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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.

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aufhalten mußte, so mögen die Besitzer der Hatos bei den
Schätzungen, die sie ihm mitteilten, zu niedrig gegriffen haben.

Wir gingen am rechten Ufer des Neveri ans Land und
bestiegen ein kleines Fort, el Morro de Barcelona, das 115
bis 136 m über dem Meere liegt. Es ist ein erst seit kurzem
befestigter Kalkfels. Er wird gegen Süd von einem weit
höheren Berge beherrscht, und Sachverständige behaupten, es
könnte dem Feinde, nachdem er zwischen der Mündung des
Flusses und dem Morro gelandet, nicht schwer werden, diesen
zu umgehen und auf den umliegenden Höhen Batterien zu
errichten. Vergebens warteten wir auf Nachricht über die
englischen Kreuzer, die längs der Küsten stationiert waren.
Zwei unserer Reisegefährten, Brüder des Marquis del Toro
in Caracas, kamen aus Spanien, wo sie in der königlichen
Garde gedient hatten. Es waren sehr gebildete Offiziere,
und sie kehrten jetzt nach langer Abwesenheit mit dem Brigade-
general de Caxigal und dem Grafen Tovar in ihr Heimat-
land zurück. Ihnen mußte noch mehr als uns davor bangen,
aufgebracht und nach Jamaika geführt zu werden. Ich hatte
keine Pässe von der Admiralität; aber im Vertrauen auf
den Schutz, den die großbritannische Regierung Reisenden
gewährt, die bloß wissenschaftliche Zwecke verfolgen, hatte ich
gleich nach meiner Ankunft in Cumana an den Gouverneur
der Insel Trinidad geschrieben und ihm mitgeteilt, was ich
in diesen Ländern suchte. Die Antwort, die mir über den
Meerbusen von Paria zukam, war sehr befriedigend.

Kurz bevor wir am 19. November mittags unter Segel
gingen, nahm ich Mondhöhen auf, um die Länge des Morro
zu bestimmen. Die Meridiane von Cumana und von Barce-
lona, in welch letzterer Stadt ich im Jahre 1800 sehr viele
astronomische Beobachtungen anstellte, liegen 34 Minuten
48 Sekunden auseinander. Ich habe mich über diese Ent-
fernung, über die damals viele Zweifel herrschten, anderswo
ausgesprochen. Die Inklination der Magnetnadel fand ich
gleich 42,20°; 224 Schwingungen gaben die Intensität der
magnetischen Kraft an.

Vom Morro de Barcelona bis zum Vorgebirge Codera
senkt sich das Land und zieht sich gegen Süden zurück; es
streicht mit gleicher Wassertiefe 5,5 km weit in das Meer
hinaus. Jenseits dieser Linie ist das Wasser 36--54 m tief.
Die Temperatur des Meeres an der Oberfläche war 25,9°,
als wir aber durch den schmalen Kanal zwischen den beiden

aufhalten mußte, ſo mögen die Beſitzer der Hatos bei den
Schätzungen, die ſie ihm mitteilten, zu niedrig gegriffen haben.

Wir gingen am rechten Ufer des Neveri ans Land und
beſtiegen ein kleines Fort, el Morro de Barcelona, das 115
bis 136 m über dem Meere liegt. Es iſt ein erſt ſeit kurzem
befeſtigter Kalkfels. Er wird gegen Süd von einem weit
höheren Berge beherrſcht, und Sachverſtändige behaupten, es
könnte dem Feinde, nachdem er zwiſchen der Mündung des
Fluſſes und dem Morro gelandet, nicht ſchwer werden, dieſen
zu umgehen und auf den umliegenden Höhen Batterien zu
errichten. Vergebens warteten wir auf Nachricht über die
engliſchen Kreuzer, die längs der Küſten ſtationiert waren.
Zwei unſerer Reiſegefährten, Brüder des Marquis del Toro
in Caracas, kamen aus Spanien, wo ſie in der königlichen
Garde gedient hatten. Es waren ſehr gebildete Offiziere,
und ſie kehrten jetzt nach langer Abweſenheit mit dem Brigade-
general de Caxigal und dem Grafen Tovar in ihr Heimat-
land zurück. Ihnen mußte noch mehr als uns davor bangen,
aufgebracht und nach Jamaika geführt zu werden. Ich hatte
keine Päſſe von der Admiralität; aber im Vertrauen auf
den Schutz, den die großbritanniſche Regierung Reiſenden
gewährt, die bloß wiſſenſchaftliche Zwecke verfolgen, hatte ich
gleich nach meiner Ankunft in Cumana an den Gouverneur
der Inſel Trinidad geſchrieben und ihm mitgeteilt, was ich
in dieſen Ländern ſuchte. Die Antwort, die mir über den
Meerbuſen von Paria zukam, war ſehr befriedigend.

