Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.Weges, der von diesem Hafen nach Caracas führt, alle Guayra ist viel mehr eine Reede als ein Hafen; das 1 La broma; teredo navalis, Linne.
Weges, der von dieſem Hafen nach Caracas führt, alle Guayra iſt viel mehr eine Reede als ein Hafen; das 1 La broma; teredo navalis, Linné.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0085" n="77"/> Weges, der von dieſem Hafen nach Caracas führt, alle<lb/> Beobachtungen an, die Bonpland und ich auf einem Ausfluge<lb/> nach Cabo Blanco zu Ende Januars 1800 gemacht. Da De-<lb/> pons die Gegend nach mir beſucht hat, ſein lehrreiches Werk<lb/> aber vor dem meinen erſchienen iſt, ſo laſſe ich mich auf eine<lb/> nähere Beſchreibung der Gegenſtände, die er ausführlich be-<lb/> handelt hat, nicht ein.</p><lb/> <p>Guayra iſt viel mehr eine Reede als ein Hafen; das<lb/> Meer iſt immer unruhig und die Schiffe werden vom Winde,<lb/> von den Sandbänken, vom ſchlechten Ankergrunde und den<lb/> Bohrwürmern <note place="foot" n="1"><hi rendition="#aq">La broma; teredo navalis, Linné.</hi></note> zumal gefährdet. Das Laden iſt mit großen<lb/> Schwierigkeiten verbunden und wegen des ſtarken Wellen-<lb/> ſchlages kann man hier nicht, wie in Nueva Barcelona und<lb/> Porto Cabello, Maultiere einſchiffen. Die freien Neger und<lb/> Mulatten, welche den Kakao an Bord der Schiffe bringen,<lb/> ſind ein Menſchenſchlag von ungemeiner Muskelkraft. Sie<lb/> waten bis zu halbem Leibe durch das Waſſer, und was ſehr<lb/> merkwürdig iſt, ſie haben von den Haifiſchen, die in dieſem<lb/> Hafen ſo häufig ſind, nichts zu fürchten. Dieſer Umſtand<lb/> ſcheint auf denſelben Momenten zu beruhen wie die Be-<lb/> obachtung, die ich unter den Tropen häufig an Tieren aus<lb/> anderen Klaſſen, die in Rudeln leben, wie an Affen und<lb/> Krokodilen, gemacht habe. In den Miſſionen am Orinoko<lb/> und am Amazonenſtrome wiſſen die Indianer, die Affen zum<lb/> Verkauf fangen, ganz gut, daß die von gewiſſen Inſeln leicht<lb/> zu zähmen ſind, während Affen derſelben Art, die auf dem<lb/> benachbarten Feſtlande gefangen werden, aus Zorn oder Angſt<lb/> zu Grunde gehen, ſobald ſie ſich in der Gewalt des Menſchen<lb/> ſehen. Die Krokodile aus der einen Lache in den Llanos<lb/> ſind feig und ergreifen ſogar im Waſſer die Flucht, während<lb/> die aus einer anderen Lache äußerſt unerſchrocken angreifen.<lb/> Aus den äußeren Verhältniſſen der Oertlichkeiten wäre dieſe<lb/> Verſchiedenheit in Gemütsart und Sitten nicht leicht zu er-<lb/> klären. Mit den Haifiſchen im Hafen von Guayra ſcheint es<lb/> ſich ähnlich zu verhalten. Bei den Inſeln gegenüber der<lb/> Küſte von Caracas, bei Roques, Bonayre und Cura<hi rendition="#aq">ç</hi>ao, ſind<lb/> ſie gefährlich und blutgierig, während ſie Badende in den<lb/> Häfen von Guayra und Santa Marta nicht anfallen. Das<lb/> Volk greift, um die Erklärung der Naturerſcheinungen zu<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [77/0085]
Weges, der von dieſem Hafen nach Caracas führt, alle
Beobachtungen an, die Bonpland und ich auf einem Ausfluge
nach Cabo Blanco zu Ende Januars 1800 gemacht. Da De-
pons die Gegend nach mir beſucht hat, ſein lehrreiches Werk
aber vor dem meinen erſchienen iſt, ſo laſſe ich mich auf eine
nähere Beſchreibung der Gegenſtände, die er ausführlich be-
handelt hat, nicht ein.
Guayra iſt viel mehr eine Reede als ein Hafen; das
Meer iſt immer unruhig und die Schiffe werden vom Winde,
von den Sandbänken, vom ſchlechten Ankergrunde und den
Bohrwürmern 1 zumal gefährdet. Das Laden iſt mit großen
Schwierigkeiten verbunden und wegen des ſtarken Wellen-
ſchlages kann man hier nicht, wie in Nueva Barcelona und
Porto Cabello, Maultiere einſchiffen. Die freien Neger und
Mulatten, welche den Kakao an Bord der Schiffe bringen,
ſind ein Menſchenſchlag von ungemeiner Muskelkraft. Sie
waten bis zu halbem Leibe durch das Waſſer, und was ſehr
merkwürdig iſt, ſie haben von den Haifiſchen, die in dieſem
Hafen ſo häufig ſind, nichts zu fürchten. Dieſer Umſtand
ſcheint auf denſelben Momenten zu beruhen wie die Be-
obachtung, die ich unter den Tropen häufig an Tieren aus
anderen Klaſſen, die in Rudeln leben, wie an Affen und
Krokodilen, gemacht habe. In den Miſſionen am Orinoko
und am Amazonenſtrome wiſſen die Indianer, die Affen zum
Verkauf fangen, ganz gut, daß die von gewiſſen Inſeln leicht
zu zähmen ſind, während Affen derſelben Art, die auf dem
benachbarten Feſtlande gefangen werden, aus Zorn oder Angſt
zu Grunde gehen, ſobald ſie ſich in der Gewalt des Menſchen
ſehen. Die Krokodile aus der einen Lache in den Llanos
ſind feig und ergreifen ſogar im Waſſer die Flucht, während
die aus einer anderen Lache äußerſt unerſchrocken angreifen.
Aus den äußeren Verhältniſſen der Oertlichkeiten wäre dieſe
Verſchiedenheit in Gemütsart und Sitten nicht leicht zu er-
klären. Mit den Haifiſchen im Hafen von Guayra ſcheint es
ſich ähnlich zu verhalten. Bei den Inſeln gegenüber der
Küſte von Caracas, bei Roques, Bonayre und Curaçao, ſind
ſie gefährlich und blutgierig, während ſie Badende in den
Häfen von Guayra und Santa Marta nicht anfallen. Das
Volk greift, um die Erklärung der Naturerſcheinungen zu
1 La broma; teredo navalis, Linné.
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