Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.bekommen. Nach den Vorgängen in Cadiz im Jahre 1800 Seit den Jahren 1797 und 1798 (denselben, in denen bekommen. Nach den Vorgängen in Cadiz im Jahre 1800 Seit den Jahren 1797 und 1798 (denſelben, in denen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0090" n="82"/> bekommen. Nach den Vorgängen in Cadiz im Jahre 1800<lb/> weiß man, wie ſchwer es iſt, über Fälle ins reine zu kom-<lb/> men, die in ihrer Zweideutigkeit den entgegengeſetzteſten Theo-<lb/> rieen das Wort zu ſprechen ſchienen. Die gebildetſten Ein-<lb/> wohner von Caracas und Guayra waren über das Weſen<lb/> der Anſteckung beim gelben Fieber geteilter Meinung, ſo gut<lb/> wie die Aerzte in Europa und in den Vereinigten Staaten,<lb/> und beriefen ſich auf dasſelbe amerikaniſche Schiff, die einen,<lb/> um zu beweiſen, daß der Typhus von außen gekommen, die<lb/> anderen, daß er im Lande ſelbſt entſtanden. Die der letzteren<lb/> Anſicht waren, nahmen an, daß das Austreten des Rio de<lb/> la Guayra eine Veränderung der Luftbeſchaffenheit herbeige-<lb/> führt habe. Dieſes Waſſer, das meiſt nicht 26 <hi rendition="#aq">cm</hi> tief iſt,<lb/> ſchwoll nach ſechzigſtündigem Regen im Gebirge ſo furchtbar<lb/> an, daß es Baumſtämme und anſehnliche Felsblöcke mit ſich<lb/> fortriß. Das Waſſer wurde 9 bis 13 <hi rendition="#aq">m</hi> breit und 3 bis 4 <hi rendition="#aq">m</hi><lb/> tief. Man meinte, dasſelbe ſei aus einem unterirdiſchen<lb/> Becken ausgebrochen, das ſich mittels Einſickerung des Waſſers<lb/> durch loſes, neu urbar gemachtes Erdreich gebildet. Mehrere<lb/> Häuſer wurden von der Flut weggeriſſen und die Ueber-<lb/> ſchwemmung drohte den Magazinen um ſo mehr Gefahr, als<lb/> das Stadtthor, durch welches das Waſſer allein abfließen<lb/> konnte, ſich zufällig geſchloſſen hatte. Man mußte in die<lb/> Mauer der See zu ein Loch ſchießen; mehr als dreißig Men-<lb/> ſchen kamen ums Leben und der Schaden wurde auf eine<lb/> halbe Million Piaſter angeſchlagen. Das ſtehende Waſſer in<lb/> den Magazinen, den Kellern und den Gewölben des Gefäng-<lb/> niſſes mochte immerhin Miasmen in der Luft verbreiten, die<lb/> als prädisponierende Urſachen den Ausbruch des gelben Fie-<lb/> bers beſchleunigt haben können; indeſſen glaube ich, daß das<lb/> Austreten des Rio de la Guayra ſo wenig die erſte Urſache<lb/> desſelben war, als die Ueberſchwemmungen des Guadalquivir,<lb/> des Xenil und des Gual-Medina in den Jahren 1800 und 1804<lb/> die furchtbaren Epidemieen in Sevilla, Ecija und Malaga<lb/> herbeigeführt haben. Ich habe das Bett des Baches von<lb/> Guayra genau unterſucht und nichts gefunden als dürren<lb/> Boden und Blöcke von Glimmerſchiefer und Gneis mit ein-<lb/> geſprengtem Schwefelkies, die von der Sierra de Avila her-<lb/> unterkommen, aber nichts, was die Luft hätte verunreinigen<lb/> können.</p><lb/> <p>Seit den Jahren 1797 und 1798 (denſelben, in denen<lb/> in Philadelphia, Santa Lucia und San Domingo die Sterb-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [82/0090]
bekommen. Nach den Vorgängen in Cadiz im Jahre 1800
weiß man, wie ſchwer es iſt, über Fälle ins reine zu kom-
men, die in ihrer Zweideutigkeit den entgegengeſetzteſten Theo-
rieen das Wort zu ſprechen ſchienen. Die gebildetſten Ein-
wohner von Caracas und Guayra waren über das Weſen
der Anſteckung beim gelben Fieber geteilter Meinung, ſo gut
wie die Aerzte in Europa und in den Vereinigten Staaten,
und beriefen ſich auf dasſelbe amerikaniſche Schiff, die einen,
um zu beweiſen, daß der Typhus von außen gekommen, die
anderen, daß er im Lande ſelbſt entſtanden. Die der letzteren
Anſicht waren, nahmen an, daß das Austreten des Rio de
la Guayra eine Veränderung der Luftbeſchaffenheit herbeige-
führt habe. Dieſes Waſſer, das meiſt nicht 26 cm tief iſt,
ſchwoll nach ſechzigſtündigem Regen im Gebirge ſo furchtbar
an, daß es Baumſtämme und anſehnliche Felsblöcke mit ſich
fortriß. Das Waſſer wurde 9 bis 13 m breit und 3 bis 4 m
tief. Man meinte, dasſelbe ſei aus einem unterirdiſchen
Becken ausgebrochen, das ſich mittels Einſickerung des Waſſers
durch loſes, neu urbar gemachtes Erdreich gebildet. Mehrere
Häuſer wurden von der Flut weggeriſſen und die Ueber-
ſchwemmung drohte den Magazinen um ſo mehr Gefahr, als
das Stadtthor, durch welches das Waſſer allein abfließen
konnte, ſich zufällig geſchloſſen hatte. Man mußte in die
Mauer der See zu ein Loch ſchießen; mehr als dreißig Men-
ſchen kamen ums Leben und der Schaden wurde auf eine
halbe Million Piaſter angeſchlagen. Das ſtehende Waſſer in
den Magazinen, den Kellern und den Gewölben des Gefäng-
niſſes mochte immerhin Miasmen in der Luft verbreiten, die
als prädisponierende Urſachen den Ausbruch des gelben Fie-
bers beſchleunigt haben können; indeſſen glaube ich, daß das
Austreten des Rio de la Guayra ſo wenig die erſte Urſache
desſelben war, als die Ueberſchwemmungen des Guadalquivir,
des Xenil und des Gual-Medina in den Jahren 1800 und 1804
die furchtbaren Epidemieen in Sevilla, Ecija und Malaga
herbeigeführt haben. Ich habe das Bett des Baches von
Guayra genau unterſucht und nichts gefunden als dürren
Boden und Blöcke von Glimmerſchiefer und Gneis mit ein-
geſprengtem Schwefelkies, die von der Sierra de Avila her-
unterkommen, aber nichts, was die Luft hätte verunreinigen
können.
Seit den Jahren 1797 und 1798 (denſelben, in denen
in Philadelphia, Santa Lucia und San Domingo die Sterb-
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