Kurz bevor wir am 19. November mittags unter Segel
gingen, nahm ich Mondhöhen auf, um die Länge des Morro
zu beſtimmen. Die Meridiane von Cumana und von Barce-
lona, in welch letzterer Stadt ich im Jahre 1800 ſehr viele
aſtronomiſche Beobachtungen anſtellte, liegen 34 Minuten
48 Sekunden auseinander. Ich habe mich über dieſe Ent-
fernung, über die damals viele Zweifel herrſchten, anderswo
ausgeſprochen. Die Inklination der Magnetnadel fand ich
gleich 42,20°; 224 Schwingungen gaben die Intenſität der
magnetiſchen Kraft an.

Vom Morro de Barcelona bis zum Vorgebirge Codera
ſenkt ſich das Land und zieht ſich gegen Süden zurück; es
ſtreicht mit gleicher Waſſertiefe 5,5 km weit in das Meer
hinaus. Jenſeits dieſer Linie iſt das Waſſer 36—54 m tief.
Die Temperatur des Meeres an der Oberfläche war 25,9°,
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[69/0077] aufhalten mußte, ſo mögen die Beſitzer der Hatos bei den Schätzungen, die ſie ihm mitteilten, zu niedrig gegriffen haben. Wir gingen am rechten Ufer des Neveri ans Land und beſtiegen ein kleines Fort, el Morro de Barcelona, das 115 bis 136 m über dem Meere liegt. Es iſt ein erſt ſeit kurzem befeſtigter Kalkfels. Er wird gegen Süd von einem weit höheren Berge beherrſcht, und Sachverſtändige behaupten, es könnte dem Feinde, nachdem er zwiſchen der Mündung des Fluſſes und dem Morro gelandet, nicht ſchwer werden, dieſen zu umgehen und auf den umliegenden Höhen Batterien zu errichten. Vergebens warteten wir auf Nachricht über die engliſchen Kreuzer, die längs der Küſten ſtationiert waren. Zwei unſerer Reiſegefährten, Brüder des Marquis del Toro in Caracas, kamen aus Spanien, wo ſie in der königlichen Garde gedient hatten. Es waren ſehr gebildete Offiziere, und ſie kehrten jetzt nach langer Abweſenheit mit dem Brigade- general de Caxigal und dem Grafen Tovar in ihr Heimat- land zurück. Ihnen mußte noch mehr als uns davor bangen, aufgebracht und nach Jamaika geführt zu werden. Ich hatte keine Päſſe von der Admiralität; aber im Vertrauen auf den Schutz, den die großbritanniſche Regierung Reiſenden gewährt, die bloß wiſſenſchaftliche Zwecke verfolgen, hatte ich gleich nach meiner Ankunft in Cumana an den Gouverneur der Inſel Trinidad geſchrieben und ihm mitgeteilt, was ich in dieſen Ländern ſuchte. Die Antwort, die mir über den Meerbuſen von Paria zukam, war ſehr befriedigend. Kurz bevor wir am 19. November mittags unter Segel gingen, nahm ich Mondhöhen auf, um die Länge des Morro zu beſtimmen. Die Meridiane von Cumana und von Barce- lona, in welch letzterer Stadt ich im Jahre 1800 ſehr viele aſtronomiſche Beobachtungen anſtellte, liegen 34 Minuten 48 Sekunden auseinander. Ich habe mich über dieſe Ent- fernung, über die damals viele Zweifel herrſchten, anderswo ausgeſprochen. Die Inklination der Magnetnadel fand ich gleich 42,20°; 224 Schwingungen gaben die Intenſität der magnetiſchen Kraft an. Vom Morro de Barcelona bis zum Vorgebirge Codera ſenkt ſich das Land und zieht ſich gegen Süden zurück; es ſtreicht mit gleicher Waſſertiefe 5,5 km weit in das Meer hinaus. Jenſeits dieſer Linie iſt das Waſſer 36—54 m tief. Die Temperatur des Meeres an der Oberfläche war 25,9°, als wir aber durch den ſchmalen Kanal zwiſchen den beiden

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial02_1859/77>, abgerufen am 18.12.2024.