere Anden- kette hindurchgeht, die gegen Norden bedeutend breiter wird. Er ſtößt auf die erſten Felſen von rotem Sandſtein oder altem
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andere übereinander gelagerte Stufen, durch die ſich die Ströme
nach langem friedlichen Laufe Bahn brechen müſſen, wobei ſie
ſich von Staffel zu Staffel herabſtürzen.
Der Amazonenſtrom durchbricht keineswegs die Haupt-
kette der Anden, wie man zu einer Zeit behauptete, wo man
ohne Grund vorausſetzte, daß überall, wo ſich die Gebirge in
parallele Ketten teilen, die mittlere oder Centralkette höher
ſein müſſe als die anderen. Dieſer große Strom entſpringt
(und dieſer Umſtand iſt geologiſch nicht ohne Belang) oſtwärts
von der weſtlichen Kette, der einzigen, welche unter dieſer
Breite den Namen einer hohen Andenkette verdient. Er ent-
ſteht aus der Vereinigung der kleinen Flüſſe Aguamiros und
und Chavinillo, welch letzterer aus dem See Llauricocha kommt,
der in einem Längenthale zwiſchen der weſtlichen und der
mittleren Kette der Anden liegt. Um dieſe hydrographiſchen
Verhältniſſe richtig aufzufaſſen, muß man ſich vorſtellen, daß
der koloſſale Gebirgskuoten von Pasco und Huanuco ſich in
drei Ketten teilt. Die weſtlichſte, höchſte, ſtreicht unter dem
Namen Cordillera real de Nieve (zwiſchen Huary und Caxa-
tambo, Guamachuco und Lucma, Micuipampa und Guanga-
marca) über die Nevados von Viuda, Pelagatos, Moyopata
und Huaylillas, und die Paramos von Guamani und Gua-
ringa gegen die Stadt Loxa. Der mittlere Zug ſcheidet die
Gewäſſer des oberen Amazonenſtroms und des Huallaga und
bleibt lange nur 1950 m hoch; erſt ſüdlich von Huanuco ſteigt
er in der Kordillere von Saſaguanca über die Schneelinie
empor. Er ſtreicht zuerſt nach Nord über Huacrachuco, Chacha-
poyas, Moyobamba und den Paramo von Piscoguañuna,
dann fällt er allmählich ab, Peca, Capallin und der Miſſion
San Jago am öſtlichen Ende der Provinz Jaen de Braca-
moros zu. Die dritte, öſtlichſte Kette zieht ſich am rechten
Ufer des Rio Huallaga hin und läuft unter dem 7. Grad
der Breite in die Niederung aus. Solange der Amazonen-
ſtrom von Süd nach Nord im Längenthal zwiſchen zwei
Gebirgszügen von ungleicher Höhe läuft (das heißt von den
Höhen Quivilla und Guancaybamba, wo man auf hölzernen
Brücken über den Fluß geht, bis zum Einfluß des Rio Chinchipe),
iſt die Fahrt im Kanoe weder durch Felſen, noch durch ſonſt
etwas gehemmt. Die Fälle fangen erſt da an, wo der Ama-
zonenſtrom ſich gegen Oſt wendet und durch die mittlere Anden-
kette hindurchgeht, die gegen Norden bedeutend breiter wird.
Er ſtößt auf die erſten Felſen von rotem Sandſtein oder altem
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial03_1859/127>, abgerufen am 16.02.2025.
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